Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → WIRTSCHAFT

INTERNATIONAL/220: Afrika - US-Rohstofffirmen zu mehr Transparenz aufgefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. August 2014

Afrika: US-Rohstofffirmen zu mehr Transparenz aufgefordert - Dodd-Frank-Gesetz zeigt bisher kaum Wirkung

von Jim Lobe


Bild: © Tommy Trenchard/IPS

Diamantenschürfer in Sierra Leone
Bild: © Tommy Trenchard/IPS

Washington, 5. August (IPS) - Am Rande des US-Afrika-Gipfels in Washington haben Anti-Korruptionsaktivisten US-Präsident Barack Obama aufgefordert, Druck auf eine zentrale Behörde auszuüben, damit sie die lang erwarteten Neuregelungen für Erdöl-, Erdgas- und Bergbauunternehmen herausgibt. Die Firmen sollen sämtliche Zahlungen offenlegen, die sie in Ländern leisten, in denen sie arbeiten.

"Die Unternehmen müssen zur Rechenschaft gezogen werden können. Wir möchten Präsident Obama bitten, unsere Botschaft zu unterstützen", sagt Ali Idrissa, der nationale Koordinator der Organisation 'Publiez Ce Que Vous Payez' (Veröffentliche, was du zahlst - PWYP) in dem an Uran- und Eisenvorkommen reichen Staat Niger. "Wir müssen uns die gesamte Produktionskette der Rohstoffbranche anschauen, und wir müssen weiterhin Druck auf sie ausüben. Auf diese Weise können wir gegen Armut und Korruption ankämpfen."

Idrissa, der gemeinsam mit zahlreichen weiteren afrikanischen Aktivisten zu dem am 5. August begonnenen ersten USA-Afrika-Gipfel nach Washington gekommen ist, kam auf einem Forum zu Wort, das unter anderem von der 'Open Society Foundation' (OSF) sowie den Organisationen 'Global Witness', 'Human Rights Watch' und 'Oxfam America' finanziell unterstützt wurde. Diskutiert wurde über Bemühungen der Zivilgesellschaft, Regierungen und Unternehmen in Afrika zu mehr Transparenz anzuhalten.

Die Aktivisten sind in der US-Hauptstadt weit weniger zahlreich vertreten als die offiziellen Delegationen, von denen viele von einem Staatsoberhaupt angeführt werden. Zudem sind US-amerikanische und afrikanische Firmenchefs am Ort, um neue Geschäftsperspektiven zu erkunden. Immerhin kamen US-Vizepräsident Joe Biden und Außenminister John Kerry zu dem 'Civil Society Forum Global Town Hall' in der Nationalen Akademie der Wissenschaften.


Biden: Korruption hemmt Wirtschaftswachstum

"Die verbreitete Korruption ist ein Angriff auf die Würde Ihrer Bevölkerung und eine direkte Bedrohung für jedes Ihrer Länder", sagte Biden. "Sie hemmt das Wirtschaftswachstum, schreckt Investoren ab und zieht Rohstoffe ab, die dazu dienen sollten, die Menschen aus der Armut herauszubringen." Kerry betonte zudem die Bedeutung von "Transparenz und Überprüfbarkeit", nicht nur bei der Werbung um mehr Investitionen, sondern auch dabei, "einen wettbewerbsfähigeren Markt zu schaffen".

Doch die Aktivisten verlieren allmählich die Geduld angesichts der Bemühungen der Rohstoffkonzerne, die neuen Vorschriften zur Offenlegung zu umgehen, die Regulatoren der US-amerikanischen Wertpapier- und Börsenaufsicht (SEC) festgelegt haben.

Dabei geht es um Artikel 1504 des 2010 verabschiedeten Finanzindustriegesetzes ('Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act'), wonach alle an der US-Börse notierten Bergbau-, Erdöl-, und Erdgasunternehmen jedes Jahr die Zahlungen veröffentlichen müssen, die sie an die US-Regierung sowie an Staaten leisten, in denen sie tätig sind. Um vor allem die Entwicklungsländer südlich der Sahara vor einem Ausverkauf ihrer Rohstoffe zu schützen, müssen unter anderem Steuern, Lizenzgebühren und Boni veröffentlicht werden. Acht der zehn größten international tätigen Erdölkonzerne wären von diesen Regelungen betroffen. SEC ist demnach verpflichtet, Sonderregelungen zur Umsetzung des Gesetzes zu entwerfen.

