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MELDUNG/195: Erster Nachhaltigkeitsbericht an Ban Ki-moon überreicht (idw)


Bertelsmann Stiftung - 21.07.2016 09:32

Hausaufgaben für die Weltgemeinschaft: Erster Nachhaltigkeitsbericht an Ban Ki-moon überreicht


2015 wurden auf dem größten Gipfeltreffen der Geschichte die UN-Nachhaltigkeitsziele bis 2030 festgelegt. Darin verpflichten sich erstmals alle UN-Mitgliedsstaaten, gemeinsam zu einer besseren ökonomischen, ökologischen und sozialen Entwicklung beizutragen. Ein Jahr danach liegt mit dem SDG-Index der erste weltweite Nachhaltigkeitsbericht vor und zeigt, dass es zur Erreichung der Ziele noch ein weiter Weg ist.


Gütersloh, New York, 21. Juli 2016. Ein Jahr nach Verabschiedung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) zeigt der erste globale Nachhaltigkeitsbericht (SDG-Index), wie weit die Weltgemeinschaft bei der Umsetzung der Ziele ist und wo für die einzelnen Staaten die größten Herausforderungen liegen. Der SDG-Index wurde gestern Abend in New York vorgestellt und an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon offiziell überreicht. Bis 2030 sollen alle Länder ihre Anstrengungen intensivieren, um Entwicklungshemmnisse wie Armut und Hunger zu beenden und gleichzeitig ein nachhaltiges, umweltgerechtes Leben auf unserem Planeten zu fördern. Die Bilanz des SDG-Index: Selbst die reichsten Industrieländer sind noch deutlich von der Umsetzung entfernt. Entwicklungsländer scheitern oft noch an grundlegenden Entwicklungszielen wie Hunger- und Armutsbekämpfung sowie Sicherheit. Der SDG-Index ist die erste weltweite Vergleichsstudie für 149 Industrie- und Entwicklungsländer zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und wurde von der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Sustainable Development Solutions Network (SDSN) der UN erarbeitet.

Ban Ki-moon: Bericht leistet wertvollen Beitrag zur Erreichung der Ziele UN-Generalsekretär Ban Ki-moon lobte den Bericht und appellierte in New York an die Weltgemeinschaft: "Die Verabschiedung der 17 Nachhaltigkeitsziele im letzten Jahr hat Politiker, die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft und Wissenschaft zusammengebracht, um einen nachhaltigen Weg für unsere Zukunft einzuschlagen. Eine fundierte Datenbasis ist die Grundlage, um Nationen bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen. Ich bin sicher, dass der SDG-Index von SDSN und Bertelsmann Stiftung einen wertvollen Beitrag leistet, um die Welt friedlicher, gerechter und nachhaltiger zu gestalten."

Die Länder, die die Nachhaltigkeitsvorgaben am ehesten erfüllen, sind nicht die größten Volkswirtschaften, sondern vergleichsweise kleine, aber wohlhabende europäische Staaten: Schweden, Dänemark und Norwegen erreichen die höchsten Platzierungen im Ländervergleich. Die Werte für die USA (25. Platz) und China (76. Platz) verdeutlichen, dass die großen Volkswirtschaften trotz ihres absoluten Reichtums in puncto nachhaltiger Entwicklung noch aufholen müssen. Am unteren Ende der Skala befinden sich fast ausschließlich afrikanische Entwicklungsländer wie die Zentralafrikanische Republik und Liberia.

"Auf Worte müssen Taten folgen: Die Staats- und Regierungschefs haben beim historischen UN-Gipfel im letzten Jahr ambitionierte Ziele vorgegeben. Nun müssen alle auch ihre Hausaufgaben erledigen, damit wir bis 2030 die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen", sagte Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung. Jeffrey Sachs, Erstautor der Studie und Direktor des SDSN, ergänzte: "Der SDG-Index mit seinem klaren Rankingsystem soll den Staaten helfen, ihren individuellen Weg zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu finden und zu gehen."


Deutschland unter den Top Ten

Deutschland belegt im weltweiten Ranking den 6. Platz hinter der Schweiz und den skandinavischen Ländern. Laut Index liegt Deutschland mit einem Ergebnis von rund 81 Punkten über dem OECD-Durchschnittswert (73 Punkte). Zusammen mit Großbritannien (10. Platz) ist es das einzige Land der G7-Staaten unter den Top Ten.

