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USA/1350: Bidens Sohn soll Gasproduktion in der Ukraine ankurbeln (SB)


Bidens Sohn soll Gasproduktion in der Ukraine ankurbeln

Washingtons Hilfe für Kiews Energieprobleme nimmt konkrete Formen an



Seit dem gewaltsamen Putsch pro-westlicher Kräfte in Kiew Ende Februar wird in den westlichen Medien kaum eine Frage so häufig erörtert wie die, wie sich die Länder Westeuropas und die Ukraine von ihrer angeblichen Abhängigkeit vom russischen Gas befreien könnten. Bekanntlich wird ein nicht geringer Teil des Stroms in den Staaten der Europäischen Union (EU) mit russischem Gas produziert, während die Ukraine sowohl auf die Energielieferungen des östlichen Nachbarlandes als auch auf die Transitgebühren der Pipelines über ihr Staatsterritorium angewiesen ist. Als eine mögliche Lösung des Problems wird der Export von Fracking-Gas aus den USA im großen Stil gehandelt, ungeachtet der Tatsache, daß Amerikas Energieunternehmen auf absehbare Zeit weder über ausreichende Kapazitäten noch über die notwendigen Hafenanlagen verfügen werden.

Nichtsdestotrotz sieht die Regierung Barack Obamas in der Ukraine-Krise eine großartige Gelegenheit, Rußland wirtschaftlich den Garaus zu machen, dessen Zusammenarbeit im Energiesektor mit der EU - allen voran mit Deutschland - drastisch einzuschränken, den Einfluß der USA in Europa wieder zu stärken und den Export amerikanischer Fracking-Technologie anzukurbeln. Letztere Vision wird durch die Tatsache angeregt, daß unter dem Boden der westlichen Ukraine beträchtliche Schiefergasvorkommen liegen sollen, die man mittels der umstrittenen, weil enorm umweltbelastenden Methode Hydraulic Fracturing, auch Fracking genannt, ausbeuten könnte.

Bisher brachte niemand Washingtons Wunschvorstellungen so deutlich auf den Punkt wie Joseph Biden. Bei einem Besuch in Kiew am 22. April, bei dem er der neuen Putsch-Regierung den Segen des Weißen Hauses erteilte, äußerte sich Obamas Vizepräsident gegenüber einer Gruppe ukrainischer Parlamentarier wie folgt: "Stellen Sie sich vor, wo Sie heute stünden, könnten Sie Rußland sagen, 'Behaltet eurer Gas'. Das wäre eine ganze andere Welt, die Sie vor sich hätten." Bei der Bekanntgabe eines Soforthilfepakets der USA in Höhe von 50 Millionen Dollar erklärte Biden auf einer Pressekonferenz mit Vertretern der neuen Kiewer Regierung: "Durch die richtigen Investitionen und die richtigen Entscheidungen kann die Ukraine ihre Energieabhängigkeit reduzieren und ihre Energiesicherheit erhöhen". Wofür, unter anderem, die Gelder Washingtons ausgegeben werden sollen, erläuterte am selben Tag der Reporter David J. Unge in der in Boston erscheinenden Zeitung Christian Science Monitor:

Experten aus den USA und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung kommen im nächsten Monat zusammen, um eine öffentlich-private Investitionsinitiative zur Ankurbelung der ukrainischen Produktion an Erdgas zu gründen, so das Weiße Haus. Ein weiteres Team wird mit der ukrainischen Regierung zusammenarbeiten, um laut Weißem Haus die "schnelle und umweltverträgliche Umsetzung der Verträge, die 2013 im Bereich der Schiefergasförderung unterzeichnet wurden, zu gewährleisten". Im vergangenen Jahr haben das in Kalifornien ansässige Unternehmen Chevron und der niederländische Konzern Royal Dutch Shell mit der Ukraine Verträge in mehrfacher Milliardenhöhe zwecks Ausbeutung der dortigen Schiefergasreserven unterzeichnet.

Was die "richtige" Entscheidungsfindung in Kiew betrifft, so hat in den vergangenen Monaten Biden eine maßgebliche Rolle gespielt. Wie man aus dem vermutlich vom russischen Geheimdienst im Internet veröffentlichten Mitschnitt eines Gespräches vom 25. Januar zwischen Victoria Nuland, der im Washingtoner Außenministerium für Europäische und Eurasische Angelegenheiten zuständigen Staatssekretärin, und dem US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt, weiß, hat der einst langjährige Senator aus Delaware den damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch in Telefongesprächen wiederholt bearbeitet und dazu gedrängt, auf die Forderungen der vom Westen gesteuerten oppositionellen Protestbewegung einzugehen. Als sich Janukowitsch aus Furcht um sein Leben am 22. Februar nach Rußland absetzte, wurde prompt der von Biden, Nuland und Pyatt als Reformer und Finanzexperte protegierte Arsenij Jazenjuk von Julia Timoschenkos Vaterlandspartei zum neuen Regierungschef der Ukraine gekürt.

Interessanterweise wurde gleich einen Tag nach Bidens Besuch in Kiew und seinem obligatorischen Gang über den Maidan-Platz der New Yorker Investmentbanker Devon Archer in den Vorstand von Burisma, dem größten privaten Gasproduzenten der Ukraine, geholt. Archer ist ein Freund der Familie von US-Außenminister John Kerry und nahm 2004 als Berater und Kassenwart an der Kampagne des damaligen Senators aus Massachusetts um die Präsidentschaft teil. Am 13. Mai hat sich Burisma Holdings der Obama-Administration noch weiter genähert, als die Firma Hunter Biden, den zweitältesten Sohn des amtierenden Vizepräsidenten, ebenfalls zum Vorstandsmitglied ernannte. Biden jun., der ausgebildeter Anwalt ist, arbeitet derzeit in Washington als leitender Mitinhaber des Beratungs- und Lobbyunternehmens Rosemont Seneca, das wiederum zu Archers Firmenimperium Rosemont Capital LLC gehört.

In den USA hat der Einstieg des Biden-Sprosses in das aussichtsreiche Geschäft mit ukrainischem Erdgas keine hohen Wellen geschlagen. In einer knappen Stellungnahme hat Obamas Pressesprecher Jay Carney die Ernennung Hunter Bidens in den Burisma-Vorstand am 13. Mai zu einer privaten Angelegenheit erklärt, mit der weder Vizepräsident noch Kabinett etwas zu tun hätten. Während einige linksalternative Internetpublikationen schnell den Vorwurf des Nepotismus erhoben, war die anrüchige Personalie für die New York Times, die am 27. April unter der Überschrift "Sanctions Revive Search for Secret Putin Fortune" einen längeren, auf nichts als Mutmaßungen und Unterstellungen basierenden Artikel über die vermeintliche Suche nach einem angeblich existierenden geheimen Geldvermögen des amtierenden russischen Präsidenten im Wert von 70 Milliarden Dollar veröffentlicht hatte, keine einzige Zeile wert.

14. Mai 2014