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NAHOST/1456: US-Bodentruppen greifen in den Krieg im Jemen ein (SB)


US-Bodentruppen greifen in den Krieg im Jemen ein

US-Spezialstreitkräfte sollen offenbar den Saudis zum Sieg verhelfen


Ohne die tatkräftige Hilfe der USA könnte die von Saudi-Arabien angeführte Militäraggression der sunnitischen Petromonarchien im Jemen, die mehr als 6000 Menschen, die meisten von ihnen Zivilisten, das Leben gekostet und im ohnehin ärmsten arabischen Land eine humanitäre Katastrophe verursacht hat, gar nicht stattfinden. Die Waffen und Munition, welche die Saudis und ihre Verbündeten einsetzen, kommen größtenteils aus amerikanischer Produktion; die Erfüllung milliardenteurer Nachschubbestellungen läuft bereits auf Hochtouren. Darüber hinaus werden nicht nur die Kampjets von Saudi-Arabien und dessen Verbündeten in der Luft von amerikanischen Flugzeugen aufgetankt, sondern diese können bei ihren Angriffen im Jemen auch auf die umfassende, satellitengestützte Aufklärungsinfrastruktur der US-Streitkräfte rund um den Persischen Golf zurückgreifen. Medienberichten zufolge arbeiten sogar Verbindungsoffiziere aus den USA und Großbritannien im Kommandostab von Operation Entscheidender Sturm in Riad und koordinieren das Kriegsgeschehen im Jemen mit.

Die starke, wenn auch wenig herausposaunte Involvierung der USA in den Krieg im Jemen überrascht nicht. Seit Jahren führt die CIA unter dem Vorwand der "Terrorismusbekämpfung" Drohnenangriffe gegen mutmaßliche Mitglieder von Al Kaida auf der arabischen Halbinsel (Al Qaeda in the Arabian Peninsula - AQAP) durch. Auf massiven Druck der USA und Saudi-Arabiens hin ist Ende 2011 der langjährige jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh zurückgetreten und 2012 durch Abd Rabbu Mansur Hadi ersetzt worden. Als 2015 die schiitischen Huthi-Rebellen mit Unterstützung weiter Teile der jemenitischen Armee, speziell der Revolutionsgarden, die dem Saleh-Klan gegenüber nach wie vor loyal sind, Hadi stürzten und sich letzterer nach Saudi-Arabien absetzte, sah Riad - vermutlich in Absprache mit Washington - die Zeit zum Eingreifen gekommen.

Nach über einem Jahr erbitterter Kämpfe hat sich keine der beiden Seiten durchsetzen können. Die Huthis und die Saleh-Leute kontrollieren weiterhin den Norden einschließlich der Hauptstadt Sanaa, die Hadi-Anhänger, südliche Separatisten und die ausländischen Truppen den Süden einschließlich der strategisch enorm wichtigen Hafenmetropole Aden. Dafür hat die AQAP die Kriegswirren dafür nutzen können, ihren Einfluß im Osten und entlang der Südküste erheblich auszubauen. Fast ein Jahr lang hat die AQAP in Al Mukalla, Hauptstadt des Gouvernements Hadramaut, das Sagen. Erst Ende April sollen Streitkräfte aus den Vereinigten Arabischen Emiraten die AQAP-Kämpfer aus Al Mukalla vertrieben und dabei 800 Dschihadisten getötet haben.

Über die Echtheit letzterer Angabe herrscht erhebliche Zweifel. Anderslautenden Berichten zufolge erfolgte die "Rückeroberung" von Al Mukalla fast ohne Blutvergießen. Nach Vermittlung irgendwelcher geistlicher Instanzen sollen die AQAP-Kämpfer den anrückenden Truppen die Stadt weitgehend kampflos überlassen haben. Wenige Tage später soll ähnliches in Zinschibar, der Hauptstadt des Gouvernements Abyan, passiert sein.

Interessant an der Machtübergabe in Al Mukalla ist vor allem, daß dabei US-Bodentruppen erstmals in den jemenitischen Bürgerkrieg eingegriffen haben. Am 24. April hatte der iranische Nachrichtensender Press TV die Landung von amerikanischen Spezialstreitkräften in Al Mukalla gemeldet. Am 6. Mai hat Pentagonsprecher Jeff Davis von der US-Marine erstmals die Anwesenheit amerikanischer Bodentruppen im Jemen bestätigt. Laut Davis handelt es sich um eine "sehr kleine Anzahl" von US-Militärangehörigen, die nicht aktiv an den Kampfhandlungen teilnehmen, sondern seit rund zwei Wochen von einer "festen Kommandostelle" vor Ort aus das Vorgehen der arabischen Verbündeten leiten würden.

Doch der Einsatz der Amerikaner im Jemen scheint größer zu sein, als von Pentagon bislang zugegeben. Ebenfalls am 6. Mai meldete Al Masirah TV - ein jemenitischer Nachrichtensender, der der Ansurullah-Bewegung der Huthis nahesteht -, daß 100 Mitglieder der U.S. Rangers samt vier Transportflugzeugen voller Ausrüstung auf einem Flughafen in Lahidsch, der zwischen Aden und der erbittert umkämpften Stadt Taizz liegt, gelandet seien. Möglicherweise sollen die Rangers den Truppen Hadis und der von Saudi-Arabien angeführten Allianz zum großen Durchbruch bei Taizz verhelfen. Jedenfalls deutet diese beunruhigende Entwicklung vor dem Hintergrund des aktuellen Stillstands bei den Friedensverhandlungen in Kuwait auf eine Eskalation des Krieges im Jemen hin.

9. Mai 2016


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