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NAHOST/1151: US-Spezialstreitkräfte kämpfen im Krieg im Jemen mit (SB)


US-Spezialstreitkräfte kämpfen im Krieg im Jemen mit

Washington verstärkt die militärische Zusammenarbeit mit Sanaa



Im Jemen findet derzeit eine große Militäroffensive gegen Regierungsgegner der Gruppe Ansar Al Scharia statt, die letztes Jahr die Massenproteste gegen den langjährigen Präsidenten Ali Abdullah Saleh als Gelegenheit genutzt haben, um weite Landstriche im Süden und Osten unter ihre Kontrolle zu bringen und dort mehrere islamische Emirate auszurufen. Die Truppen von Abed Rabbo Mansour Hadi, der im Februar nach Vermittlung Washingtons und Riads Saleh als jemenitischen Präsidenten abgelöst hat, machen nach eigenen Angaben größere Geländegewinne in der Provinz Abyan und sollen am 17. Mai die Hauptstadt Zinjibar zurückerobert haben. Beim Kampf gegen Ansar Al Scharia, die mit Al Qaida in the Arabian Peninsula (AQAP) im Bunde sein soll, erhalten die jemenitischen Streitkräfte tatkräftige Unterstützung von den USA, und zwar nicht nur in Form von Ausrüstung und Drohnenangriffen der CIA. Berichten der amerikanischen Presse zufolge nehmen rund zwei Dutzend Mitglieder der US-Spezialstreitkräfte aktiv und vor Ort an den Kämpfen im Jemen teil. Bisher hatten Präsident Barack Obama und Verteidigungsminister Leon Panetta bestritten, daß US-Soldaten im Jemen stationiert sind.

Während die jemenitischen Regierungstruppen versuchten Zinjibar der Ansar Al Scharia zu entreißen, kamen am 17. Mai in der Stadt Schibam in der Provinz Hadramawt drei Männer ums Leben, als eine Rakete in ihr Auto einschlug. Zwei weitere Männer in einem anderen, nahe befindlichen Fahrzeug wurden durch die Explosion schwer verletzt. Bei allen Getöteten soll es sich um mutmaßliche AQAP-Mitglieder gehandelt haben, während die Rakete angeblich von einer CIA-Drohne abgeschossen wurde. Am selben Tag starben in der Stadt Schakra sechs Männer, als ihr Auto ebenfalls aus der Luft angegriffen wurde. In einer entsprechenden Meldung der Nachrichtenagentur Associated Press hieß es unter Verweis auf anonyme Regierungsquellen in Sanaa, letzterer Angriff sei von jemenitischen Kampfflugzeugen durchgeführt worden.

Da kann man seine Zweifel haben, denn besonders leistungsfähig soll die kleine jemenitische Luftwaffe nicht sein. Und auch die von den Amerikanern durchgeführten Angriffe mit Hellfire-Raketen müssen nicht zwingend per Predator- oder Reaper-Drohne erfolgt sein. Wie David Axe für die US-Technologiezeitschrift Wired am 15. Mai auf deren vielbeachtetem Blog Danger Room unter Verweis auf den italienischen Luftfahrtexperten David Cenciotti berichtete, unterhält die US-Luftwaffe auf dem Fliegerhorst Camp Lemonnier in der nordafrikanischen Enklave Dschibuti acht Jagdbomber vom Typ F-15E Strike Eagle. Über die Verwendung jener F-15E herrscht größte Geheimhaltung.

Wegen der geographischen, strategisch enorm wichtigen Position Dschibutis in direkter Nähe des Bab Al Mandab, des südlichen Eingangs zum Roten Meer, dürfte man in der Annahme, die F-15E flögen Angriffe auf Ziele im Jemen und Somalia, nicht gänzlich falsch liegen. An den regelmäßigen Raketenangriffen in beiden Ländern könnten auch US-Kriegsschiffe beteiligt sein, von denen es laut Wired im Golf von Aden, der Meeresregion zwischen dem Horn von Afrika und der Arabischen Halbinsel, rund 30 Stück geben soll. Im Rahmen der NATO-Operation Atalanta bekämpfen die Amerikaner zusammen mit den europäischen und kanadischen Verbündeten die Piraterie und halten die Seewege für den internationalen Warenverkehr frei.

In einem Bericht, der am 16. Mai bei der Online-Version der Los Angeles Times unter der Überschrift "U.S. escalates clandestine war in Yemen", zu deutsch "USA lassen verdeckten Krieg im Jemen eskalieren" erschienen ist, wurden interessante Details des militärischen Engagements des Pentagons in dem arabischen Krisenland bekannt. Unter Verweis auf nicht namentlich genannte Mitglieder der Regierungen in Sanaa und Washington schrieb man, "mindestens 20" Mitglieder der US-Spezialstreitkräfte seien auf einem geheimen Stützpunkt im Jemen stationiert, von wo aus sie mittels Satellitenüberwachung und Abhörens von Mobiltelefongesprächen die Drohnenangriffe auf Ziele der AQAP und der Ansar Al Scharia koordinierten. Darüber hinaus würden die US-Militärs "jemenitische Kommandeure darüber beraten, wo und wann sie ihre Truppen einsetzen". Im LAT-Bericht hieß es unter Verweis auf eine anonyme Quelle beim Pentagon, "man geht davon aus, daß das US-Kontingent im Jemen wachsen wird". Die Modalitäten einer solchen, für die meisten Jemeniten unerfreulichen Entwicklung dürfte das wichtigste Thema bei den Gesprächen gewesen sein, die John Brennan, Obamas Antiterror-Koordinator, vor wenigen Tagen bei einem Blitzbesuch in Sanaa mit Präsident Hadi geführt hat.

19.‍ ‍Mai 2012