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REDE/457: Brüderle zum Energiekonzept der Bundesregierung, 28.10.2010 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, zum Energiekonzept der Bundesregierung vor dem Deutschen Bundestag am 28. Oktober 2010 in Berlin:


Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!

Die Opposition macht zwar viel Wind; aber davon dreht sich in Deutschland noch kein einziges Windrad.

Mit unserem Energiekonzept ist das anders. Es bietet erstmals seit langem einen belastbaren Fahrplan für die Energieversorgung von morgen. Das haben Rot-Grün und all unsere Vorgängerregierungen nicht geschafft. Wir haben das geschafft. Ich möchte mich beim Kollegen Röttgen für die gute, sorgfältige Zusammenarbeit, die zu diesem Energiekonzept geführt hat, ausdrücklich bedanken.

Es geht dabei um den Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien, es geht um aktiven Klimaschutz, es geht um Versorgungssicherheit, und es geht um bezahlbare Energiepreise. Ein wesentlicher Aspekt ist der Ausbau der Netze. Ohne Netzausbau gibt es kein Zeitalter der erneuerbaren Energien.

Das wissen auch die Damen und Herren von der Opposition. Hier im Bundestag bekennen Sie sich dazu schön brav. Aber vor Ort haben das viele von Ihnen und Ihren politischen Freunden sehr schnell vergessen. Wenn es zum Beispiel um den Bau notwendiger Hochspannungsleitungen und Speicher geht, sind viele von Ihnen an vorderster Front bei den Blockierern dabei. Das ist unredlich, das ist unverantwortlich.

Wir werden in Deutschland circa 3.500 Kilometer neue Leitungen brauchen; das ist dreieinhalbmal die Strecke von Füssen nach Flensburg. Das betrifft den Bund, die Länder und die Kommunen. In Stuttgart und beim Berliner Flughafen sehen wir gerade, dass große Infrastrukturprojekte mit den Bürgern gemeinsam geplant und durchgeführt werden müssen. Ich rege daher einen nationalen Pakt für neue Netze an. Vorbild könnte der Ausbildungspakt sein. Ziel des Paktes soll es sein, die Bürger beim Netzausbau für das regenerative Zeitalter adäquat einzubeziehen. Die beim Bundeswirtschaftsministerium bereits bestehende Netzplattform könnte die Basis für einen Dialog der unterschiedlichen Beteiligten und für einen sinnvollen gemeinsamen Weg sein.

Für das im Kern marktwirtschaftliche Energiekonzept brauchen wir die Unternehmen. Wir brauchen Unternehmen, die moderne Kraftwerke bauen, die die Vernetzung der Windräder im Norden mit den Stromabnehmern im Süden zuverlässig umsetzen können und die die notwendigen Energie- und Kohlendioxidspeicher bauen. Auf die private Initiative dieser Unternehmen setzen wir. Das ist die richtige Balance zwischen Markt und Staat. Das ist soziale Marktwirtschaft. Auf die Stärken der sozialen Marktwirtschaft können wir vertrauen. Das zeigt auch das derzeitige Wachstumswunder in Deutschland.

Der Netzausbau ist aber nur ein Teil des Gesamtpakets. Zu dem Gesamtpaket gehört auch eine neue Energieaußenpolitik; denn nicht nur in Deutschland verändert sich die Energiepolitik. Von Afrika bis Asien wollen Staaten die erneuerbaren Energien ausbauen. Viele Staaten, zum Beispiel Russland, wollen ihre Energieeffizienz erhöhen. Mit der Russisch-Deutschen Energie-Agentur, rudea, kommen wir gut voran. Wir wollen neue Exportchancen frühzeitig nutzen. Wir werden das mit der Exportinitiative Erneuerbare Energien, mit der Exportinitiative Energieeffizienz und mit den allgemeinen Instrumentarien der Außenwirtschaftspolitik, zum Beispiel den Hermesbürgschaften, aktiv flankieren.

Klar ist, dass der Klimawandel mit nationalen Alleingängen nicht aufzuhalten ist. Alle müssen ihren Beitrag leisten. Aber nicht nur beim Klimaschutz brauchen wir starke Partner in der Welt. Bis auf Weiteres bleiben wir auf den Import fossiler Energieträger wie Öl und Gas angewiesen. Deshalb arbeiten wir eng mit einigen Partnerländern zusammen. Es gibt nicht nur die Modernisierungspartnerschaft mit Russland, sondern wir haben auch Energiepartnerschaften mit Katar, Nigeria und der Türkei auf den Weg gebracht. Das schafft eine verlässliche Grundlage für die deutsche Industrie, für die deutsche gewerbliche Wirtschaft. Es hilft auch den Partnerländern bei ihrer Entwicklung und trägt dazu bei, die Lieferrisiken zu streuen.

Mit dem Energiekonzept ebnen wir den Weg in das Zeitalter der regenerativen Energien. Als Leitkonzept kann es Nachahmer in Europa und weltweit finden. Wir sollten uns jetzt auf die Umsetzung konzentrieren und nicht erneut die Debatten von gestern und vorgestern führen.

Herr Kollege Kelber, selbst Sie haben in der grün-roten Zeit gesehen, wie wichtig bezahlbare Energiepreise sind. Sonst hätten Sie bei der Ökosteuer nicht die Ausgleichsmaßnahmen für energieintensive Unternehmen eingeführt, deren Umfang wir jetzt gegen Ihre Proteste vor Ort teilweise reduzieren. Wichtig für die Erhaltung der Arbeitsplätze in Deutschland ist also, dass wir eine sichere und bezahlbare Energieversorgung haben.

Richtig ist auch, dass wir die Netze brauchen, damit der Ausbau der regenerativen Energien sinnvollerweise erfolgen kann. Wir befinden uns in einer Situation negativer Strompreise. Strom ist nicht nur nicht kostenlos, sondern aufgrund des Einspeisungsvorrangs und der Festpreisgarantie erleben wir sogar noch Zahlungen von Anbietern, damit andere nicht marktregulierte und marktorientierte Produktionsmengen aus den Netzen abnehmen.

Es macht Sinn, dies in einem ganzheitlichen Ansatz anzugehen. Es ist unredlich, vor Ort zu sagen: Ja, wir machen das am liebsten offshore und nicht in der Nähe. - Es ist ein neuer Trend, draußen auf dem Meer tätig zu werden, wo man weit weg ist. Sie müssen das aber ganzheitlich sehen. Die Gleichen, die die Umsteuerung wollen - ich gehöre dazu -, müssen dann auch stehen, wenn es darum geht, die Netze auszubauen. Es sind doch Ihre Freunde, die nicht stehen, sondern das Gegenteil von Umsteuerung in Deutschland tun. Davon können Sie nicht ablenken. Sie sollten draußen dazu stehen und nicht auf Nebenpunkte ausweichen. Dann würden wir gemeinsam etwas erreichen.

Die Gutachten wurden seriös aufgelegt und im Ausschuss mehrfach diskutiert. Sie versuchen immer wieder, eine Schieflage zu konstruieren, weil Sie vor dem Kern und dem Stehen vor Ort zurückweichen.


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Quelle:
Bulletin Nr. 108-1 vom 28.10.2010
Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie,
Rainer Brüderle, zum Energiekonzept der Bundesregierung vor dem
Deutschen Bundestag am 28. Oktober 2010 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2010