Nach fast zweijährigen Konsultationen mit Unternehmen, Aktivisten und anderen interessierten Parteien hat SEC einen Entwurf erstellt, gegen den jedoch die im 'American Petroleum Institute' (API) zusammengeschlossene Erdöl- und Erdgas-Lobby unverzüglich vor Gericht zog. SEC hat daraufhin erklärt, bis März 2015 keine neuen Regelungen mehr zu erstellen. Die Anti-Korruptions-Aktivisten reagierten darauf enttäuscht.


EU unternimmt Anstrengungen für mehr Transparenz

In der Zwischenzeit hat die Europäische Union, deren Mitglieder sich seit jeher weit weniger gewillt als Washington zeigten, Gesetze gegen Bestechung und Korruption seitens ihrer im Ausland tätigen Firmen zu verabschieden, mit der Durchsetzung eigener strikter Offenlegungsmaßnahmen begonnen. Über den Energie- und Bergbausektor hinaus werden auch Holzunternehmen zur Rechenschaft aufgefordert.

"Bis zum Jahr 2000 waren Korruption und Bestechung durch europäische Firmen nicht nur legal, sondern auch von der Steuer absetzbar", sagte Mo Ibrahim, ein sudanesisch-britischer Telekommunikationsunternehmer und Aktivist, auf dem OSF-Forum. "Die USA, die einst Vorreiter bei der Korruptionsbekämpfung waren, hinken inzwischen hinterher."

Ähnliche Sorgen hatten die Vorsitzenden der nationalen PWYP-Sektionen bereits in einem offenen Brief an Obama zum Ausdruck gebracht. Die von OSF unterstützte Gruppe ist in Guinea, im Niger, in Tansania, der Demokratischen Republik Kongo, im Tschad, in Ghana und Nigeria aktiv. "Vor mehr als vier Jahren haben Sie den Dodd-Frank-Act unterzeichnet. Artikel 1504 verpflichtet alle in den USA notierten Rohstoffunternehmen zur Offenlegung ihrer Zahlungen", heißt es in dem Schreiben an die Adresse Obamas, das auch von den afrikanischen Vertretern des globalen PWYP-Steuerungskomitees unterzeichnet worden war.

"Das Gesetz wird wichtige Daten an die Öffentlichkeit bringen, die uns helfen können, unsere Regierungen zur Rechenschaft zu verpflichten. Bislang hat es allerdings noch keine Wirkung gezeigt."

Obama wurde aufgefordert, SEC zu einer raschen Veröffentlichung der Regelungen anzuhalten, die sich auf Artikel 1504 beziehen. Damit soll laut dem Schreiben sichergestellt werden, dass sie mit kürzlich von der EU beschlossenen Gesetzen sowie globalen Transparenz-Standards für die Bergbauindustrie im Einklang stehen. Es müsse mehr getan werden, um die multilateralen Steuerbestimmungen zu verschärfen.


Harmonisierung mit EU-Recht

Die SEC-Regulierungen mit EU-Recht zu harmonisieren, sei besonders wichtig, sagte Simon Taylor, Mitbegründer der in London ansässigen Organisation 'Global Witness' "Wenn SEC das nicht gelingt, werden wir künftig alles mit zweierlei Maß messen." Europäische Unternehmen könnten sich dann dazu entschließen, ihren Standort in die USA zu verlagern, wo die Vorschriften weniger streng seien.

API und andere Gegner von Artikel 1504 warnen davor, dass strengere Regeln US-Firmen bei Bieterverfahren für Schürf- oder Bohrrechte Nachteile bringen würden, insbesondere angesichts der im Laufe des letzten Jahrzehnts sprunghaft angestiegenen Handelsinvestitionen Chinas im afrikanischen Bergbausektor, die die Investitionen von US-Firmen bereits weit übersteigen.

Peking ist bisher nicht der vor zwölf Jahren gegründeten Initiative für Transparenz in der Bergbauindustrie (EITI) mit Sitz in Oslo beigetreten. Derzeit wird EITI von 44 Regierungen sowie von Bergbauunternehmen, zivilgesellschaftlichen Gruppen, internationalen Entwicklungsbanken und institutionellen Investoren unterstützt. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/08/africa-activists-urge-obama-to-act-on-extractive-industries-law/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 5. August 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. August 2014