Universität Passau - 04.12.2018
Empathie bei Führungskräften: Zu viel Einfühlungsvermögen schadet in Krisensituationen
Empathie kann bei Vorstandsvorsitzenden zu absurden Entscheidungen führen - wie beispielsweise hohe Boni für diejenigen, die für die Krise verantwortlich sind. Das ist eine der Aussagen einer konzeptionellen Studie von Forschenden aus Passau und den USA, die in dem angesehenen Journal "Academy of Management Review" erschienen ist.
Empathie - darunter verstehen die Autoren und die Autorin der Studie eine Persönlichkeitseigenschaft, die zunächst einmal positiv besetzt ist. Sie beschreibt unter anderem die Fähigkeit, sich in andere Menschen einfühlen zu können.
"Es handelt sich um eine Eigenschaft, die Vorstandsvorsitzende haben sollten", erklärt Prof. Dr. Andreas König, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Strategisches Management, Innovation und Entrepreneurship an der Universität Passau. "Denn Empathie hilft in vielen Situationen, insbesondere auch in Krisen. Das Problem ist, dass sie auch Schaden anrichten kann."
Die Autoren und die Autorin nennen in der Studie unter anderem das Beispiel von Robert Benmosche, dem langjährigen Chef des US-Versicherers AIG, der in der Hochphase der Finanzkrise Boni in Millionen-Höhe an Personen auszahlte, die für die Misere verantwortlich waren. Befragt nach seinen Motiven nannte Benmosche sein Mitgefühl mit dieser Gruppe.
Die Forschenden stellen in ihrer Studie zum Einfluss von Empathie auf das Krisenmanagement von Führungskräften folgende Thesen auf:
- Je empathischer eine Führungskraft ist, desto besser gelingt es ihr, das verletzte Beziehungssystem nach einer Krise zu heilen - aber desto schwerer fällt es ihr, operativen Schaden zu beseitigen. Eine empathischere Führungskraft kann besser erkennen, wann die Belegschaft bereit ist, einen Neuanfang zu wagen. Allerdings bleibt dieser Führungskraft kaum Zeit, um operative Herausforderungen und technische Detailarbeit zu meistern.
"Die Kernbotschaft unserer Studie lautet: In vielen Aspekten beeinflusst Empathie das Krisenmanagement zunächst positiv. Doch es gibt einen Punkt, an dem das Verhältnis kippt. Empathie von Vorstandsvorsitzenden und effektives Krisenmanagement stehen also in einem umgekehrt U-förmigen Zusammenhang", erklärt der Passauer Innovationsforscher Prof. Dr. König. Die Studie ist unter dem Titel "A blessing and a curse: How CEOs' empathy affects their management of organizational crises" im Academy of Management Review erschienen, einer der international bedeutendensten wissenschaftlichen Zeitschriften zu betriebswirtschaftlichen Themen.
Originalpublikation:
https://journals.aom.org/doi/10.5465/amr.2017.0387
- Originalstudie "A blessing and a curse: How CEOs' empathy affects their
management of organizational crisis"
Weitere Informationen unter:
https://univideo.uni-passau.de/2018/11/prof-dr-andreas-koenig-ueber-empathie-bei-fuehrungskraeften-im-krisenmanagement
- Video zur Studie
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution79
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Passau, 04.12.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2018
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang