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UNTERNEHMEN/2841: Rheinmetall-Hauptversammlung - Konzern setzt weiter auf Lieferungen in Kriegsgebiete (urgewald)


urgewald - Pressemitteilung vom 18. Mai 2020

Rheinmetall-Hauptversammlung: Kritik an todbringenden Geschäften erschwert

- Konzern setzt weiter auf Lieferungen in Kriegsgebiete
- Brief an Investoren fordert Abzug von Investitionen aus Rheinmetall
- Kritik am Geschäftsmodell durch virtuelle Hauptversammlung stark erschwert


Berlin, Düsseldorf - Einen Tag vor der Hauptversammlung des größten deutschen Rüstungskonzerns machen urgewald und der Dachverband der Kritischen Aktionär*innen auf die Bemühungen des Konzerns aufmerksam wieder verstärkt Kriegsgebiete mit Munition zu beliefern.

So besteht aktuell, trotz der Corona-Einschränkungen, ein Schlupfloch für Lieferungen an die Türkei. Anfang Mai ist von der südafrikanischen Rheinmetall-Tochter Rheinmetall Denel Munition sechs Mal Munition per Flugzeug an die türkische Armee geliefert worden, die auch bei den türkischen Kriegshandlungen in Syrien und Lybien zum Einsatz kommen könnte. [1]

Zudem wurde Mitte Mai der Exportstopp von Südafrika aus nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate aufgehoben, worauf Rheinmetall hingewirkt hatte. Dies macht Munitionslieferungen der südafrikanischen Rheinmetall-Tochter an die beiden Kriegsparteien im Jemenkrieg wieder möglich.

Barbara Happe, Rüstungs-Campaignerin bei urgewald, sagt: "Rheinmetall verfolgt weiter seine unverantwortliche Strategie, auch mit kriegführenden Staaten und Despoten Geschäfte zu machen. Die Lieferung von Atemschutzmasken durch den Konzern im Zuge der Corona-Krise kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er mitverantwortlich ist für die Zerstörung der gesundheitlichen Infrastruktur in Kriegsgebieten wie dem bettelarmen Jemen."

Brief an Rheinmetall-Investor Norwegischer Pensionsfonds

Gegen solche Lieferungen gehen auch verschiedene NGOs mit einer aktuellen Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vor. Sie werfen den Vorständen von acht Rüstungskonzernen, darunter Rheinmetall, Beihilfe zu Kriegsverbrechen vor. [2]

Am Freitag haben die italienische Banken-Stiftung Fondazione Finanza Etica und die deutsche Bank für Kirche und Caritas einen Brief an den Ethikrat des Norwegischen Pensionsfonds geschickt, der von diversen ethisch ausgerichteten Banken und Nichtregierungsorganisationen, darunter urgewald, Dachverband der Kritischen Aktionär*innen, ECCHR und Greenpeace, mitgezeichnet wurde. Im Brief fordern die Initiatorinnen die Rheinmetall-Investitionen auf den Prüfstand zu stellen beziehungsweise abzustoßen. Aktuell ist der Norwegische Pensionsfonds mit 114 Mio. Euro einer der größten Investoren von Rheinmetall. [3]

"Seit Jahren fordern wir Investoren zu einem Divestment aus Rheinmetall auf", kommentiert Happe. "Gerade der Norwegische Pensionsfonds sollte seine eigenen Ethikregeln ernstnehmen und nicht länger in ein Unternehmen investieren, das Waffen herstellt, die durch ihren Einsatz gegen grundlegende humanitäre Prinzipien verstoßen".

Neben dem Norwegischen Pensionsfonds sind zahlreiche deutsche Investoren noch in Rheinmetall investiert, allen voran der Fondsanbieter der Sparkassen-Gruppe, Deka Investment, mit 47 Mio. Euro, Allianz Global Investors mit 22,8 Mio. Euro und eine Tochter der Deutschen Bank mit 7,6 Mio. Euro.

Kritik an Hauptversammlungs-Einschränkungen

Wegen der aktuellen Corona-Sonderregeln bleiben die öffentlichen Protestmöglichkeiten gegen den Konzern zu seiner Hauptversammlung in diesem Jahr begrenzt.

Tilman Massa vom Dachverband der Kritischen Aktionär*innen kommentiert: "Konzernkritik wird durch virtuelle Hauptversammlungen und die aktuellen Einschränkungen, vor allem bei den Fragerechten für Aktionär*innen, stark beschnitten. Konzerne erhalten dadurch große Spielräume für die Auswahl und Beantwortung von Aktionärsfragen. Gerade Konzernen wie Rheinmetall, die so stark in der öffentlichen Kritik stehen, kommt das sehr zupass." [4]

Der Dachverband hat bereits einen Fragenkatalog bei Rheinmetall eingereicht. [5] "Wir sind sehr gespannt, wie umfangreich das Management auf unsere Fragen antwortet", sagt Massa.


Kleinere Protestaktionen finden am Tag der Hauptversammlung trotzdem statt.

Ab 9.00 Uhr findet vor der Rheinmetall-Zentrale in Düsseldorf eine Mahnwache statt unter dem Motto: "Rheinmetall entrüsten! Keine Munitionslieferungen an die Kriegsherren in Syrien, Libyen und dem Jemen!". Details unter:
https://rheinmetall-hauptversammlung.org/rheinmetall-entruesten-verbot-aller-ruestungsexporte/

Um 17.00 Uhr startet am Potsdamer Platz in Berlin eine antimilitaristische Fahrrad-Demo zu verschiedenen Orten von Kriegsprofiteuren und Kriegspolitik. Details unter:
https://rheinmetall-hauptversammlung.org/hauptversammlung/aufrufe/


Anmerkungen:
[1] http://www.bits.de/public/unv_a/original-040520.htm
[2] https://www.ecchr.eu/nc/pressemitteilung/5-jahre-jemen-krieg-die-mitverantwortung-europaeischer-unternehmen/
[3] https://urgewald.org/downloads/joint-investor-letter-norwegian-government-pension-fund-rheinmetall
[4] https://urgewald.org/medien/neue-regeln-fuer-hauptversammlungen-darf-kein-rosinenpicken-geben
[5] https://www.kritischeaktionaere.de/rheinmetall/ruestungsexporte-und-menschenrechtliche-sorgfalt-unsere-fragen-an-den-vorstand/

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Quelle:
Pressemitteilung vom 18. Mai 2020
Herausgeber: urgewald e.V.
Hauptgeschäftsstelle:
Von-Galen-Straße 4, 48336 Sassenberg
Telefon: 02583/1031, Fax: 02583/4220
Internet: www.urgewald.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2020

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