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NAHOST/1507: U. S. Navy SEALs richten Blutbad im Jemen an (SB)


U. S. Navy SEALs richten Blutbad im Jemen an

Trumps Soldateska tötete die achtjährige Tochter Anwar Al Awlakis


Entgegen des medialen Eindrucks eines ungeheuren, niemals dagewesenen politischen Umbruchs in den USA infolge der Übergabe des Amts des Staatsoberhaupts vom liberalen, globaldenkenden Demokraten Barack Obama an den rechtsnationalistischen Republikaner Donald Trump zeichnet sich jedenfalls die Jemen-Politik Amerikas durch allergrößte Kontinuität aus. Trump zog am Freitag, den 20. Januar, ins Weiße Haus. Am selben Tag wie auch am darauffolgenden Samstag und Sonntag führte die CIA bzw. das US-Militär im zentraljemenitischen Gouvernement Al Baida jeweils einen Drohnenangriff durch. Insgesamt zehn Männer wurden hierbei getötet. Bei mindestens drei davon soll es sich um Mitglieder von Al Kaida auf der arabischen Halbinsel (Al Qaeda on the Arabian Peninsula - AQAP) gehandelt haben. Wie am 23. Januar Pentagon-Sprecher, Marinekapitän Jeff Davis, erklärte, war für die Aktion(en) eine Autorisierung weder von Präsident Trump noch dem neuen Verteidigungsminister, General a. D. James Mattis, erforderlich, denn die Drohnenangriffe erfolgten aufgrund von Reglements, die während der Amtszeit Obamas einführt wurden und den zuständigen Militärkommandeuren die Entscheidung überlassen.

In der Nacht vom 28. auf den 29. Januar kam es erneut in Al Baida zur ersten "Antiterroroperation" des US-Militärs während der Ära Trump. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Drohnenangriffen hatte Mitte letzter Woche der neue Oberkommandierende der US-Streitkräfte grünes Licht für die Aktion gegeben, nachdem ihn zuvor seine Generäle dazu überredet hatten. Ziel der Operation war die Liquidierung mehrerer Männer, die zur AQAP-Spitze gehören sollten und sich mit ihren Familien in einem schwer zugänglichen Dorf im Bezirk Jakla aufhielten. Angegriffen wurde das Dorf mitten in der Nacht von einer Gruppe Navy SEALs, die per Hubschrauber entweder von Geheimbasen der USA im Jemen selbst, Kriegsschiffen vor der Küste oder aus Saudi-Arabien gekommen waren.

Es folgte ein rund einstündiges Feuergefecht, bei dem die SEALs Luftunterstützung von Kampfjets, Drohnen und Apache-Kampfhubschraubern erfuhren. Am Ende der Schießerei waren 57 Jemeniten tot. Wie viele davon genau AQAP-Mitglieder und wie viele Zivilisten waren, ist nicht ganz klar. In den Medien kursieren unterschiedliche Angaben. Angeblich ist es den US-Streitkräften hierbei gelungen, die AQAP-Führungsmitglieder Saif Alawi Al Jawfi, Abu Barazan und die Brüder Abdulraouf und Sultan Al Zahab zu liquidieren. Fest steht jedenfalls, daß sich unter den Getöteten zahlreiche Frauen und Kinder befanden.

Im Kugelhagel von Jakla starb auch die Tochter des "Radikalpredigers" Anwar Al Awlaki, der 2011 als erster Bürger der USA auf Befehl des eigenen Präsidenten ohne richterliche Überprüfung der gegen ihn vorliegenden Verdachtsmomente hingerichtet wurde (Nur zwei Wochen später wurde Awlakis 16jähriger Sohn Abdulrahman, ebenfalls ein US-Bürger, der im Vergleich zu seinem Vater in keinster Weise "terroristisch" tätig war, zusammen mit mehreren jugendlichen Freunden von der CIA per Drohne einfach ermordet). Vor diesem Hintergrund zeugt die Tötung der achtjährigen Nora Al Awlaki, der vermutlich auch die US-Staatsbürgerschaft zustand, von einer biblischen Unerbittlichkeit seitens Washingtons Antiterrorkrieger.

Bei dem nächtlichen Überfall kam ein US-Soldat ums Leben und drei weitere wurden verletzt, als beim Abholen der SEALs ein Transporthubschrauber vom Typ Chinook auf den Boden abgestürzt ist bzw. zu hart aufgesetzt hat. Nachdem die gesamte Bodentruppe samt ihres gefallenen Kameraden mit anderen Hubschraubern aus der Kampfzone evakuiert wurde, haben US-Kampfjets den zurückgelassenen Chinook bombardiert und zerstört. In einer eigenen Stellungnahme bezeichnete Trump am 29. Januar die Operation als "erfolgreich" und behauptete, das US-Militär hatte bei der Durchsuchung des AQAP-"Kommandozentrums" Mobiltelefone, USB-Sticks und Festplatten gesichert, die "wichtige" Computerdateien enthielten, welche den USA "beim Kampf gegen das Böse des radikalen islamischen Terrorismus helfen" würden. Nach Angaben eines Augenzeugen, den am 30. Januar die New York Times zitierte, wurden vor allem durch die Luftangriffe im Jakla eine Schule, eine Moschee und eine Klinik dem Erdboden gleichgemacht.

Während sich Obama während seiner acht Jahre als Präsident im Jemen mit CIA-Drohnenangriffen und Einzelaktionen der US-Spezialstreitkräfte begnügte, sieht es nun so aus, als bereitete Trump ein noch stärkeres Militärengagement im Armenhaus Arabiens vor, das an der strategisch wichtigen Wasserstraße Bab Al Mandab, die Rotes Meer und Indischen Ozean verbindet, liegt und wo seit März 2015 eine von Saudi-Arabien geführt Koalition sunnitischer Staaten ohne Erfolg versucht, Riads Handlanger, den gestürzten Interimspräsidenten Abd Rabbu Mansur Hadi, gegen den Willen der schiitischen Huthi-Rebellen und der Streitkräfte des mächtigen Ex-Präsidenten Ali Abdullah Saleh wieder an die Macht zu hieven. Menschenrechtsorganisationen werfen der Luftwaffe Saudi-Arabiens und dessen Verbündeten wegen der zahlreicher Bomben- und Raketenangriffe auf zivile Ziele schwere Kriegsverbrechen vor. Weil sie die Flugzeuge, die Munition und den Treibstoff liefern und sich ihre Verbindungsoffiziere an der Zielauswahl beteiligen, stehen die USA und Großbritannien ebenfalls am Pranger. Wegen der anhaltenden Seeblockade der Häfen am Roten Meer, die sich noch unter Huthi-Kontrolle befinden, steht dem Jemen dieses Jahr laut Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) eine verheerende Hungerkatastrophe bevor. Dessen ungeachtet hat Trump am 29. Januar im Telefonat mit dem saudischen Monarchen König Salman die Einrichtung gemeinsamer "Schutzzonen" im Jemen vereinbart. Was sich wie eine humanitäre Hilfsmaßnahme anhört, dürfte sich schnell als weitere Militärintervention zuungunsten der Huthi-Saleh-Allianz entpuppen, die Riad und Washington verdächtigen, mit dem schiitischen "Mullah-Regime" unter einer Decke zu stecken.

30. Januar 2017


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