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BERICHT/244: Süden kann Weltwirtschaft nicht retten - Globales Wachstum bleibt mau (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Dezember 2010

Entwicklung: Süden kann Weltwirtschaft nicht retten - Globales Wachstum bleibt mau

Von Richard Johnson


Genf, 3. Dezember (IPS/IDN*) - Nach einem neuen Bericht der Vereinten Nationen bleiben die Länder des Südens auch 2011 die Motoren des globalen Wachstums, können die Weltwirtschaft allein aber nicht in Fahrt bringen. Der neue Report - 'World Economic Situation and Prospects 2011' (WESP) - betrachtet die ökonomische Entwicklung der nächsten Jahre insgesamt skeptisch.

"Wir sind aus dem Gröbsten nicht heraus. Die größten Risiken kommen noch", sagt Rob Vos von der UN-Hauptabteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten (DESA), die den neuen Bericht zusammen mit der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) und den fünf regionalen UN-Wirtschaftskommissionen erarbeitet hat.

Die Autoren rechnen für die Jahre 2011 und 2012 mit einem Produktionswachstum von sechs Prozent in den Entwicklungsländern - ein Minus von einem Prozentpunkt im Vergleich zu 2010. Den Grund für den Rückgang sehen sie in den auslaufenden Konjunkturprogrammen der Industriestaaten.


Globales Wachstum von 3,1 Prozent

Das Weltwirtschaftswachstum wird nach ihren Berechnungen im kommenden Jahr bei nur 3,1 Prozent liegen. 2012 soll es 3,5 Prozent erreichen und damit kaum genügen, um die Arbeitsplatzverluste infolge der Wirtschaftskrise aufzufangen. Gerade die Lage auf dem Arbeitsmarkt dämpfe die Chancen auf wirtschaftliche Erholung.

Als größte Risiken bezeichnen die UN-Experten die schwindende Kooperationsbereitschaft unter den großen Wirtschaften. Eine Folge dieser Einstellung seien schlecht aufeinander abgestimmte Antworten auf die jüngste Wirtschaftskrise. Die Finanzmärkte reagierten auf Koordinationsmängel mit Turbulenzen.

Die Wachstumsprognosen für die USA - 2,6 Prozent in diesem Jahr, 2,2 Prozent in 2011 und 2,8 Prozent in 2012 - zeigten eine Erholung der Wirtschaft, aber die langsamste Wiederbelebung nach einer Krise in der Geschichte der USA. Für den US-Arbeitsmarkt bedeute das noch vier weitere Jahre der Probleme.

Noch schlechter sind die Aussichten für die europäischen Staaten und Japan. Auch wenn in Deutschland alle Zeichen auf Erholung stünden, so werde die Wirtschaft in der gesamten Eurozone 2011 und 2012 mit nur 1,3 respektive 1,9 Prozent wachsen. Japan könne sich auf 1,1 und 1,4 Prozent in den beiden kommenden Jahren einstellen. Den anfänglichen Erholungsschub durch das japanische Exportwachstum bremsten Deflation und hohe Staatsverschuldung.

Eine Erholung sieht der Bericht für die Gemeinschaft der unabhängigen Staaten (GUS) und Georgien mit einem im Schnitt vier prozentigen Wachstum in diesem Jahr nach einer Kontraktion der Wirtschaft um sieben Prozent im Jahr 2009.


China und Indien bleiben top

In Asien werden China und Indien die Wachstumsriesen bleiben. Sieben Prozent heißt die Prognose für die beiden Giganten in den Jahren 2011 und 2012. Die Staaten in Nahost und Westasien aber müssen sich auf ein rückläufiges Wachstum einstellen: 5,5 Prozent für 2010, 4,7 Prozent für 2011 und 4,4 Prozent für 2012 lauten hier die Zahlen. Das Produktionswachstum soll hinter dem der Vorkrisenzeit zurückbleiben.

Lateinamerika wird ein vierprozentiges Wachstum vorhergesagt, ein Rückschritt im Vergleich zu dem 5,6-prozentigen Wachstum dieses Jahres. Das Gros von Afrika hat solide fünf Prozent Zuwachs in den beiden nächsten Jahren zu erwarten, dies allerdings bei großen regionalen Unterschieden und einem bei weitem nicht ausgeschöpften Potenzial. Ostafrika wird zu den Starken gehören, die Länder in der Sahelzone zu den Schwächsten.


Bericht wiederholt Warnungen

Die Ergebnisse des neuen Berichts kommen nicht unerwartet. Bereits im September hatten die Vereinten Nationen gewarnt, dass die Erholung nach der Wirtschaftskrise fragil sei. Es stehe ein zweiter Absturz bevor, wenn eine gut koordinierte Antwort ausbleibe, die Konjunkturprogramme zu schnell ausliefen und die Arbeitslosigkeit nicht angegangen werde.

Zu den Kritikern gehört UNCTAD-Generalsekretär Supachai Panitchpakdi. Er vermisst spürbare Auswirkungen des sich erholenden Banken- und Finanzsektors. Die Banken machten wieder Gewinne, zögerten aber bei der Kreditvergabe mit der Folge, dass Unternehmen ihre Produktion nicht erweitern und keine neuen Arbeitsplätze schaffen könnten, meint der UNCTAD-Chef. Weiter vermisst er eine Alternative für den schwächelnden Importmarkt in den USA. (Ende/IPS/hn/2010)


* Der von 'Global Cooperation Council' und 'Globalom Media' erstellte Informations- und Analysendienst IDN-InDepthNews ist Partner von IPS-Deutschland.

Links:
http://www.un.org/esa/policy/wess/wesp2011files/wesp2011_prerelease1.pdf
http://www.indepthnews.net/news/news.php?key1=2010-12-02%2013:07:43&key2=1


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 3. Dezember 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2010