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GEWERKSCHAFT/257: Verfolgung von Textilarbeiterinnen in Bangladesch (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 1. Februar 2017

Verfolgung von Textilarbeiterinnen in Bangladesch - H&M-GBR fordert das Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte bei Zulieferern auf


Berlin, 01.02.2017 - In Ashulia (Bangladesch) streiken Tausende von Textilarbeiterinnen seit Dezember für eine Erhöhung ihres Mindestlohns. Ihrer Forderung, den Lohn von derzeit rund 65 Euro monatlich zu verdreifachen, wird mit harscher Repression begegnet: Rund 200.000 Beschäftigte wurden ausgesperrt, Tausende entlassen, Fabriken geschlossen, Arbeiterinnen und Gewerkschafter werden angegriffen, verfolgt und zum Teil inhaftiert (siehe auch http://tinyurl.com/grdvmzo).

Auch H&M lässt in acht Zulieferfabriken produzieren, in denen Beschäftigte oder Gewerkschaftsmitglieder der National Garment Workers Federation (NGWF) entlassen wurden. Die Fabriken sind geschlossen worden. Der Gesamtbetriebsrat von H&M hat das Unternehmen deswegen in einem offenen Brief dazu aufgefordert, endlich ernsthaften Druck auf die Zulieferer auszuüben. "Den leeren Worten auf der H&M-Internetseite müssen wirkliche Taten folgen. H&M muss sich dafür einsetzen, dass die Fabriken wieder öffnen, alle Entlassenen wieder eingestellt und höhere Löhne gezahlt werden. Zudem muss sich das Unternehmen klar und deutlich für die Freilassung der Inhaftierten einsetzen. H&M muss seiner Verantwortung gerecht werden", sagte Saskia Stock, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats (GBR).

"H&M steht wie auch andere Unternehmen in der Verantwortung, menschenwürdige Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette zu garantieren. Wir werden uns zusammen mit Gewerkschaftinnen und Gewerkschaftern in Bangladesch und anderen Ländern gemeinsam und solidarisch für die Rechte der Beschäftigten entlang der Lieferkette einsetzen", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

Der GBR trägt - wie ver.di - die von den internationalen Gewerkschaftsdachverbänden IndustriAll Global Union, UNI Global Union sowie dem Informationsportal LabourStart initiierte Protestpetition (http://tinyurl.com/ha7sfbv) mit. Sie kann weiterhin gezeichnet werden.

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Mode und Qualität zum besten Preis - nur auf wessen Kosten?

Eine Mitteilung des H&M Sales Gesamtbetriebsrats


H&M gibt sich in der Öffentlichkeit gerne verantwortungsvoll. Diesbezüglich schreibt H&M auf seiner Homepage: "Alle unsere Lieferanten sollen faire Gehälter zahlen, die die Grundbedürfnisse der Arbeitnehmer decken. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Beschaffungspraktiken von H&M. Eine weitere Komponente ist eine gut ausgebildete Belegschaft, deren Gehälter in Zusammenarbeit mit gewählten Gewerkschafts- oder anderen Arbeitnehmervertretern verhandelt und jährlich geprüft werden."

Leider entspricht diese verantwortungsvolle und heile Welt, welche H&M seinen Kunden vorgaukelt, nicht dem, was die Näherinnen und Näher in den Zuliefererfabriken in Bangladesch tagtäglich erleben müssen. Dem Gesamtbetriebsrat liegen Informationen vor, dass in diesem Moment in Bangladesch - das Land in welchem H&M den Großteil seiner Ware produzieren lässt - erhebliche Menschenrechtsverletzungen erfolgen.

Ausgangspunkt ist die oben beschriebene "jährliche Überprüfung und Verhandlung der Gehälter in Zusammenarbeit mit Gewerkschafts- und Arbeitnehmervertretern". Regierung und Unternehmen in Bangladesch arbeiten gemeinsam zusammen, um eine gewerkschaftliche Organisation der Näherinnen und Näher zu verhindern. Aktive Gewerkschafter, welche sich für mehr Gehalt eingesetzt haben, wurden inhaftiert - teilweise sogar unter Folter- und Todesandrohungen. Einigen Gewerkschaftern sowie deren Angehörigen wurden die Konten gesperrt, sodass sie ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können. 85 Fabriken wurden in Folge von Streiks und Protesten in Ashulia vom Management geschlossen und die Arbeiterinnen und Arbeiter entlassen. In 14 von diesen Fabriken gab es aktive Gewerkschaftsgruppen - auch die örtlichen Gewerkschafter haben ihre Arbeit verloren. Diese entlassenen Kolleginnen und Kollegen versuchten auch in anderen Fabriken Gewerkschaften aufzubauen. In weiteren 10 Fabriken in Ashulia arbeiten ebenfalls Gewerkschaftsmitglieder der ansässigen Gewerkschaft (NGWF). Diese wurden bislang zwar nicht entlassen, jedoch verloren andere Arbeiterinnen in diesen Fabriken ihre Anstellung. Dies bedeutet, dass die NGWF ihre Arbeit in 24 Fabriken faktisch einstellen musste. Von diesen 24 Fabriken produzieren 8 für H&M.

Wir, der H&M Sales Gesamtbetriebsrat fordern H&M dazu auf, unverzüglich Druck auf seine 8 Zulieferer in Ashulia auszuüben. Die Inhaftierungen müssen umgehend rückgängig gemacht werden, Menschenrechtsverletzungen müssen sofort unterbunden werden. Die Fabriken müssen unverzüglich wieder öffnen. Die Gewerkschafter sowie Kolleginnen und Kollegen sind umgehend ohne Gehaltsverluste wieder einzustellen, und den Forderungen nach höheren Löhnen muss nachgegeben werden. H&M muss seiner Verantwortung nachkommen und den leeren Worten auf der H&M Homepage endlich Taten folgen lassen!

Die Gesamtbetriebsratsmitglieder von H&M haben folgende Petition des globalen Gewerkschaftsverbands "IndustriALL" unterzeichnet:
https://www.labourstartcampaigns.net/show_campaign.cgi?c=3318

H&M Hennes & Mauritz B.V. & Co. KG
Gesamtbetriebsrat
Rungedamm 38
21035 Hamburg

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Quelle:
Presseinformation vom 01.02.2017
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Eva Völpel - ver.di-Bundesvorstand
Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Telefon: 030/6956-1011 und -1012, Fax: 030/6956-3001
E-Mail: pressestelle@verdi.de
Internet: www.verdi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2017

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