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ROHSTOFFE/078: Chile - Regierung warnt vor Abzug von Bergbauinvestoren, Sorge unbegründet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. April 2013

Chile: Regierung warnt vor Abzug von Bergbauinvestoren - Sorge unbegründet

von Marianela Jarroud und Milagros Salazar


Bild: © Marianela Jarroud/IPS

El-Teniente-Kupfermine in Chile
Bild: © Marianela Jarroud/IPS

Santiago de Chile und Lima, 3. April (IPS) - Die Regierung Chiles hat davor gewarnt, dass Bergbauunternehmen ihr Kapital aus dem südamerikanischen Land abziehen und ins Nachbarland Peru abwandern könnten. Grund seien anhängige Gerichtsprozesse, derentwegen viele aktuelle Projekte in dem Sektor auf Eis liegen.

Peru und Chile sind unter den Top Ten der weltweiten Investitionen für die Förderung von nichteisenhaltigen Metallen, wie es in einem diesjährigen Bericht der 'Metal Economics Group' heißt. Demzufolge liegt Chile auf Platz fünf und Peru auf Platz sechs. Lateinamerika führt die Liste der Empfänger-Regionen für derartige Investitionen an: 25 Prozent der Gelder, die in den Sektor fließen, gehen nach Lateinamerika.

Chile ist der weltgrößte Kupferproduzent und hält die größten Reserven des Metalls. Die meisten Investitionen werden im Norden des Landes, nahe der Grenze zu Peru, Bolivien und Argentinien, getätigt. 80 Prozent der Elektrizität, die in der Gegend verbraucht wird, geht auf das Konto der Bergbauaktivitäten.

Doch in letzter Zeit liegen viele Baustellen für neue Projekte brach, andere Vorhaben werden erst gar nicht gestartet. Ein Beispiel ist das Projekt 'Castilla' der Firma MPX des brasilianischen Multimillionärs Eike Batista und des deutschen Energieriesen Eon. Im September stoppte der Oberste Gerichtshof von Chile das geplante Mammut-Kohlekraftwerk, weil die Bewohner des betroffenen Dorfes El Totoral in der Atacamawüste Klage eingereicht hatten.

Sechs Monate nach der Entscheidung gegen Castilla erklärte Batista schließlich, dass seine Firma MMX ein Projekt zur Aufsuchung von Eisen in Chile aufgeben werde. Zur Begründung hieß es, die Kosten für die Energieversorgung lägen über den Investitionskosten, weshalb das Vorhaben sich als "weniger attraktiv" herausgestellt habe.

Chiles Wirtschaftsminister Pablo Longueira bezeichnete die Entscheidung als "schmerzhaft". Die chilenische Bevölkerung müsse sich klar machen, dass Peru für Auslandsinvestitionen von Bergbauunternehmen zunehmend attraktiver werde.


Bangemacherei

Lucio Cuenca, Direktor des Lateinamerikanischen Observatoriums für Umweltkonflikte (OLCA), hält die Warnung des Ministers für Bangemacherei, für die es keinen Anlass gebe. "Chile hat attraktive institutionelle Rahmenbedingungen für die Bergbauindustrie und bleibt vorerst der international beliebteste Zielort für Investitionen aus dem Bergbau-Sektor", versicherte er. "Von den 320 Milliarden US-Dollar, die von 2013 bis 2020 in Bergbauprojekte in Lateinamerika fließen sollen, sind ein Drittel für Aktivitäten in Chile vorgesehen", sagt Cuenca, der sich damit auf Schätzungen der Industrie selbst bezieht.

Auch in Peru sei das Klima nicht besonders investitionsfreundlich, so der Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige chilenische Energieminister Jorge Rodríguez Grossi. Das liege vor allem an den Protesten von Seiten der indigenen Bevölkerung gegen Bergbauprojekte.

Die ehemalige Generaldirektorin für den Bergbau in Chile, Marita Chappius, pflichtet ihm bei. "In Peru sind es soziale Proteste, die sich gegen den Bergbau wehren. In Chile allerdings lassen sich die Probleme leichter lösen, da sie einzig technischer Art sind", so die Beraterin für den Bergbausektor gegenüber IPS.

In Peru habe es bisher keine Gerichtsurteile gegeben, die dazu geführt haben, dass Bergbauprojekte auf Eis gelegt wurden. Die sozialen Proteste allerdings haben dies sehr wohl erreicht. Chappius nannte gegenüber IPS als Beispiel die Goldmine Conga, die das Unternehmen Yanacocha in der nordperuanischen Region Cajamarca geplant hatte. "Das Projekt sollte 4,8 Milliarden US-Dollar kosten. Dass soziale Proteste ein so großes Projekt stilllegen, hat es nie zuvor gegeben."

Für Cuenca ist das erst der Anfang. "Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen trägt dazu bei, dass sich die Wirtschaftskraft immer weiter auf wenige Unternehmen konzentriert. Was zählt, ist die wirtschaftliche Rentabilität von Projekten, und Auslandsinvestitionen werden immer wichtiger." Diese Projekte allerdings bringen viele Probleme mit sich, und darunter leidet die lokale Bevölkerung. "Solange das so ist, wird es auch Widerstand geben." (Ende/IPS/jt/2013)


Links:

http://www.metalseconomics.com/sites/default/files/uploads/PDFs/meg_wetbrochure2013.pdf
http://www.mmx.com.br
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102582

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IPS-Tagesdienst vom 3. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2013