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ARBEITSRECHT/078: Entgeltfortzahlung nach Hormonbehandlung (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 13. Februar 2009

Rubrik: Beruf/Recht/Urteile

Entgeltfortzahlung nach Hormonbehandlung


Frankfurt a. M./Berlin (DAV). Wer aufgrund einer Hormonbehandlung wegen Unfruchtbarkeit erkrankt, erhält weiter sein Gehalt. Dies folgt aus einem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgericht vom 26. November 2008 (AZ: 6/18 Sa 740/08), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Der Arbeitgeber hatte rund 2.600 Euro netto Entgeltfortzahlung für vier Krankheitszeiträume an eine Mitarbeiterin gezahlt. Die Erkrankungen waren auf eine Hormonbehandlung zurückzuführen, der sich die Mitarbeiterin zur Behebung ihrer Unfruchtbarkeit unterzogen hatte. Nachdem der Arbeitgeber dies von der Krankenkasse erfahren hatte, verlangte er das Geld zurück. Er vertrat die Ansicht, die Entgeltfortzahlung nicht zu schulden, weil die Hormonbehandlung freiwillig durchgeführt worden und nicht zur Gesundung einer etwaigen Krankheit erfolgt sei. Die Behandlung habe lediglich der Verwirklichung des persönlichen Kinderwunsches der Mitarbeiterin gedient, so dass sie letztlich die Schuld an der Arbeitsunfähigkeit treffe.

Der Arbeitgeber hatte keinen Erfolg. Ein Arbeitnehmer habe einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit an seiner Arbeitsleistung gehindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Eine von der Arbeitnehmerin verschuldete Arbeitsunfähigkeit verneinten die Richter.

Die Beschäftigte habe im Hinblick auf ihren Kinderwunsch eine Hormonbehandlung durchgeführt. Die Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten führten dann zur Arbeitsunfähigkeit. Die Hormonbehandlung selbst sei aber nicht die Krankheitsursache gewesen. Die Mitarbeiterin habe insofern die Erkrankungen auch nicht unmittelbar und somit auch nicht schuldhaft herbeigeführt.

Formen der privaten Lebensverwirklichung seien freiwillige und rein private Entscheidungen. Daraus etwa resultierende Erkrankungen seien jedoch in keiner Weise von dem Arbeitnehmer beabsichtigt. Die Rechtsordnung gestatte ohne Ausschluss des Entgeltfortzahlungsanspruchs, dass ein Arbeitnehmer im Rahmen des Üblichen eine private und von seinen eigenen Interessen getragene Lebensführung haben darf. Dazu gehöre auch eine Hormonbehandlung, um einen Kinderwunsch zu erfüllen.

Arbeitsrechtsanwälte in der Nähe findet man unter
www.ag-arbeitsrecht.de.


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Quelle:
Pressemitteilung ArbR 3/09 vom 13. Februar 2009
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2009