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FRAUEN/372: Wege aus der Klimakrise - Frauen richtungsweisend (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. März 2012

Landwirtschaft: Wege aus der Klimakrise - Frauen richtungsweisend

von Manipadma Jena und Naimul Haq


Anant Pur, Indien/Barind Tract, Bangladesch, 1. März (IPS) - Die Landwirtschaft ernährt derzeit 1,3 Milliarden Kleinbauern und Landarbeiter. Fast 560 Millionen sind Frauen, von denen die meisten am Rand des Abgrunds leben: Schon die kleinsten Klimaveränderungen setzen sie chronischem Hunger und tiefer Armut aus.

Obwohl fast die Hälfte der Landbevölkerung weiblich ist, sind gerade Bäuerinnen den beispiellosen Auswirkungen des Klimawandels ausgeliefert. Ihre Bedürfnisse werden von politischen Entscheidungsträgern ignoriert, wenn sie Strategien gegen Hunger und Armut definieren.

Die Vereinten Nationen haben sich deshalb zum Ziel gesetzt, den Einfluss der Landfrauen zu stärken. Auf der laufenden 56. Sitzung der UN-Kommission für die Stellung der Frau (CSW), die bis zum 9. März am Hauptsitz der Weltorganisation in New York stattfindet, steht die Aufwertung der Rolle der Kleinbäuerinnen ganz oben auf der Agenda.

"Wenn Frauen in ländlichen Regionen einen gleichberechtigten Zugang zu den Produktionsmitteln hätten, könnten die Agrarerträge die Zahl der chronisch Hungernden um 100 bis 150 Millionen reduzieren", heißt es in einer Erklärung der Weltfrauenorganisation 'UN Women'.

CSW setzt sich in diesem Jahr intensiv mit der Rolle von Frauen im Kampf gegen Armut und Hunger und für eine nachhaltige Entwicklung auseinander. Man wolle "dringende Maßnahmen" vereinbaren, um den Alltag von Millionen Frauen in ländlichen Gebieten zu verändern.


Frauen setzen Zeichen gegen Klimawandel

Doch Frauen sind schon seit langem bemüht, durch eine traditionelle und indigene Landwirtschaft die Saat der Hoffnung zu säen. Mosammet Rini-Ara Begum zeigt stolz auf einen Berg Reis in einer Blechbaracke in ihrem Hinterhof. "Schon zum dritten Mal habe ich trotz der Dürre eine gute Ernte eingebracht", sagt die 34-jährige Mutter von drei Kindern, die in der rund 7.500 Quadratkilometer heißen und trockenen Region Barind Tract im Nordwesten von Bangladesch lebt.

Tausende Farmer in Barind Tract haben aufgrund der ungünstigen Wetterverhältnisse den Anbau von Reis oder Weizen aufgegeben. Rini und ihr Mann hingegen ließen sich beraten, welche Saaten der Dürre am besten Widerstand leisten. Sie pflanzen nun BRRI-56-Reis an.

Anders als die üblichen lokalen Reisvarietäten, die viel Wasser brauchen, ist BRRI-56 äußerst genügsam. Die Pflanzen überleben selbst in der Hitze, die in Barind Tract während der Reifezeit von Juli bis November oft 50 Grad Celsius erreicht.

"Wir bieten Bauern und vor allem armen Frauen alle möglichen Hilfen an. Sie brauchen professionellen Rat und Beweise für Erfolge, die andere Farmer erreicht haben", erklärt Mujibor Rahman, der Leiter des Netzwerks 'Integrated Pest Management' (IPM) im Distrikt Chapainawabganj.

Die Landwirtschaft trägt etwa 36 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Bangladesch bei. Rund 60 Prozent der arbeitenden Bevölkerung sind in dem Bereich tätig. Reis wird auf 75 Prozent der Anbauflächen in dem südasiatischen Land angepflanzt, vor allem im Nordwesten.

Eine wachsende Zahl von Frauen, vor allem landlose Witwen, geschiedene und andere sozial ausgegrenzte Frauen, entdecken die Vorzüge der klimaresistenten Sorten und versuchen auf verlassenen Feldern Nahrungsmittel anzubauen. Damit leisten sie gleichzeitig einen wertvollen Beitrag zur Ernährungssicherheit ihres Landes.


Kaum Regen in Andhra Pradesh

Auch die Region Anantpur im südindischen Bundesstaat Andhra Pradesh ist ausgedorrt und besteht aus baumlosen Flächen von roter Erde. Hier fallen jährlich im Durchschnitt nur 553 Milliliter Regen. Damit ist das Gebiet die zweite Region Indiens, die von Dürre bedroht ist.

Unregelmäßiger Monsunregen, ausbleibende Niederschläge, Missernten und die Selbstmorde tausender Bauern sind Phänomene, die mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht werden. Die Verzweiflung über die ausbleibenden Niederschläge und die Zunahme der Vertragslandwirtschaft - eine preis- und abnahmemengenbezogene Übereinkunft zwischen Farmern und Abnehmern - hatten einen erhöhten Einsatz chemischer Düngemittel erforderlich gemacht. Dies führte wiederum dazu, dass die Böden immer mehr Wasser benötigten, während die Agrarproduktionskosten explodierten.

Doch in Singanamala mandal, einer Verwaltungseinheit in Anantpur, gehen die Landfrauen einen anderen Weg. Sie verzichten auf den Einsatz teurer Agrarchemikalien. Die 31-jährige Nagamanamma berichtet, dass sich ihre Erdnussernte seither mehr als verdoppelt habe. Für organische Düngemittel müssen die Frauen nicht einmal ein Zehntel des Betrags ausgeben, der für den Kauf chemischer Substanzen erforderlich wäre.

Der Erfolg spricht sich rum und generiert alternative Erwerbsquellen. So schlossen sich landlose Bauern, Waldbewohner und Frauengruppen aus zehn Dörfern zu einer Kooperative zusammen, die organische Pestizide herstellt und verkauft. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.un.org/womenwatch/daw/csw/
http://www.unwomen.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=106882

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2012