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INTERNATIONAL/052: Uganda - Homosexuelle schlagen zurück, US-Klage gegen Hassprediger Lively (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. März 2012

Uganda: Homosexuelle schlagen zurück - US-Klage gegen Hassprediger Lively

von Charundi Panagoda und Jim Lobe


Washington, 15. März (IPS) - Eine US-amerikanische Menschenrechtsorganisation hat im Auftrag von SMUG, der Vereinigung sexueller Minderheiten in Uganda, den US-Anti-Schwulenaktivisten Scott Lively verklagt. Dem Leiter der fundamentalistisch-christlichen Glaubensgruppe 'Abiding Truth Ministeries' wird vorgeworfen, mit seinen Hassreden die Gewalt gegen sexuelle Minderheiten in dem ostafrikanischen Land geschürt zu haben.

Eingereicht wurde die Klage am 14. März in Livelys Heimat-Bundesstaat Massachusetts. Der Geistliche ist Autor des umstrittenen Buches 'The Pink Swastika: Homosexuality in the Nazi Party' (Das rosa Hakenkreuz - Homosexualität in der NSDAP), in dem er Schwule für die Entstehung des Nationalsozialismus verantwortlich macht. Auch gab er eine Art Anleitung für Eltern heraus, wie sie angeblich verhindern können, dass ihre Kinder homosexuell werden ('Seven Steps to Recruit-Proof Your Child').

Lively habe bereits vor vielen Jahren eine Methodik entwickelt, die darauf abziele, Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle (LGBT) ihrer grundlegenden Menschenrechte zu berauben, kritisiert Pam Spees, die Anwältin des 'Center for Constitutional Rights' (CCR) mit Sitz in New York, das den Fall für SMUG verhandelt. Diese Methode sei in Uganda leider auf fruchtbaren Boden gefallen.


Lively: "Klage substanzlos"

Die Klage gegen seine Person bezeichnete Lively als "hanebüchen" und "substanzlos". "Die Kläger beziehen sich auf verbale Äußerungen, die sich nicht einklagen lassen", erklärte er von Springfield, Massachusetts, aus in einem Telefoninterview mit IPS. "Man kann in den USA kein Verfahren anstrengen, um jemanden für dessen Äußerungen haftbar zu machen."

Die CCR-Anwälte beziehen sich mit ihrer Klage auf das 'Alien Tort Statute' (ATS). Das Anti-Pirateriegesetz von 1889 wurde von Nicht-Amerikanern von 1980 bis 2005 dazu genutzt, Konzerne und Ausländer für Menschenrechtsverletzungen in Übersee zur Verantwortung zu ziehen. Seit sieben Jahren jedoch ist seine Anwendung für diesen Zweck einem Urteil des Oberstem US-Gerichtshofs zufolge untersagt. Allerdings soll es im Juni erneut einer Prüfung unterzogen werden.

Lively hatte sich 2002 mit LGBT-feindlichen Kräften in Uganda zusammengetan. Sieben Jahre später leitete er mit seinem Mitstreiter Stephen Langa eine Konferenz, auf der er die Schwulenbewegung als "böse" bezeichnete und Homosexualität als ernste Bedrohung verteufelte. So würden Kinder erst durch eine Vergewaltigung oder "Rekrutierung" zu Schwulen gemacht.

An der Konferenz nahmen Medienvertreter und prominente Politiker wie der ugandische Abgeordnete David Bahati teil. Einen Monat später legte Bahati dem Parlament das 'Ugandische Gesetz gegen Homosexualität' vor, das die ugandischen Schwulenverbände kriminalisierte und die sexuellen Minderheiten ihrer fundamentalen Rechte wie dem Schutz vor Diskriminierung und der Versammlungsfreiheit beraubte. Darüber hinaus sah es die Todesstrafe für praktizierende Homosexuelle vor.

Etwa zur gleichen Zeit riefen die ugandische Boulevardpresse und die staatlichen Medien offen zur Treibjagd auf Homosexuelle auf. Im Januar 2011 wurde schließlich der bekannte SMUG-Aktivist David Kato zu Tode geprügelt, nachdem Fotos von ihm und anderen SMUG unter der Schlagzeile 'Hängt sie!' erschienen waren. Der Mord löste massive internationale Proteste aus. Die Androhung westlicher Regierungen, die Hilfszahlungen für Uganda einzustellen, sorgte schließlich dafür, dass das Gesetz zurückgezogen wurde.


"Legalisierung des Hasses verhindern"

Schwulenaktivisten machen vor allem Lively und Langa, Mitglied der ultrarechten christlichen Vereinigung 'The Fellowship', für die Anti-LGBT-Hysterie in ihrem Land verantwortlich, die Kato das Leben kostete. Ihr Einfluss habe sich als verheerend und destruktiv für den Kampf der ugandischen LGBT für ihre Rechte ausgewirkt, sagte der SMUG-Direktor Frank Mugisha, der 2011 für sein Engagement für die Rechte sexueller Minderheiten inmitten des schwulenfeindlichen Klimas in Uganda den Robert F. Kennedy-Menschenrechtspreis erhalten hat. "Wir müssen Leute wie Scott Lively aufhalten, den Hass zu legalisieren."

Lively hingegen beharrt auf das Recht der freien Meinungsfreiheit. "Würde man alles, was ich in einem gewissen Kontext gesagt habe, zusammentragen, fände sich nichts, was sich als Aufruf verstehen ließe, Homosexuelle zu verletzen. Meine Äußerungen wurden aus dem Kontext gerissen", sagte er. Die Kläger bezeichnete er als "Lügner".

Doch wie Heidi Beirich vom 'Southern Poverty Law Center' betont, ist Livelys Anti-Schwulen-Propaganda alles andere als harmlos. Ihr Zentrum hatte die Abiding Truth Ministries schon 2008 als "Hassgruppe" bezeichnet. "Über Menschen Unwahrheiten zu verbreiten, sie hätten einen Völkermord verursacht und seien Nazis, macht diese Menschen für Gewalt besonders anfällig", warnte sie.

"Lively hat (in Uganda) Anti-Schwulen-Parolen von sich gegeben und die Menschen dazu aufgestachelt, dieses schreckliche Gesetz zu verabschieden. Auch wenn er ein Recht auf freie Meinungsäußerung hat, wird er sich dennoch für das, was er von sich gegeben hat, verantworten müssen." (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://ccrjustice.org/
http://www.smug.4t.com/
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2012