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RESOLUTION/040: UN-Resolution fordert Mitsprache von Jugendlichen in Friedensverhandlungen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Dezember 2015

Kinderrechte: UN-Resolution fordert Mitsprache von Jugendlichen in Friedensverhandlungen

von J. Nastranis


NEW YORK (IPS/IDN) - Der UN-Sicherheitsrat hat eine Resolution angenommen, die sich zum ersten Mal in der Geschichte des Gremiums ausschließlich mit der Rolle von Kindern bei Friedensprozessen beschäftigt. Die von Jordanien eingebrachte Resolution 2250 fordert die UN-Mitgliedstaaten dazu auf, junge Menschen in Friedensverhandlungen und in den Kampf gegen Extremismus einzubeziehen.

1,8 Milliarden Menschen auf der Welt sind zwischen zehn und 24 Jahren alt - mehr als jemals zuvor. Die meisten von ihnen leben den Vereinten Nationen zufolge im globalen Süden. In den 48 am wenigsten entwickelten Ländern machen Kinder und Jugendliche sogar die Mehrheit der Bevölkerung aus. Nach Angaben des UN-Sonderbeauftragten für die Jugend sind 40 Prozent der 1,5 Milliarden Menschen, die in Kriegsgebieten leben, Kinder, das sind 600 Millionen.

Vor diesem Hintergrund fordert die am 9. Dezember verabschiedete Resolution die UN-Mitgliedstaaten dazu auf, Maßnahmen zu entwickeln, um Jugendlichen auf allen politischen Ebenen sowie bei Friedensverhandlungen Mitsprache zu ermöglichen. Ziel ist es, ihre Sichtweise bei friedensbildenden Maßnahmen zu berücksichtigen.

Darüber hinaus müssen laut Resolution die Bedingungen untersucht werden, unter denen Jugendliche sich radikalisieren und extremistischen Gruppen anschließen. Junge Männer und Frauen könnten stattdessen eine wichtige Vorbildfunktion für ihre Altersgenossen einnehmen, um den Weg Richtung Gemeinschaft und Miteinander aufzuzeigen.


Nicht nur Opfer oder Täter

"Mit der Resolution haben wir einen wichtigen Durchbruch geschafft", kommentierte der UN-Sonderbeauftragte für die Jugend Ahmad Alhendawi die Annahme der Resolution 2250. "Meistens werden Kinder und Jugendliche entweder als Opfer oder als Täter dargestellt. Ausnahmsweise können wir auch einmal zeigen, dass sie eine wichtige Rolle bei Friedensprozessen spielen können."

Helen Clark, Leiterin des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) sagte: "Mit der Jugend kommt Energie, Innovation und Optimismus in die Verhandlungen. Aber nur, wenn wir sie darin unterstützen und ihnen den Weg bereiten."

Mehrere hohe UN-Mitarbeiter nannten das Dokument "historisch", so auch Babatunde Osotimehin, Exekutivdirektor des Weltbevölkerungsfonds (UNFPA) und Oscar Fernandez-Taranco, Assistent des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon für Friedensbildende Maßnahmen. "Mit der Annahme der Resolution 2250 schreibt der Sicherheitsrat Geschichte. Die Anerkennung der Rolle der Jugend wird die Art und Weise, wie die Welt künftig Gewalt beenden und friedliche und inklusive Gemeinschaften aufbauen wird, verändern", sagte Fernandez-Taranco.

Junge Menschen, Jugendorganisationen und andere zivilgesellschaftliche Organisationen fordern seit Jahren eine solche Resolution. Erst im August dieses Jahres hatten die Teilnehmer des 'Global Forum on Youth, Peace and Security' in Jordanien eine Erklärung verabschiedet, in der sie den UN-Sicherheitsrat aufforderten, eine Resolution zum Thema Jugend, Sicherheit und Frieden zu verabschieden. Die internationale Gemeinschaft solle bis 2017 globale politische Strukturen schaffen, in denen sie die "Bedürfnisse, Potenziale und die diversen Identitäten von Jugendlichen in Konfliktsituationen und Post-Konflikt-Staaten" berücksichtige.

