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INTERNATIONAL/028: Juristen fordern Rechenschaftspflicht bei Einsatz bewaffneter Drohnen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. Juli 2011

Menschenrechte: Juristen fordern Rechenschaftspflicht bei Einsatz bewaffneter Drohnen

Von Richard Johnson


Genf, 8. Juli (IPS/IDN*) - Nach Ansicht renommierter Rechtsexperten sind Staaten, die bewaffnete Drohnen einsetzen, rechtlich dazu verpflichtet, über die jeweilige Operation zu berichten und die Identität der Opfer preiszugeben. Menschen unter Beschuss zu nehmen, zu töten und sich dann davonzumachen, ohne die Opfer zu bergen und den Hinterbliebenen die Chance auf Entschädigung zu geben, seien Verstöße gegen geltendes internationales Recht.

Die 'Oxford Research Group' (ORG), eine Denkfabrik mit Sitz in London, geht mit ihren Forderungen noch weiter. Demnach hätten die Opfer von Drohnenanschlägen ein Recht darauf, gemäß den Vorgaben der Religion, der sie angehören, beerdigt zu werden. "Das schließt das Verscharren in Massen- oder namenlosen Gräbern aus", heißt es in dem jüngsten Bericht der Organisation.

Wie Susan Breau, Professorin für internationales Recht an der Universität Flinders und Hauptautorin der Studie 'Drone Attacks, International Law, and the Recording of Civilian Casualties of Armed Conflict', kürzlich auf einer Konferenz des Genfer 'Centre for Security Policy' erklärte, wird es höchste Zeit für einen Mechanismus zur Erfassung aller durch Drohnen verursachten tödlichen Vorfälle und zur Identifizierung jedes einzelnen Opfers. "Das verlangt das Recht, und Drohnen sind von dieser Regel keineswegs ausgenommen."

ORG nimmt ausdrücklich Bezug zu der derzeitigen Situation in Pakistan und Jemen, wo die Frage US-amerikanischer Drohnenanschläge von besonderer Dringlichkeit ist. Washington sei am allerwenigsten berechtigt, sich aus der Verantwortung gegenüber den Opfern seiner Anschläge zu stehlen. Das verbiete das nationale und internationale humanitäre Recht und das internationale Menschenrecht auf Leben.

Staaten müssten auf nationaler und internationaler Ebene für eine Umsetzung diesbezüglicher Rechtsinstrumentarien sorgen, betonte Breau. Nichtregierungsorganisationen komme die Aufgabe zu, die Staaten zur Einhaltung ihrer international eingegangenen und zu jeder Zeit verbindlichen Verpflichtungen zu drängen. Der Professorin zufolge zeigt die Tötung von Osama Bin Laden, wie weit Staaten bei der Verfolgung eigener Ziele zu gehen bereit sind, wenn sie der Meinung sind, sie dienten ihren ureigenen Interessen.

"Bewaffnete Drohnen werden für die USA und deren Alliierten in Südasien und Nahost immer mehr zu Waffen ihrer Wahl", erklärte Paul Rogers, Professor für Friedensforschung an der Universität von Bradford, der die ORG in Fragen der globalen Sicherheit berät. "Doch ihr Einsatz wirft Fragen über deren Legitimität auf, die lange missachtet wurden. Das wichtige und richtige Fazit des Berichts ist, dass diejenigen, die Drohnen einsetzen, ihrer rechtlichen Verpflichtung nachkommen müssen, die Folgen ihrer Angriffe zu offenbaren."


* Der von 'Global Cooperation Council' und 'Globalom Media' erstellte Informations- und Analysendienst IDN-InDepthNews ist Partner von IPS-Deutschland.

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http://www.oxfordresearchgroup.org.uk
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2011