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SYRIEN/003: Soldaten entwaffnen Jugendliche (ZLV)


Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek - 11. Mai 2011

Soldaten entwaffnen Jugendliche
Keine Beweise für »äußerste Brutalität« der syrischen Armee

Von Karin Leukefeld, Damaskus


Vor dem Hintergrund neuer Berichte über gewaltsame Auseinandersetzungen in Syrien hat die EU am Montag ein umfassendes Waffenembargo sowie Reise- und Vermögensbeschränkungen gegen 13 Personen verhängt. Die von den Sanktionen betroffenen Personen werden von der EU direkt für »Gewalt gegen Demonstranten« verantwortlich gemacht. Betroffen sind vor allem Personen aus dem Sicherheitsapparat und Geschäftsleute. Präsident Assad ist, im Gegensatz zu seinem Bruder Mahar Assad, von den Sanktionen ausgenommen.

Der »Spiegel« berichtete derweil, »Assad soll Stadien als Gefängnisse benutzen«, ohne Beweise für die Behauptung vorzulegen. Beweise gibt es auch nicht für die »äußerste Brutalität«, mit der angeblich die syrische Armee gegen Oppositionelle in der Hafenstadt Banias und in Homs vorgehen soll. Offiziell wurden von der Armee Operationen in der Umgebung von Deraa, Homs und Banias gegen »bewaffnete terroristische Banden« eingeräumt. Dabei seien am Montag »Dutzende gesuchte Personen festgenommen und große Mengen Waffen, Munition und Sprengstoff sichergestellt« worden.

Maddamiya, ein westlicher Vorort von Damaskus war in der Nacht zum Montag abgeriegelt worden, nachdem es dort Schießereien gegeben hatte. Seit Wochen versuchten bewaffnete Jugendliche, »Nadelstiche gegen das Militär« durchzuführen, erzählte ein Anwohner. Vor zwei Wochen habe es eine Vereinbarung zwischen angesehenen Familien und der für den Ort zuständigen Republikanischen Garde gegeben. Die Familien verpflichteten sich, die jungen Männer im Zaum zu halten, das Militär zog sich zurück. Andere Jugendliche des Ortes hatten daraufhin eine Art Bürgerwehr gebildet und mit Nachtwachen versucht, ihre Wohngebiete von bewaffneten Männern freizuhalten.

Anwohner berichteten, bei den neuen Schießereien habe es sich offenbar um Gefechte gehandelt, die bis in die Abendstunden immer wieder aufflammten. Demonstrationen oder Proteste habe es nicht gegeben. Panzer seien weder im noch vor dem Ort stationiert gewesen, Soldaten seien zu Fuß im Ort unterwegs gewesen und hätten anhand von Listen nach Personen gesucht. Dabei seien sie, sofern zu beobachten war, höflich gewesen. Eine große Zahl von Personen sei offenbar festgenommen worden, so der Einwohner, der am Dienstagmorgen den Ort wieder normal zur Arbeit verlassen konnte. Telefonleitungen waren den ganzen Tag unterbrochen, nicht aber Strom und Wasser. Man vermute hinter den bewaffneten Männern religiöse Gruppen.

In einem Interview mit einem Reporter der »New York Times« sagte die Präsidentenberaterin Bouthaina Schaaban, sie glaube und hoffe, daß die Unruhen bald zu Ende gebracht werden könnten. Der »gefährlichste Augenblick« sei wohl überwunden, so Schaaban, die »eine Kombination von Fundamentalisten, Extremisten, Schmugglern und ehemaligen Häftlingen« hinter den bewaffneten Angriffen vermutete. »Sie werden benutzt, um Ärger zu machen.« Gleich nach den Ereignissen in Deraa am 8. März hatte Schaaban die Reformlinie von Präsident Assad bekräftigt und die Proteste der Bevölkerung als legitim bezeichnet. Vor einigen Tagen war sie mit vier Vertretern der syrischen Opposition zusammengetroffen.


Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Zum Thema siehe auch in der morgigen Tagesausgabe (12.05.2011) des Schattenblick unter:
www.schattenblick.de -> Infopool -> Politik -> Meinungen -> Standpunkt
STANDPUNKT/086: Syrien, ein neuerlicher Versuch, einen souveränen Staat zu unterwerfen (Falkenhagen/Queck)


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Quelle:
Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2011