RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung - 04.06.2018
Kindergartenbesuch ab drei Jahren: Kinder mit Migrationshintergrund profitieren stärker
Frühkindliche Bildung kann die Schere zwischen armen und reichen Kindern schließen. Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien profitieren am stärksten von einem frühen Kindergartenbesuch. Gleichzeitig besuchen sie seltener schon mit drei Jahren den Kindergarten. Daher sollten Politikmaßnahmen darauf abzielen, den Besuch frühkindlicher Bildungseinrichtungen von Kindern mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Elternhäusern zu erhöhen.
Frühkindliche Bildung kann die Schere zwischen armen und reichen Kindern schließen. Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien profitieren am stärksten von einem frühen Kindergartenbesuch. Gleichzeitig besuchen sie seltener schon mit drei Jahren den Kindergarten. Daher sollten Politikmaßnahmen darauf abzielen, den Besuch frühkindlicher Bildungseinrichtungen von Kindern mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Elternhäusern zu erhöhen.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie der Ökonomen Thomas Cornelissen, Christian Dustmann, Anna Raute und Uta Schönberg vom Centre for Research and Analysis of Migration (CReAM) am University College London, die im renommierten Journal of Political Economy erscheinen wird. Wissenschaftler des CReAM sind über das RWI Research Network mit dem RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung verbunden.
• Die Forschungsergebnisse zeigen, dass der Kindergartenbesuch die Schulfähigkeit von Kindern mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien deutlich stärker erhöht als die Schulfähigkeit von Kindern mit privilegierterem Familienhintergrund. Jedoch findet die Studie auch, dass gerade die Kinder, die stark von einem Kindergartenbesuch profitieren würden, das frühkindliche Bildungsangebot seltener nutzen.
• Der Grund für die stark unterschiedlichen Effekte des frühen Kindergartenbesuches für verschiedene Bevölkerungsgruppen sind Unterschiede im familiären Umfeld. Ein früher Kindergartenbesuch kann diese Unterschiede ausgleichen.
• Der weniger häufige Kindergartenbesuch von Kindern mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien kann verschiedene Erklärungen haben:
Prof. Dr. Christian Dustmann, einer der Autoren der Studie vom CReAM am University College London und Mitglied des RWI Research Network, sagt: "Ein gebührenfreier Kitabesuch, wie im vergangenen Wahlkampf von einigen Parteien vorgeschlagen, mag sozial benachteiligte Familien oder Familien mit Migrationshintergrund dazu bewegen, ihr Kind in die Kita zu schicken. Allerdings ist es ebenfalls wichtig, Informationsdefizite von Eltern aus sozial schwächeren Familien abzubauen und sprachliche, religiöse und kulturelle Barrieren bei Eltern mit Migrationshintergrund zu überwinden."
Die Autoren empfehlen, dass Politikansätze zur Erhöhung der Kitabesuchsrate schwer erreichbarer Familien kulturelle Unterschiede berücksichtigen, z.B. durch aktive Einbindung der Eltern und mehrsprachige Informationskampagnen. Auch eine automatische Anmeldung der Kinder könnte den Anmeldeprozess vereinfachen. Die Studie impliziert auch, dass Erwerbstätigkeit der Eltern als Zugangskriterium nicht unbedingt die Kinder erreicht, die am meisten profitieren können.
Die Analyse basiert auf umfangreichen Daten der Schuleingangsuntersuchung Weser-Ems für die Jahre 1994-2002, die durch das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) bereitgestellt wurden. Die Autoren nutzen den Ausbau von Kindergartenplätzen in den 1990er Jahren, hervorgerufen durch die Einführung des Kindergartenrechtsanspruches in 1996, um ursächliche Zusammenhänge aufzuzeigen.
Dieser Pressemitteilung liegt das folgende CReAM Discussion Paper
zugrunde:
Cornelissen, T., Dustmann, C., Raute, A. und U. Schönberg (2018): Who
benefits from universal child care? Estimating marginal returns to early
child care attendance, CReAM Discussion Paper No. 08/18.
Über Auszüge aus der Studie berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe unter dem Titel "Kita hilft Migranten".
Über CReAM und UCL (University College London)
Das Centre for Research and Analysis of Migration (CReAM) ist ein
unabhängiges und interdisziplinäres Forschungsinstitut, das in der
Fakultät für Volkswirtschaftslehre am University College London (UCL)
angesiedelt ist. CReAM strebt an, durch neue wissenschaftliche
Erkenntnisse zur öffentlichen Debatte über ökonomische Themen in Europa
beizutragen und den aktuellen politischen Diskurs in eine Richtung zu
lenken, die auf wissenschaftlich rigoroser, politisch unvoreingenommener
Evidenz beruht.
Das UCL wurde im Jahr 1826 gegründet und ist nach Oxford und Cambridge die drittälteste englische Hochschule. Sie ist eine der weltweit angesehensten Universitäten, was sich in der kontinuierlichen Platzierung unter der Weltspitze in international anerkannten Rankings widerspiegelt.
Über das RWI Research Network
Das RWI Research Network verbindet Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler aus dem In- und Ausland, mit denen das RWI regelmäßig in
Projekten der Forschung und/oder der Politikberatung zusammenarbeitet. Es
wendet sich darüber hinaus an Alumni, die am RWI entweder promoviert oder
habilitiert haben und dem Institut weiterhin aktiv verbunden sind.
Gemeinsame Grundlage ist das geteilte Verständnis über die
gesellschaftliche Bedeutung sowie die unverzichtbaren Qualitätsmaßstäbe
der empirischen Wirtschaftsforschung und der darauf aufbauenden
evidenzbasierten Politikberatung.
Weitere Informationen unter:
http://www.cream-migration.org/publ_uploads/CDP_08_18.pdf
(Link zum CReAm Discussion Paper)
http://www.cream-migration.org
(Link zum Forschungsinstitut CReAM)
http://www.rwi-essen.de/forschung-und-beratung/network/
(Link zum RWI Research Network)
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution145
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung - 04.06.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2018
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