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MELDUNG/439: Staatsanwalt beantragt endlich Haft für Arzt von Colonia Dignidad (ECCHR)


European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)

Statement zum Fall Hartmut Hopp / Colonia Dignidad - 7. Juni 2016

Staatsanwalt beantragt endlich Haft für Arzt von Colonia Dignidad

ECCHR fordert: Landgericht Krefeld muss schnell entscheiden


Berlin, 7. Juni 2016 - Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin begrüßt, dass die Staatsanwaltschaft Krefeld beim Landgericht beantragt hat, die gegen Hopp in Chile verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren in Deutschland zu vollstrecken.

"Die deutsche Justiz muss jetzt endlich dafür sorgen, dass Hartmut Hopp seine Strafe wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch an Kindern verbüßt", sagte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck. "Wir erwarten, dass sich das Landgericht Krefeld zügig mit dem Antrag auf Haftvollstreckung befasst. Die Opfer der Verbrechen in der Colonia Dignidad warten schon viel zu lange auf Gerechtigkeit aus Deutschland." Auch das Auswärtige Amt sein gefragt. "Die kürzlich freigegebenen Akten des Auswärtigen Amtes müssen jetzt mit Blick auf neue Beweismittel und Ermittlungsansätze ausgewertet werden."

Kaleck wies auf die Gefahr einer Flucht von Hopp hin. "Hartmut Hopp hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er in der Lage ist, sich Gerichtsverfahren und Strafen zu entziehen. Es steht zu befürchten, dass er nach wie vor über entsprechende Mittel und Unterstützer verfügt."

Das ECCHR arbeitet seit 2011 zu den Menschenrechtsverletzungen in der Colonia Dignidad und deren Kollaboration mit der Pinochet-Diktatur. Ausgehend von einer Strafanzeige des ECCHR im August 2011 führt die Staatsanwaltschaft Krefeld ein eigenes Ermittlungsverfahren gegen Hopp. "Der chilenische Vollstreckungsantrag entbindet die Staatsanwaltschaft Krefeld nicht von ihrer Pflicht, die eigenen Ermittlungen stärker und zielstrebiger zu führen." Eines der deutschen Opfer von Hopp ist 2015 verstorben und weitere warten auf eine Anklage. Auch Hopps Verantwortlichkeit für das "Verschwinden" chilenischer Oppositioneller in der Sektensiedlung müsse aufgearbeitet werden. "Mit einer Anklage gegen Hopp könnte Deutschland auch zur Aufarbeitung der Diktaturverbrechen in Chile beitragen", sagte Kaleck.

Hopp war "rechte Hand" des Gründers und Führers der Colonia Dignidad, Paul Schäfer. Die Sektensiedlung war jahrzehntelang Ort schwerster Menschenrechtsverletzungen. Gegner des Pinochet-Regimes (1973-1990) verschwanden dort, wurden gefoltert und ermordet. Deutsche und chilenische Kinder wurden systematisch jahrzehntelang sexuell missbraucht.


Mehr zu Hartmut Hopp und den Verbrechen in der Colonia Dignidad:
http://www.ecchr.eu/de/unsere-themen/voelkerstraftaten-und-rechtliche-verantwortung/colonia-dignidad.html

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Quelle:
European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
Zossener Str. 55-58, Aufgang D, 10961 Berlin
Telefon: + 49 (0)30 - 40 04 85 90, Fax: + 49 (0)30 - 40 04 85 92
E-Mail: info@ecchr.eu,
Internet: www.ecchr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2016

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