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FINANZEN/097: Weltbank-Energiekredite in der Kritik - Ein Viertel für Kohleprojekte (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. Oktober 2010

Finanzen:

Weltbank-Energiekredite
in der Kritik - Ein Viertel fürKohleprojekte

Von Matthew O. Berger


Washington, 13. Oktober (IPS) - In einem Ausmaß wie nie zuvor unterstützt die Weltbank die Finanzierung von Projekten, die sich auf fossile Brennstoffe stützen. Eine Entwicklung, die anlässlich der jüngsten Jahrestagungen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) erneut in den Blickpunkt rückte. Kritiker fordern, die Vergabepolitik der internationalen Finanzorganisation grundlegend zu reformieren.

Allein für Kohleprojekte betrug das jährliche Kreditvolumen zuletzt 3,4 Milliarden US-Dollar, wie aus Zahlen hervorgeht, die die Weltbank Mitte September veröffentlicht hatte. Dies entspricht einem Viertel des Gesamtkreditaufkommens für Energieprojekte. Im Vergleich zum Finanzjahr 2009 betrug der Anstieg bei Kohle 356 Prozent. Allein für ein Großprojekt in Südafrika wurde dem Konzern Eskom ein Darlehen in Höhe von drei Milliarden Dollar gewährt.

Die Nichtregierungsorganisation Bank Information Center (BIC) weist darauf hin, dass das Kreditvolumen der Weltbank für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien sowie für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz zwar mit 3,4 Milliarden Dollar einen Rekordwert erreichte. Kohle habe jedoch mehr Kredite erhalten.

Das BIC hebt die Schlüsselrolle hervor, die die Weltbank bei der Förderung sauberer, emissionsarmer Energie spielen könnte. Von daher falle das Zahlenverhältnis derzeit noch enttäuschend aus - eine Einschätzung, die nicht nur von Nichtregierungsorganisationen und Umweltaktivisten, sondern auch von einigen Regierungen geteilt wird.


Spagat hinbekommen

Die Weltbank überprüft angesichts der Kritik ihre Kreditvergabe für Energieprojekte. Ein für Anfang 2011 erwarteter Entwurf soll aufzeigen, wie die Vergabepolitik verbessert werden könnte. Mitte kommenden Jahres sollen dann abschließende Ergebnisse vorliegen. Doch schon jetzt lässt sich sagen, dass eine künftige Strategie vor der Kernaufgabe stehen wird, die Kluft zu überbrücken zwischen der Notwendigkeit, in armen Ländern mehr Menschen Zugang zu Energie zu verschaffen, und den Auswirkungen mit Weltbankkrediten finanzierter Projekte auf Bevölkerung, Umwelt und Klima. Was den Kredit an Eskom betrifft, so bemängeln Kritiker, dass er an ein Projekt vergeben worden sei, dessen negativen Auswirkungen in der höchsten oder sogar allerhöchsten Stufe anzusiedeln sind.

Die USA haben im August erneut ihre generellen Bedenken bezüglich der starken Ausrichtung der Kreditvergabe der Weltbank auf mit herkömmlicher fossiler Energie betriebene Projekte zum Ausdruck gebracht. Der US-Senat legte der Weltbank in einer Gesetzesvorlage nahe, eine Strategie zu entwickeln, die einerseits verstärkt die erneuerbaren Energien fördert, zum anderen aber die Unterstützung traditioneller Projekte allmählich herunterfährt. Ausdrücklich hiervon ausgenommen sind Projekte, welche den Armen Zugang zu Energie verschaffen sollen.


Kritik in den USA

Im Einzelfall ist es allerdings schwierig zu ermitteln, ob dieses Kriterium erfüllt wird, wie das Beispiel Eskom zeigt. Kritiker verweisen auf Projekte, in denen Arme nicht nur keinen Zugang zu Energie erhielten, sondern noch unter den Auswirkungen der Projekte auf sie persönlich und ihre Umwelt litten. Es wird nun interessant sein zu sehen, ob der US-Kongress die von der Weltbank erbetene Kapitalerhöhung bewilligen wird. Denn die kritischen Stimmen in den USA mehren sich, die den Fokus auf die Energiefrage richten. Dabei wird nicht übersehen, dass die Weltbank durchaus auch die erneuerbaren Energien mit Krediten fördert - aber eben bislang nicht in ausreichendem Maße.

Fest steht, dass Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) eine entscheidende Rolle beim Thema Klimawandel spielen werden, indem sie armen Ländern Kredite für Projekte gewähren, die entweder einen weiteren Beitrag zur globalen Erwärmung leisten oder deren Auswirkungen begrenzen. Als es um Eskom ging, äußerten die USA die Hoffnung, es möge sich um den letzten Weltbankkredit dieser Art handeln. Nun richten sich die Blicke auf die Weltbank, die einer großen Verantwortung gerecht werden muss.(Ende/IPS/bs/2010)


Links:
http://www.bicusa.org
http://priceofoil.org/educate/resources/energy-for-the-poor
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=53138

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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2010