Auch wenn Deutschland im internationalen Vergleich gut abschneidet, gibt es hierzulande noch Baustellen: In Deutschland ist ein Trend zu steigender sozialer Ungleichheit feststellbar. Die einkommensstärksten 10 Prozent der Bevölkerung verdienen mehr als die einkommensschwächsten 40 Prozent. Auch bei weiteren Zielen müssen Deutschland und die Industriestaaten insgesamt noch nachlegen: Das gilt beispielsweise für die Bereiche internationale Zusammenarbeit, Infrastruktur, Klimaschutz und Artenvielfalt. Um global als Vorbild für Entwicklungs- und Schwellenländer zu gelten, müssen alle Industriestaaten ihre Investitionen in diesen Bereichen erhöhen. Den Zielwert bei der Entwicklungshilfe von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht Deutschland noch nicht (0,5 Prozent). Außerdem hinkt die Bundesrepublik beim Zugang zum mobilen Breitbandinternet anderen OECD-Staaten hinterher. Nur wenige europäische Nachbarn wie Ungarn oder Griechenland schneiden hier schlechter ab. Auch der hohe CO2-Ausstoß ist in Deutschland mit rund 9 Tonnen pro Kopf zwar geringer als beim OECD-Spitzenreiter USA (17 Tonnen), aber gleichzeitig deutlich höher als in vergleichbaren Volkswirtschaften wie Großbritannien (7,1 Tonnen) und Frankreich (5,2 Tonnen).

"Obwohl das Erreichen der Ziele für alle Länder noch ein weiter Weg ist, sind die spezifischen Herausforderungen in den einzelnen Weltregionen unterschiedlich ausgeprägt", so Christian Kroll, Mitautor der Studie bei der Bertelsmann Stiftung. Welches die drängendsten Probleme zum Erreichen der Ziele sind, sei von der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung in den einzelnen Ländern abhängig. Eine Vielzahl der Länder in Afrika, besonders südlich der Sahara, leidet unter grundlegenden Entwicklungsproblemen wie extremer Armut, Gewalt und Mangelernährung. Staatliche Dienstleistungen, wie der Zugang zu Bildung, Infrastruktur oder die Gesundheitsversorgung, sind hier teilweise nur rudimentär ausgeprägt.

Südamerikanische Staaten belasten das extreme Niveau der Ungleichheit und die weitverbreitete Gewalt, die in Ländern wie Mexiko oder Bolivien nahezu systemische Ausmaße erreicht hat. In Anbetracht des vergleichsweise hohen Pro-Kopf-Einkommens schneiden die Länder Süd- und Mittelamerikas im Bereich Gesundheitsversorgung und Zugang zu Bildung schlecht ab. In Südostasien überholen viele Staaten aufgrund ihrer starken wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre eine Vielzahl afrikanischer und südamerikanischer Schwellen- und Entwicklungsländer. Doch vor allem die Gesundheitsstandards und der allgemeine Zugang zu Bildung müssen hier verbessert werden.


Zusatzinformationen

Der SDG Index wurde am 20.7.2016 in New York ( 23:30 Uhr MEZ) von Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, und Jeffrey Sachs, UN-Sonderberater und Direktor des UN Sustainable Development Solutions Network (SDSN), an den UN-Generalsekretär Ban Ki-moon überreicht. Der Bericht baut auf einem Ländervergleich zu den Industriestaaten auf, den die Bertelsmann Stiftung im vergangenen Jahr zum UN-Nachhaltigkeitsgipfel vorlegte. Die Nachhaltigkeitsziele enthalten, anders als die vorherigen Millenniumsziele, nicht nur Vorgaben für Entwicklungs- und Schwellenländer, sondern auch für die Industriestaaten. Der Sustainable Development Goals-Index erlaubt anhand von Länderprofilen und einem Ampelsystem den Vergleich aller Staaten untereinander. Die Konzeption und Auswahl der Indikatoren fand in Zusammenarbeit mit dem SDSN statt, einem Zusammenschluss von Forschungseinrichtungen zur Begleitung der neuen Entwicklungsziele. Die UN-Nachhaltigkeitsziele bestehen aus 17 übergeordneten Zielen und 169 Unterpunkten, die entlang sozialer, ökonomischer und ökologischer Dimensionen konzipiert sind.


Weitere Informationen sowie den kompletten SDG Index und die einzelnen Länderinformationen finden Sie unter bertelsmann-stiftung.de und sdgindex.org.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution605

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Bertelsmann Stiftung, Benjamin Stappenbeck, 21.07.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2016

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