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INTERNATIONAL/014: Haager Gericht soll Vorwurf der ethnischen Säuberung in Ostjerusalemuntersuchen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. März 2011

Israel:
Haager Gericht soll Vorwurf der ethnischen Säuberung in Ostjerusalem untersuchen

Von Mel Frykberg


Ramallah, 24. März - Die israelische Siedlungspolitik in Ostjerusalem und die Vertreibung der dort seit Generationen lebenden Araber hat Israel den Vorwurf eingebracht, "eine Form ethnischer Säuberung" zu betreiben, die vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag untersucht werden müsse.

Die Kritik kommt von Richard Falk, einem für den UN-Menschenrechtsrat tätigen US-Experten für internationales Recht. Er hatte am 21. März gegenüber dem Rat erklärt, dass Israels aggressive Siedlungspolitik in Ostjerusalem zu Lasten der dort beheimateten Araber eine Situation geschaffen habe, die nicht länger toleriert werden dürfe. "Diese Situation kann aufgrund ihrer kumulativen Folgen nur als eine Form ethnischer Säuberung beschrieben werden."

Mit seinen Äußerungen stellte sich Falk auf die Seite von Menschenrechtsaktivisten, die Israel seit langem eine "Judaisierung Ostjerusalems" vorwerfen. Während die städtischen Behörden Bauanträge arabischen Israelis trotz des bestehenden Wohnraummangels grundsätzlich ablehnen und jede Gelegenheit ergreifen, um die Gebäude der arabischen Minderheit einzureißen, ermutigen sie Israelis illegalen Siedlungsbau.


Zerstörung und Vertreibungen

Das UN-Hilfswerk UNRWA verzeichnete seit Anfang des Jahres in Ostjerusalem und im Westjordanland die Zerstörung von 70 Häusern, die mit der Vertreibung von 105 Palästinensern einherging, von denen wiederum 43 keine 18 Jahre alt waren. Angeordnet hatten die Abrissarbeiten die israelische Polizei und die Behörden.

2008 hatte Israels Oberster Gerichtshof die Räumung eines israelischen Appartements in Ostjerusalem gefordert. Doch bis heute wurde das Urteil nicht vollstreckt. Ende letzten Jahres riefen 25 in Jerusalem und Ramallah stationierte europäische Konsule vergeblich zu wirksamen Maßnahmen gegen die israelische Siedlungspolitik in Ostjerusalem auf.

Palästinenser, die seit Generationen in Ostjerusalem leben, müssen jederzeit damit rechnen, ihr Wohnrecht zu verlieren. Das trifft zum Beispiel für diejenigen zu, die die Stadt für mehr als sieben Jahre verlassen. Israelis hingegen können Ostjerusalem jederzeit verlassen, ohne ihr Wohnrecht zu verwirken.

In Ostjerusalem lebende Palästinenser werden auch in anderen Bereichen diskriminiert. Dazu gehört auch der Bildungssektor. Mehr als 5.000 palästinensische Kinder gehen dort nicht zur Schule. Die Schulabbrecherrate bei palästinensischen Kindern liegt bei 50 Prozent, bei israelischen Schülern hingegen bei unter zwölf Prozent.

"Die Schulabbrecherrate und das Ausmaß der Armut in Ostjerusalem ist erschütternd", meint Orly Noy von der Israelischen Menschenrechtsgruppe 'Ir Amim'. "Die ernstzunehmende Vernachlässigung des Ostjerusalemer Bildungssystems wird noch in einer Katastrophe münden", warnt Tali Ni von der Vereinigung von Bürgerrechten in Israel (ACRI).


Diskriminierung im Bildungsbereich

Nach israelischem Recht haben alle Bürger der Stadt die gleichen Bildungschancen. Tatsächlich jedoch investierten die israelischen Behörden im Haushaltsjahr 2008/2009 in die Bildung eines jüdischen Kindes umgerechnet 604 US-Dollar. Für palästinensische Kinder hingegen standen nur jeweils 151 Dollar zur Verfügung.

"Wenn es ein Land auf der Welt gibt, das das Gebot beherzigen sollte, 'Du sollst nicht in die Tiefe eines anti-demokratischen Rassismus verfallen', so ist das Israel", hieß es in einem kritischen Kommentar der israelischen Zeitung Haaretz. Stattdessen säe das israelische Regime Zwietracht und Rassismus. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2011