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ORGANISATION/566: UN-Generalsekretär lädt Staats- und Regierungschefs zu Gesprächen über Flüchtlingskrise (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. September 2015

UN: Generalsekretär lädt Staats- und Regierungschefs zu Gesprächen über Flüchtlingskrise

von Thalif Deen


NEW YORK (IPS) - Angesichts der ausufernden Flüchtlingskrise wird UN-Generalsekretär Ban Ki-moon Ende des Monats Sondergespräche mit den Staats- und Regierungschefs zum Thema internationale Migration führen.

Das Treffen ist für den 30. September vorgesehen und schließt an die UN-Entwicklungskonferenz an, auf der die Post-2015-Nachhaltigkeitsagenda mit ihren 17 Zielen (Sustainable Development Goals - SDGs) angenommen wird. Ein Ziel, SDG 16, widmet sich dem Thema Migration.

Ben Phillips, Kampagnenleiter der Hilfsorganisation ActionAid, erklärte gegenüber IPS, dass unter dem, was Regierungen als Flüchtlingskrise zu bezeichnen pflegten, zu allererst und hauptsächlich die alternativlose Flucht von Menschen zu verstehen sei.

"Die Reaktion viel zu vieler Regierungen auf diese menschliche Tragödie läuft häufig darauf hinaus, die Grenzen zu schließen und die bedrohten Menschen auszusperren. Doch das Problem lässt sich nicht lösen, indem man Mauern hochzieht", warnte Phillips und kritisierte, dass Staaten häufig dazu neigten, brutal, panisch und ineffektiv auf die Krise zu reagieren. "Es wird höchste Zeit, dass sie einen klügeren und freundlicheren Kurs einschlagen."

Auf einer Krisensitzung am 14. September in Brüssel hatten sich die Mitgliedstaaten nur äußerst zögerlich dazu bereit erklärt, 40.000 Flüchtlinge, mehrheitlich Syrer, Afghanen, Iraker und Libyer, untereinander aufzuteilen - aber nur auf freiwilliger Basis und obwohl Deutschland, Österreich, die Niederlande und die Slowakei eine Verschärfung der Grenzkontrollen angekündigt hatten.

Die restriktiven Maßnahmen beinhalten auch den Bau von mit Stacheldraht gesicherten Grenzzäunen. Die Ankündigung einiger ost- und zentraleuropäischer Staaten, ausschließlich Christen willkommen zu heißen, ist bei den Vereinten Nationen auf heftige Kritik gestoßen.


Gemeinsame Flüchtlingsstrategie gefordert

UN-Chef Ban drängt die europäischen Entscheidungsträger, "als Stimme der Schutzbedürftigen" aufzutreten und auf die Flüchtlings- und Migrationskrise mit einer gemeinsamen Strategie der geteilten Verantwortung zu reagieren, zumal Deutschland und Österreich weiterhin tausende Kriegsflüchtlinge willkommen heißen.

Außerdem bezog Ban Stellung zu der Sorge europäischer Regierungen über eine Zunahme der Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Gewalt gegen Migranten und Flüchtlinge in ihren Ländern. So erklärte er, dass er von den EU-Staaten erwarte, dass sie gegen sämtliche Erscheinungsformen der Diskriminierung unmittelbar und entschlossen vorgehen.

Phillips erklärte gegenüber IPS, dass ActionAid die Regierungen dazu aufgerufen habe, sich insbesondere drei Herausforderungen zu stellen. Erstens müssten die Regierungen die gleiche Solidarität und Willkommenskultur unter Beweis stellen, wie sie viele ihrer Bürger vorgelebt hätten. Zweitens müsse auf die Gefahren reagiert werden, denen insbesondere auf der Flucht befindliche Mädchen und Frauen ausgesetzt seien. Und drittens gelte es die Ursachen für die Massenflucht anzugehen. So müssten Kriege, Ungleichheit und die Auswirkungen des Klimawandels nachhaltig bekämpft werden.

"Die spontane Hilfsbereitschaft, die Menschen anderen Menschen angedeihen lassen, ist ein Hoffnungsstrahl und hat erneut gezeigt, dass die Menschen mächtiger sind als die Machthabenden", erklärte er im IPS-Gespräch.

Er wies ferner darauf hin, dass ActionAid als Organisation, die Flüchtlingen an der Basis helfe, nur allzu gut der schlimmen Folgen einer Politik gewahr geworden sei, die Menschen entmenschliche und die Ursachen von Flucht und Vertreibung ignoriere.

Im Zusammenhang mit der Entscheidung Ungarns, ein neues Gesetz zu verabschieden, das der Regierung erlaubt, Migranten zu verhaften und wegzusperren, erklärte der UN-Sprecher Stephane Dujarric gegenüber Reportern in New York: "Ich denke, wir brauchen eine europaweit gültige Regelung, wie dies der UN-Flüchtlingshochkommissar vorgeschlagen hat. Eine Situation, in der verschiedene Länder an verschiedenen Grenzen unterschiedlich verfahren, schafft Chaos - sowohl in physikalischer als auch in rechtlicher Hinsicht."


Eine Frage des Völkerrechts

Es stehe außer Frage, dass Flüchtlinge und Migranten Rechte haben. Gleichwohl seien Ländern ihren eigenen Bürgern gegenüber verpflichtet, für nationale Sicherheit zu sorgen.

"Doch fest steht, dass das Völkerrecht, insbesondere mit Blick auf die Flüchtlinge, geachtet werden muss. Menschen, Migranten und Flüchtlinge haben ein Recht auf eine menschenwürdige Behandlung, die meiner Meinung nach vielerorts zu wünschen übrig lässt."

Wie Dujarric weiter erklärte, hat es schon immer Völkerwanderungen gegeben. Die Mitgliedstaaten müssten mit den Massen von Menschen, ob Flüchtlinge oder Migranten, so umgehen, dass sie nicht in die Hände krimineller Gangs gerieten. Dieser Aspekt sei einer der Gründe, die UN-Generalsekretär Ban bewogen hätten, die UN-Mitgliedstaten zusammenzubringen. (Ende/IPS/kb/16.09.2015)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2015

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