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TELEKOMMUNIKATION/729: Impulsstudie zu Aspekten der Netzneutralität veröffentlicht (BMWi)


Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie - Berlin, 29. November 2012

Impulsstudie zu wettbewerbs- und medienrechtlichen Aspekten von Netzneutralität veröffentlicht



Unter dem Stichwort "Netzneutralität" wird in Öffentlichkeit und Politik derzeit intensiv diskutiert, welchen Anforderungen die Datenübertragung über Telekommunikationsnetze künftig genügen muss, insbesondere ob, und falls ja in welchem Umfang, zwischen Daten differenziert werden darf. Die Netzneutralitätsdebatte betrifft verschiedene - allerdings eng miteinander zusammenhängende - Aspekte: Aus technischer Sicht steht die Frage im Raum, welche Formen des Datenverkehrsmanagements möglich und erforderlich sind, um den allgemein erwarteten Anstieg des Datenvolumens in Telekommunikationsnetzen insbesondere in möglichen Kapazitätsengpasssituationen bewältigen zu können. Aufgrund der in den letzten Jahrzehnten sprunghaft gestiegenen Bedeutung der Telekommunikation und insbesondere des Internets für Wirtschaft, Gesellschaft und Staat stehen jedoch auch und gerade die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die bestehenden Markt- und Nutzungsstrukturen sowie Freiheitsrechte im Fokus der öffentlichen Diskussion.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat daher den Fachdialog Netzneutralität ins Leben gerufen, der durch wissenschaftliche Studien begleitet wird. Sie bilden die Grundlage für den Fachdialog, in dem die jeweiligen Brennpunktthemen in Workshops diskutiert und Handlungsempfehlungen für die Arbeit der Bundesregierung erarbeitet werden sollen.

Die erste Impulsstudie, die den Auftakt der Studienreihe darstellt, adressiert den rechtlichen und ökonomischen Rahmen, innerhalb dessen die politische Abwägungsentscheidung zur Netzneutralität zu treffen ist. Hierzu erfolgt nicht nur eine begriffliche Einordnung der Netzneutralitätsdebatte aus ökonomischer und juristischer Sicht, sondern es wurde auch untersucht, ob das Recht einen staatlichen Handlungsbedarf begründet, ob es also einen Handlungsauftrag zur rechtlichen Sicherstellung einer neutralen Datenübertragung im Internet oder jedenfalls zum Schutz vor sachlich ungerechtfertigter Diskriminierung enthält. Ebenso wird erörtert, ob sich aus dem Unions- und Verfassungsrecht Schranken für die Zulässigkeit der Einführung rechtlicher Neutralitätsregelungen und damit für die staatlichen Handlungsoptionen ergeben. Schließlich beschäftigt sich die Studie mit den ökonomischen Implikationen unterschiedlicher Netzneutralitätsregelungen und der Frage, ob sie einen staatlichen Handlungsbedarf hervorrufen.

Die nun veröffentlichte zweite Impulsstudie beschäftigt sich im ersten Teil mit dem wettbewerbsrechtlichen Rahmen für die Datenübertragung in Telekommunikationsnetzen. Europäische Union und Bundesregierung haben sich auf das Ziel eines offenen Internets verpflichtet, in dem Endnutzer nach ihrer Wahl Zugang zu Inhalten und Diensten haben sollen. Das Ziel soll primär im Wettbewerb realisiert werden. Der Wettbewerb auf den Endkundenmärkten für Breitbandinternetzugang ist daher von wesentlicher Bedeutung für den Erhalt eines offenen Internets. Er wird durch das Wettbewerbsrecht geschützt und durch die im TKG ausgestalteten Wechselmöglichkeiten der Endkunden, die Transparenzregelungen sowie die Möglichkeiten der Bundesregierung bzw. der Bundesnetzagentur zur Festlegung von Mindestqualitätsstandards und spezifischen Nichtdiskriminierungsregeln gestärkt. Insgesamt stellen Wettbewerbs- und Telekommunikationsrecht daher ein derzeit ausreichendes Instrumentarium zum Schutz eines offenen Internets zur Verfügung. Im zweiten Teil der Studie wird der medienrechtliche Rahmen für die Übertragung von durch die Rundfunkfreiheit des Artikel 5 Grundgesetz geschützten Inhalten untersucht. Auch ihre Verfügbarkeit ist zunächst einmal im Wettbewerb zu gewährleisten. Da das Bundesverfassungsgericht allerdings insbesondere für den öffentlich- rechtlichen Rundfunk in ständiger Rechtsprechung einen besonderen staatlichen Schutzauftrag bejaht, ist im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Rundfunkangeboten in besonderer Weise die weitere Marktentwicklung zu beobachten. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass derzeit keine besonderen Schutzvorkehrungen zugunsten der Verfügbarkeit von Rundfunkangeboten erforderlich sind, dass aber, sofern künftig Fehlentwicklungen absehbar werden sollten, der Gesetzgeber zur Etablierung einer rundfunkspezifischen Regelung veranlasst sein könnte. Von herausragender Bedeutung wäre in diesem Fall, dass Bund und Länder gemeinsam ein abgestimmtes rundfunk- und telekommunikationsrechtliches Vorgehen wählen, um die positive Entwicklung und die Vielfalt der Internetangebote nicht zu gefährden.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veranstaltete am 27. November 2012 einen dritten Workshop. Der "3. Fachdialog Netzneutralität" sollte den Blick auf europäische und internationale Fragestellungen des Themas richten. So haben die Europäische Kommission und das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) erste Untersuchungen und Anhörungen durchgeführt, deren Ergebnisse präsentiert und diskutiert wurden. Auch auf internationaler Ebene wurde im Vorfeld der im Dezember 2012 stattfindenden World Conference on International Telecommunications (WCIT-12) der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) über Zahlungsströme in Telekommunikationsnetzen der nächsten Generation sowie über Netzneutralität diskutiert.

Die Einladung zur Fachdiskussion richtete sich in erster Linie an Experten, insbesondere aus Unternehmen der IKT-und der Medienbranche sowie aus Verwaltung und Politik.

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Quelle:
BMWi-Pressemitteilung vom 29. November 2012
Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Pressestelle des BMWi
Telefon: 03018-615-6121 oder -6131
E-Mail: pressestelle@bmwi.bund.de
Internet: http://www.bmwi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2012