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INTERNATIONAL/013: Südafrika - Tor für die BRIC-Staaten - Afrikas ärmste Länder gehen leer aus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Februar 2011

Südafrika:
Tor für die BRIC-Staaten - Afrikas ärmste Länder gehen leer aus

Von Servaas van den Bosch


Windhuk, 1. Februar (IPS) - Südafrika hat sich den Zutritt zum Club der einflussreichsten Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China (BRIC) mit dem Argument verschafft, als Tor zum afrikanischen Markt dienen zu können. Doch für die afrikanischen Länder selbst, mit deren Potenzial der Kapstaat so erfolgreich werben konnte, wird sich der Übergang von BRIC zu BRICS nach Ansicht von Experten nur unwesentlich auszahlen.

Chinesisches Weihnachtsgeschenk oder südafrikanischer Sieg - die Einladung an Südafrika, sich im April dem illustren BRIC-Zirkel anzuschließen, hat sogar Zweifel geweckt, ob die Bezeichnung 'Schwellenland' für den Kapstaat überhaupt zutreffend ist. Mit einem nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 286 Milliarden US-Dollar ist das Land im Vergleich zu Brasilien und Indien mit jeweils zwei Billionen Dollar, Russland mit 1,6 Billionen und China mit 5,5 Billionen Dollar wohl eher ein Zwerg unter Riesen.

Auch in demographischer Hinsicht ist Südafrika mit einer Bevölkerung von 50 Millionen Menschen im Vergleich zu China und Indien, wo 1,3 Milliarden respektive 1,2 Milliarden Menschen leben, ein Leichtgewicht. Und was das Wirtschaftswachstum angeht, kann sich Südafrika mit mageren drei Prozent kaum mit der Volksrepublik messen, die ein Plus von 10,5 Prozent verzeichnet.


Mit den Nachbarn punkten

Und dennoch ist es Südafrika gelungen, sich als künftiger BRIC-Partner durchzusetzen. Den Ausschlag gegeben hat die Aussicht auf einen Zugang zum 250 Millionen Verbraucher großen Absatzmarkt, wie ihn die Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) bereithält. Der gesamte Kontinent wird den Prognosen zufolge in den kommenden 20 Jahren zwei Milliarden Menschen beherbergen.

"Der afrikanische Kontinent ist die nächste große Wirtschaftserfolgsgeschichte", zeigte sich Südafrikas Minister für Handel und Industrie, Rob Davies, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos überzeugt. "Wir (Südafrika) sind zwar ziemlich klein, doch wenn wir uns auf dem gesamten Kontinent umsehen, kommt schon einiges zusammen."

Die BRIC-Erweiterung reflektiert auch den geopolitischen Wunsch Chinas nach einem Ausbau seiner südlichen Achse. Zudem verleiht sie dem Ruf nach einer Reform multilateraler Institutionen wie dem UN-Sicherheitsrat, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank zugunsten der aufstrebenden Wirtschaftsmächte mehr Gewicht.

Stellt sich die Frage, ob BRICS auch den anderen afrikanischen Ländern zugute kommt, von denen die meisten der Gruppe der ärmsten Länder (LDC) angehören. Wenn ja, dann höchstens in einem äußerst kleinen Umfang, sind sich Handelsexperten einig, wenn nein dann zu Lasten der regionalen Integration.

"Die Region ist von der Vorstellung besessen, an die globale Wirtschaft anzudocken und ein neoliberales Freihandelsabkommen zu unterzeichnen", meint die südafrikanische Wirtschaftsfachfrau Michelle Pressend. "Das zeigt der lineare Kurs, den die SADC mit Blick auf die regionale Integration eingeschlagen hat. Die BRIC-Mitgliedschaft Südafrikas, die auf den Zugang zu den regionalen Märkten abhebt, macht dies deutlich."

Problem ist nur, dass die Volkswirtschaften der meisten SADC-Staaten auf dem Export eines Rohstoffs basierten. Die Industrie hingegen ist nur sehr schwach ausgebildet. "Südafrika glaubt an die Regeln des Freihandels wie die Lockerung von Zolltarifen und Kapitalkontrollen", unterstreicht Pressend. "Die BRIC-Staaten halten diese Regeln jedoch nicht zwingend ein und sind zunächst auf den Aufbau ihrer eigenen Volkswirtschaften fokussiert."


BRICS nutzt vor allem den BRIC

Die Expertin kommt zu dem Schluss, dass der Aufstieg Südafrikas in den illustren Club vor allem den Interessen der BRIC-Staaten dient. Dies wiederum könnte ihrer Ansicht nach dazu führen, dass die afrikanischen Länder, die erst noch eine industrielle Basis aufbauen müssen, am Ende in der Position der rohstoffexportabhängigen Länder verbleiben müssen.

Sanusha Naidu, wissenschaftliche Leiterin des Programms 'Afrikanische Schwellenländer' des Kommunikationsnetzwerks 'Fahamu', denkt ähnlich. "Die meisten Menschen nehmen einfach nicht zur Kenntnis, dass vor allem die Investoren aus den BRIC-Staaten von der strategischen Partnerschaft profitieren, die ihnen der Beitritt Südafrikas ermöglicht", warnt sie. "Diesen Investoren geht es nicht unbedingt darum, auf unserem Kontinent Geschäfte zu machen, geschweige denn die damit verbundenen Risiken zu tragen. Sich mit südafrikanischem Kapital zusammenzuschließen, könnte genau der Wirtschaftsimpuls sein, den sie anstreben."

Allianzen wie BRICS erleichtern den Zufluss südafrikanischen Kapitals nach Afrika, betont Naidu: "Sie sorgen dafür, dass sich der Fußabdruck südafrikanischer Unternehmen in der Region vergrößert." Auch machten es Partnerschaften mit BRIC-Investoren dem südafrikanischen Kapital leichter, die Region auszubeuten.

Eine solche Entwicklung werde die bereits existierenden diplomatischen Spannungen angesichts des südafrikanischen Hegemonialanspruchs in der Region weiter vertiefen", befürchtet die südafrikanische Handelsanalystin Dot Keet.

"Südafrika positioniert sich selbst als Tor nach Afrika und als Nation, die den Handel fördert. Die gesamte Region jedoch identifiziert sich nicht zwingend mit einer solchen Haltung", warnt Keet. "Die meisten Länder verfolgen derzeit jedoch eine duale Agenda: Einerseits wollen sie vom Einfluss Südafrikas profitieren, ihm andererseits jedoch entgegenwirken. Das führt häufig zu widersprüchlichen Handelsstrategien."


Südafrika als Führungsmacht nicht anerkannt

"Südafrika hat sich im Namen der 250 Millionen Verbraucher des SADC-Marktes bei den BRIC-Staaten ins Spiel gebracht. Doch viele der 53 afrikanischen Staaten betrachten das Land jedoch nicht als ihren Führer", gibt Siphamandla Zondi, Leiter des südafrikanischen Instituts für globalen Dialog, zu bedenken.

Er ist überzeugt, dass die Region bestenfalls marginal von BRICS profitieren wird. "Die Investitionen werden vielfältiger sein, und die BRICS-Länder werden den afrikanischen Kleinindustrien Absatzmärkte bereitstellen", räumt er ein. Auch könnten die afrikanischen Länder Touristen aus anderen Teilen der Welt anziehen. "Doch alles in allem werden die Vorteile für BRICS größer sein als für die afrikanischen Länder." (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2011