Das Global Forum war das welterste, das sich mit den Rechten von Kindern im Zusammenhang mit Friedenssicherung und Extremismus beschäftigte. An der Vorbereitung der Erklärung hatten sich insgesamt 10.000 Jugendliche beteiligt.


Jugendliche gegen Atomwaffen

Im gleichen Monat hatten sich Jugendliche zu einem dreitägigen Internationalen Jugendgipfel zur Abschaffung von Nuklearwaffen im japanischen Hiroshima getroffen. Dort gedachten sie dem Atombombenabwurf auf die Stadt vor 70 Jahren. Auch sie wiesen auf die wichtige Rolle junger Menschen in Friedensprozessen hin. In einer gemeinsam veröffentlichten Erklärung hieß es: "Wir, die Generation des Wandels, laden Euch ein, gemeinsam mit uns unsere kollektive Stimme zu erheben, um endlich ein Handeln einzufordern; wir weigern uns, dabei zuzusehen, wie Atomwaffen weiterhin das unsrige Leben und das künftiger Generationen bedroht. Schließt Euch uns an, handelt und gestaltet den Wandel!"

Als 'Generation des Wandels' schworen sich die Jugendlichen auf mehrere Punkte ein: Sie gelobten, sich weiterzubilden und ihr Verhandlungsgeschick zu verbessern, um ihre Altersgenossen davon überzeugen zu können, wie wichtig die Abschaffung von Atomwaffen ist. Außerdem versprachen sie, weiterhin dafür zu kämpfen, dass Nuklearwaffen bald der Vergangenheit angehören sowie Mitkämpfer dafür zu finden. Die Staats- und Regierungschefs forderten sie dazu auf, Verhandlungen zu beginnen, um ein internationales Abkommen zum Verbot von Kernwaffen auszuarbeiten. Ihre jeweiligen nationalen Regierungen und Parlamentsabgeordneten forderten sie dazu auf, nationale Gesetzgebungen auf den Weg zu bringen, um den Bau von Atomwaffen sowie Atomwaffentests zu verbieten. Bei all dem sei die Aufhebung der Unterschiede zwischen Geschlechtern und verschiedenen Nationalitäten und Ethnien im Blick zu behalten.

Kriege, Gewalt und Vertreibung treffen Kinder und Jugendliche besonders hart. Bürgerkriege und bewaffnete Konflikte, Umwelt- und Wirtschaftskrisen unter anderem in Syrien, Afghanistan und im Irak vertreiben hunderttausende Kinder aus ihrer Heimat. Zahlen für das Jahr 2011 geben 14 Millionen vertriebene Kinder an.

Auch der Klimawandel setzt vor allem Kindern und Jugendlichen zu. Sie sind besonders häufig von Analphabetismus betroffen und finden immer seltener Arbeit. Der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zufolge machen Jugendliche 40 Prozent aller Arbeitslosen weltweit aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche keinen Job finden, ist viermal so hoch wie bei Erwachsenen.

Unter den jungen Menschen leiden vor allem Mädchen und junge Frauen unter Konfliktsituationen, da sie besonders häufig Opfer von sexueller Gewalt werden. Der Frauenflüchtlingskommission zufolge waren in allen 51 Staaten, in denen es seit 1986 bewaffnete Konflikte gegeben hat, die Raten sexueller Gewalt gegenüber weiblichen Jugendlichen besonders hoch. Hinzu kommen die Risiken, die Schwangerschaft und Geburt mit sich bringen. (Ende/IPS/jk/12.12.2015)


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http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/2621-first-ever-un-security-council-resolution-on-youth-peace-and-security

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IPS-Tagesdienst vom 12. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Dezember 2015

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