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MILITÄR/797: USA verstärken Drohnenangriffe im Antiterrorkrieg (SB)


USA verstärken Drohnenangriffe im Antiterrorkrieg

Hakimullah Mehsud entkommt erneut einen Enthauptungsschlag der CIA


Vergeblich haben die USA am 14. Januar versucht den neuen Chef der pakistanischen Taliban, Hakimullah Mehsud, per Raketenangriff ins Jenseits zu befördern. In einem Haus im Dorf Pasalkot im pakistanischen Stammesbezirk Nordwasiristan unweit der afghanischen Grenze schlugen zwei Hellfire-Raketen ein, die von einer Drohne der CIA aus abgefeuert worden waren. Berichten der pakistanischen Presse zufolge kamen bei dem Überraschungsangriff 18 Menschen ums Leben. Wie viele davon Zivilisten und wie viele "Militante" waren, scheint niemand so richtig zu wissen. Fest steht, daß sich der Anführer der Tehreek-e Taliban Pakistan (TTP) nicht unter den Getöteten fand. Nichtsdestotrotz sind weitere solche Angriffe - und das sogar in zunehmender Zahl - zu erwarten.

Hakimullah Mehsud dürfte ganz oben auf der Liste der von den USA zu liquidierenden "Terroristen" stehen. Seit sein Vetter Baitullah Mehsud im letzten August einem Raketenangriff der Amerikaner zum Opfer gefallen ist, hat der als Heißsporn geltende 28jahrige allen Versuchen der amerikanischen und pakistanischen Streitkräfte, seine Gruppe zu bezwingen, getrotzt. Die Offensive des regulären pakistanischen Militärs in Südwasiristan hat zu keiner Eindämmung der Aktivitäten der Dschihadisten geführt, sondern diese nur noch zu weiteren, ungewöhnlichen Überfällen und Bombenangriffen im ganzen Land animiert. Des weiterhin hat Hakimullah Mehsud die Verantwortung für den spektakulären Selbstmordanschlag in der Chapman Forward Operating Base (FOB) der Amerikaner in der südafghanischen Provinz Khost am 30. Dezember für die TTP reklamiert

Bei dem Angriff, dem zweitverlustreichsten in der Geschichte des US-Auslandsgeheimdienstes, starben fünf Mitarbeiter der CIA, zwei Angestellte des Sicherheitsunternehmens Xe Services, das unter seinem früherem Namen Blackwater traurige Berühmtheit erlangt hat, und ein Angehöriger des jordanischen Geheimdienstes General Intelligence Department (GID). In einem Bekennervideo, das vor dem Anschlag gedreht, aber erst am 8. Januar den pakistanischen Medien zugespielt wurde, präsentiert sich Hakimullah an der Seite des Selbstmordattentäters, des jordanischen Doppelagenten Hamman Khalil Al Balawi, und kündigt Vergeltung für die Tötung Baitullah Mehsuds an.

In den USA werden die Drohnenangriffe als effiziente, die Zivilbevölkerung schonende Maßnahme der "Terrorbekämpfung" verkauft. Die Wirklichkeit läßt das Gegenteil erkennen. Bei den 44 Raketenangriffen der CIA auf Ziele in Pakistan im Jahr 2009 sollen mehr als 700 Zivilisten getötet worden sein. Die Zahl der dabei ausgeschalteten "Terroristen" ist nicht genau bekannt, soll jedoch schwindend gering sein. Dieselben Drohnenangriffe heizen den sich ausweitenden Bürgerkrieg in Pakistan zwischen den Streitkräften Islamabads und den Gegnern der US-Militärpräsenz am Hindukusch an. Tatsächlich ist es so, daß 2009 mehr Menschen - Kombattanten und Nicht-Kombattanten - dem inoffiziellen Krieg der Amerikaner und ihrer Verbündeten in Pakistan zum Opfer gefallen sind als dem offiziellen in Afghanistan. In einer am 10. Januar veröffentlichten Studie des Pak Institute of Peace Studies (PIPS) wurde das Verhältnis mit 12.632 zu 6.500 Getöteten angegeben. Die Zahlen für 2010 werden wahrscheinlich noch höher ausfallen. Bereits in den ersten beiden Januarwochen hat die CIA in Pakistan acht Raketenangriffe durchgeführt.

Vor diesem Hintergrund kann man sich über den jüngsten Vorstoß von Carl Levin, dem Vorsitzenden des Verteidigungausschusses des Senats in Washington, nur wundern, wonach die USA mittels Drohnenangriffen in den Bürgerkrieg im Jemen, wo sich die Zentralregierung in Sanaa mit einem Aufstand schiitischer Rebellen im Norden und separatistischen Tendenzen im Süden konfrontiert sieht, eingreifen. Laut Levin sollen die Drohenangriffe dazu dienen, Al Kaida auf der Arabischen Halbinsel zu bekämpfen, die den Nigerianer Umar Farouk Abdulmuttalab für den gescheiterten Unterhosenbombenanschlag am 25. Dezember auf eine vollbesetzte Maschine der Nordwest Airlines, die an diesem Tag von Amsterdam nach Detroit flog, ausgebildet hat. Sollten CIA und Pentagon tatsächlich verstärkt per Drohne Raketenangriffe auf feindliche Ziele im Jemen durchführen, dürfte dies keineswegs zur Stabilisierung der Lage am Horn von Afrika oder auf der arabischen Halbinsel beitragen, sondern höchstens für volle Auftragsbücher bei den entsprechenden Lieferanten in der US-Rüstungindustrie sorgen.

16. Januar 2010