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TELEKOMMUNIKATION/829: Ländliche Räume brauchen hochleistungsfähige digitale Infrastrukturen (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 14. September 2017

Ländliche Räume brauchen hochleistungsfähige digitale Infrastrukturen

Verbändeallianz fordert flächendeckende Glasfaserversorgung


Ohne schnelles Internet wird der ländliche Raum als Wirtschafts-, Arbeits- und Wohnstandort immer unattraktiver. So heißt es beim Deutschen Bauernverband (DBV), der gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), dem Deutschen Landkreistag (DLT) und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in einem Verbändeaufruf fordert, dass die Bundesregierung bereits im Koalitionsvertrag eine flächendeckende Versorgung mit hochleistungsfähigen digitalen Infrastrukturen fest verankert. Dazu gehöre, wie der DBV verdeutlicht, nicht nur die Anbindung aller Gebäude an Glasfaseranschlüsse, sondern auch die mobile Anbindung im 5G-Standard. Für den gesetzlich verankerten Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land sei dies eine wesentliche Voraussetzung, konstatiert der DBV.


Der Verbändeaufruf im Wortlaut

Digitale Infrastrukturen für ländliche Räume
Verbändeaufruf von DBV, DIHK, DLT und ZDH zur flächendeckenden Glasfaserversorgung
13. September 2017

Deutscher Bauernverband (DBV), Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Deutscher Landkreistag (DLT) und Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie schon im Koalitionsvertrag eine flächendeckende Versorgung mit hochleistungsfähigen digitalen Infrastrukturen fest verankert. Dazu gehört auch ein Masterplan mit Angaben, in welchen Schritten die Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird. Neben der Anbindung aller Gebäude mit Glasfaseranschlüssen muss auch die mobile Anbindung im 5G-Standard in enger Verzahnung mit der Glasfaserinfrastruktur - vor allem auf dem Land - sichergestellt werden. Sie ist wichtig, um die weiten Entfernungen als Standortnachteil ländlicher Räume zu überbrücken und die Attraktivität ländlicher Räume als Wirtschafts-, Arbeits- und Wohnstandort sicherzustellen.


CHANCEN DER VERSORGUNG LÄNDLICHER RÄUME MIT SCHNELLEM INTERNET

Die Digitalisierung ist eine globale Entwicklung mit Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Auch und gerade für die ländlichen Räume birgt diese Entwicklung viele Chancen und kann zur Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse ganz wesentlich beitragen. Demografische Veränderungen werden durch digitale Instrumente wirksam aufgefangen, in jedem Fall aber abgemildert und attraktive Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensbedingungen nachhaltig gewährleistet. Voraussetzung dafür sind flächendeckend leistungsfähige digitale Infrastrukturen. Sie werden in ländlichen Räumen mindestens in gleicher Weise benötigt wie in Ballungsräumen.


- Chancen für Industrie, Handwerk und Gewerbe

Unternehmen, die die Chancen der Digitalisierung umfassend nutzen, profitieren nicht nur von neuen Produktions- und Vermarktungsmöglichkeiten. Sie können auch neue digitale Geschäftsmodelle aufsetzen und einen weitergehenden Kundenservice leisten. Digitalisierung bietet zudem die Möglichkeit, Dienstleistungen von Standorten in den ländlichen Räumen verstärkt Kunden in Ballungsräumen anzubieten. Neue Produktionsverfahren ermöglichen die Herstellung individualisierter Produkte zu Kosten der Großproduktion. Dadurch können gewerbliche Standorte in den ländlichen Räumen erhalten bzw. wieder zurückgeholt werden.


- Chancen für die Landwirtschaft

Die Digitalisierung landwirtschaftlicher Produktionsprozesse ist ein chancenträchtiger Megatrend mit großem Anwendungspotenzial für eine ressourcen- und klimaschonende Landbewirtschaftung und für Tierwohl fördernde Haltungsverfahren, wenn zum Bespiel Sensortechnik zu einer bedarfsgerechteren Versorgung der Pflanzen mit Nährstoffen oder zu einer weiteren Optimierung des Wohlbefindens und der Gesundheit der Tiere führt. Um das vielfältige Potenzial zur Digitalisierung in der Landwirtschaft jedoch umfassend nutzen zu können, ist flächendeckend schnelles Internet - nicht nur per Glasfaser, sondern auch mit 5G-Technologien in der Fläche - eine notwendige Voraussetzung. Hochgeschwindigkeitsnetze sind in der Landwirtschaft vor allem in den vielen und zunehmenden Anwendungsfällen erforderlich, wo Maschinen mit Maschinen kommunizieren. Autonome mobile Arbeitsmaschinen, Roboterschwärme und Agrardrohnen sind in diesem Zusammenhang längst keine Zukunftsmusik mehr.


- Voraussetzung für attraktive Arbeits- und
Lebensbedingungen

Die Attraktivität ländlicher Räume hängt mehr denn je von einer guten Internet-Versorgung ab. Immer mehr Menschen machen ihre Arbeits-, Wohn- und Bleibeperspektiven von ausreichend schneller Internetverfügbarkeit abhängig. Der Erfolg der Unternehmen in ländlichen Räumen wiederum ist eng mit den Arbeits- und Lebensverhältnissen ihrer Fachkräfte und Mitarbeiter verknüpft. Wie in urbanen Räumen muss daher auch in ländlichen Gebieten der uneingeschränkte Zugang zu digitalen Produkten, Dienstleistungen und Informationen sichergestellt werden. Dadurch können digitale schulische und außerschulische Aus- und Weiterbildungsangebote ebenso genutzt werden wie Angebote der öffentlichen Verwaltung.


