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NACHGEFRAGT/001: zum Aussteigerprogramm für Linksextremisten . . . (SB)


Nachgefragt - zum Aussteigerprogramm für Linksextremisten . . .


Eine Aussage, einmal in Umlauf gebracht, selbst wenn sie sprachgebräuchlich wird, muß nicht zutreffend und damit legitim sein, wenn ein entsprechend übereinstimmendes Votum anerkannter Wissenschaften, vornehmlich jedoch sämtlicher daran beteiligter und davon betroffener gesellschaftlicher Gruppen und Institutionen fehlt.

Wenn nun der Bundesminister des Inneren in Form einer Aussteigerprogrammkampagne doch eine derartige Deutungshoheit für so empfindlich wichtige Rechtsgüter wie das der Meinungsfreiheit in der Dynamik demokratischer Diskussionsstrukturen und Entwicklungsprozesse für sich reklamiert, indem er mit dem Extremismusbegriff offenbar eine seinem Standpunkt entsprechend beliebige Handlungsrichtlinie zur Anwendung bringt, wird es höchste Zeit, damit zwingend verbundene Bedenken aufzuwerfen und Fragen zu stellen.

Für die Leser des Schattenblick nun haben wir uns in diesem Zusammenhang zunächst einmal auf drei Fragen beschränkt, die wir am 10. Oktober 2011 dem Pressesprecher des Bundesministeriums des Inneren vorlegten in der Hoffnung, zum besseren Verständnis und zur Aufklärung darüber beitragen zu können, in welche heikle Lage die Menschen manövriert werden, wenn sie ein solches Aussteigerprogramm für sich in Anspruch nehmen oder was es für jene Menschen bedeuten kann, die als Generalverdächtigte der zweifelhaften Ausstiegsprogrammkampagne zurückbleiben und den damit unzumutbaren Folgen und Begleiterscheinungen ausgesetzt sind.


FRAGEN

1. Was genau ist ein linksextremes Umfeld, aus dem per staatlich sanktionierter Definition und mit Hilfe regierungsamtlicher Mittel auszusteigen erforderlich sein sollte?

2. Mit welcher genauen Legitimation werden alle Kommunikationszusammenhänge womöglich unter den Extremismusverdacht gestellt, die mutmaßlich nichts anderes tun, als mit demokratischen Absichten ihren tradierten und zukunftsorientierten Denk- und Diskussionsleistungen zu Themen der Reichtumsverteilung, der Gewalt und den Vorherrschaftsverhältnissen Ausdruck zu verleihen?

3. Insoweit es staats- oder gesellschaftsgefährdende oder auch allgemein bedrohliche Aktivitäten, Praktiken oder Strukturen mit einem kriminellen Zweck betrifft, erscheint doch das Strafgesetzbuch zureichend zur Inangriffnahme damit verbundener Gefahren. Gibt es auf eine Mutmaßlichkeitsbegründung wie der des weder wissenschaftlich noch im gesellschaftlichen Konsens gesicherten Extremismusbegriffs tatsächlich eine verfassungsrechtlich legitimierte Ermächtigung staatlicher Interventionsoptionalitäten wie die des angesprochenen Aussteigerprogramms für Linksextreme?


Bis zum Redaktionsschluß hat es vom Bundesministerium des Inneren auf unsere Fragen weder eine Stellungnahme noch eine Antwort gegeben.

Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick

13. Oktober 2011