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BANK/436: Neue Regeln für Vergütung im Finanzbereich (BMF)


Bundesministerium der Finanzen (BMF) - Newsletter vom 9. Februar 2010

Neue Regeln für Vergütung im Finanzbereich
Kabinett beschließt Gesetzesentwurf für angemessene und nachhaltige Vergütung


Die Bundesregierung hat am 9. Februar 2010 in der Kabinettsitzung einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der die Vergütung im Banken- und Versicherungsbereich neu regeln wird. Mit dem Gesetz, das spätestens im Oktober 2010 in Kraft treten soll, geht die Bundesregierung gegen eine wesentliche Ursache der Finanzmarktkrise vor.

Die Krise hat gezeigt, dass eine verfehlte Vergütungspolitik nicht nur die Stabilität einzelner Unternehmen, sondern auch die Finanzmarktstabilität im Allgemeinen gefährden kann. Denn die gängige Vergütungspraxis im Finanzsektor ist stark an kurzfristigen Kriterien ausgerichtet. Sie belohnt einseitig kurzfristigen Erfolg, ohne Misserfolg ausreichend zu sanktionieren. Damit verleitet sie dazu, den langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolg aus dem Blick zu verlieren. Akteure hatten übermäßig große Risiken übernommen, was eine Ursache der weltweiten Finanzmarktkrise war.

Wie sich die Vergütungsstrukturen ändern sollen

Bereits 2009 hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung im Bereich des Aktienrechts auf den Weg gebracht. Nun sollen auch Geschäftsleiter und Mitarbeiter im Bankenbereich hinsichtlich ihrer Vergütung neuen Regelungen unterworfen werden, im Versicherungsbereich auch Aufsichtsratsmitglieder. Sie betreffen insbesondere die Frage, wie Vergütungssysteme ausgestaltet, überwacht und weiterentwickelt werden. Ziel ist, wie international vereinbart, die Vergütung wieder stärker auf den langfristigen Erfolg des Unternehmens auszurichten. Wenn Risiken eingegangen werden, müssen diese angemessen berücksichtigt werden. In den jeweiligen Gesetzen werden deshalb Vergütungssysteme verankert, die "angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung" des Unternehmens ausgerichtet sind". Einzelne technische Details zur Ausgestaltung - zum Beispiel wie die Vergütung zusammengesetzt wird und wie die Leistungszeiträume aussehen werden - wird das Bundesfinanzministerium in nachfolgenden Rechtsverordnungen regeln.

Stärkere Eingriffsmöglichkeiten von außen

Ein weiteres Ziel des Gesetzes ist, angesichts der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens unangemessen hohe Bonuszahlungen zu unterbinden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll dazu stärkere Eingriffsrechte bekommen. Sie kann die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile untersagen oder auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränken. Voraussetzung dafür ist, dass bestimmte aufsichtsrechtliche Anforderungen unterschritten wurden oder eine Unterschreitung droht.

Schutz des Finanzsystems im Interesse aller

Variable Vergütungsbestandteile sind Bestandteil einer zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Hier kommt die Vertragsfreiheit zum Ausdruck, die als Form der allgemeinen Handlungsfreiheit grundgesetzlich geschützt ist. Jeder Einzelne kann Verträge grundsätzlich so abschließen, wie er das wünscht und ist bei bestehenden Verträgen davor geschützt, dass sie durch die öffentliche Gewalt geändert werden. Damit konkurriert aber das Interesse der Allgemeinheit, vor Gefahren von außerordentlicher Bedeutung - wie sie die Finanzkrise mit ihren Auswirkungen über Banken hinaus auf das ganze Finanzsystem war - geschützt zu werden. Die Untersagung oder Beschränkung variabler Vergütungsbestandteile kann solchen Krisen entgegenwirken oder vorbeugen. Mit diesem geringen Eingriff - nur eine bestimmte Art von Entgelt ist betroffen - wird das höchste volkswirtschaftliche Schutzgut gesichert: ein funktionsfähiges Kredit- und Versicherungswesen.

Umsetzung internationaler Vereinbarungen

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung folgt den Vereinbarungen, die auf internationaler Ebene getroffen wurden. Am Anfang standen die Prinzipien für solide Vergütungspraktiken, die der Rat für Finanzstabilität (Financial Stability Board) im April 2009 vorgestellt hatte. Im September wurden hieraus konkrete Standards abgeleitet, wie Vergütungspraktiken in der Finanzbranche künftig aussehen sollen. Die Gruppe der zwanzig größten Industrie- und Schwellenländer hat die Prinzipien gebilligt.

Europa wird die Prinzipien und Standards weitgehend deckungsgleich übernehmen. Ende des Jahres 2009 hat der europäische Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) den Vorschlag für eine Richtlinie gebilligt.

Deutschland geht jetzt den nächsten Konkretisierungsschritt. Nach einer Selbstverpflichtung von acht großen deutschen Banken und der drei größten deutschen Versicherungsunternehmen und den Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin folgt nun die gesetzliche Grundlage, um die internationalen Prinzipien verbindlich umzusetzen. Dazu werden das Kreditwesengesetz und das Versicherungsaufsichtgesetz geändert. Der "Gesetzesentwurf über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen" bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats.


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Quelle:
BMF-Newsletter vom 09.02.2010
Herausgegeben vom Referat K (Kommunikation) des
Bundesministeriums der Finanzen (BMF)
Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin
Telefon: 030/18 682-33 00
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2010