- Antwort auf demografische Herausforderungen

Die Digitalisierung kann wesentlich dazu beitragen, Belastungen aus der demografischen Entwicklung abzumildern. Insbesondere die Versorgung älterer Menschen in ländlichen Regionen wird zu einer immer größeren Herausforderung. Ihre gesellschaftliche Teilhabe kann durch vernetzte Dienstleistungen und digitale Techniken (z.B. digitales Einkaufen, intelligente Haustechnik) sowie im Gesundheitsbereich verbessert werden. Auch werden ältere Menschen damit in die Lage versetzt, länger selbstständig zu wohnen.


FLÄCHENDECKENDE GLASFASER- UND 5G-INFRASTRUKTUR ALS ZIEL

Die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und insbesondere seiner ländlichen Räume hängt von der flächendeckenden Verfügbarkeit leistungsfähiger digitaler Infrastrukturen ab. In Gebieten, die aufgrund ihrer dichteren Besiedlung von privaten Netzbetreibern versorgt werden, kann sich das Hauptaugenmerk staatlicher Vorsorge auf die Sicherstellung investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen beschränken. In Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte und/oder in peripherer Lage dagegen sorgt der Wettbewerb alleine auf absehbare Zeit häufig jedoch nicht für den erforderlichen Netzausbau - er rechnet sich für private Unternehmen zumindest kurzfristig nicht. Deshalb ist dort ein weitergehendes Engagement der öffentlichen Hand erforderlich, um in den nächsten Jahren schnelles Internet (Gigabit, Echtzeit weniger als 1 Millisekunde, störungsfrei und "sicher") in der Fläche sicherstellen zu helfen.

Dies ist auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht notwendig, kommt vielen Gebieten doch trotz ihrer geringeren Bevölkerungsdichte eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung zu: Hochentwickelte Landwirtschaft, überregional agierendes spezialisiertes Handwerk und industrielle "Hidden Champions" haben hier ihre Standorte. Um diese Wirtschaftsstruktur zu sichern und weiterzuentwickeln, sollten auch neue Wege der Infrastrukturerschließung (technisch, organisatorisch, prozessual, rechtlich etc.) umgesetzt werden. Die Instrumente sollten im Rahmen eines Masterplanes sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, um einen nachhaltigen und zügigen Netzausbau sicherzustellen.

Zu diesen neuen Instrumenten können ggf. auch Lizenzmodelle gehören. Dabei würden Unternehmen auf der Grundlage eines fairen und diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens für einen begrenzten Zeitraum das exklusive Recht und die Pflicht erhalten, eine flächendeckende Glasfaser-Infrastruktur zu errichten und zu betreiben. Dieser muss im Wege des Open Access allen Diensteanbietern offenstehen. Mit einer solchen Herangehensweise könnte sich kommunales und privates Engagement ergänzen und einen wesentlichen Beitrag zu einem nachhaltigen Netzausbau leisten.

Gleichzeitig sollte im Rahmen des geforderten Masterplanes auch der flächendeckende Ausbau hochleistungsfähiger Mobilfunknetze (5G) geplant und vorangetrieben werden. 5G-Netze sind unabdingbar für künftige gewerbliche und mobile Anwendungen - in Handwerk, Handel, Industrie, Dienstleistungen sowie Land- und Forstwirtschaft. Der flächendeckende Ausbau künftiger 5G-Netze setzt eine Vervielfachung der Mobilfunkstandorte voraus, die mit Glasfasern angebunden sein müssen, um die erwarteten hohen Übertragungsraten und andere Qualitätsparameter garantieren zu können. Flächendeckende Glasfaser-Infrastrukturen bieten für den Ausbau der neuen Generation des Mobilfunknetzes ein erhebliches Synergiepotenzial. Dort, wo dieses Synergiepotenzial nicht ausreicht, um eine flächendeckende hinreichende Internetversorgung zu bewerkstelligen, besteht zusätzlicher infrastruktureller Handlungsbedarf. Das gilt insbesondere mit Blick auf land- und forstwirtschaftliche Flächen sowie entlang der Kreis-, Land- und Bundesstraßen.

Es gilt, die Potenziale der Digitalisierung in der Fläche voll zu nutzen. Mit einer hochwertigen digitalen Infrastruktur können ländliche Gebiete zu "Smart Regions" werden und ihre Attraktivität sicherstellen. Sie können damit dem Trend zu einer immer stärkeren räumlichen Konzentration von Siedlungen und Wirtschaftsbetrieben entgegenwirken und den Wohlstand für die gesamte Gesellschaft sichern helfen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 14. September 2017
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
Claire-Waldoff-Straße 7
10117 Berlin
Tel.: 030 / 31 904 407
Fax: 030 / 31 904 431
Mail: presse@bauernverband.net
Internet: www.bauernverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2017

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