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STRAFRECHT/397: Deutscher Anwaltverein lehnt Fahrverbot als Hauptstrafe ab (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 23. Juni 2010

DAV lehnt Fahrverbot als Hauptstrafe ab


Berlin (DAV). Im Rahmen der am 23./24. Juni 2010 in Hamburg stattfindenden Justizministerkonferenz wird darüber debattiert werden, ob Gerichte künftig ein Fahrverbot als Hauptstrafe auch dann aussprechen können, wenn die Straftat nicht mit dem Straßenverkehr zu tun hat. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt diese Vorschläge entschieden ab. Das Fahrverbot ist von seinem Charakter her eine Nebenstrafe, die spezialpräventiv als Warnungs- und Besinnungsstrafe für nachlässige oder leichtsinnige Kraftfahrer gedacht ist. Das bisherige Sanktionssystem im Strafrecht ist völlig ausreichend. Überdies würde ein solches Fahrverbot als Hauptstrafe zu Ungerechtigkeiten führen, da die Täter, die keinen Führerschein haben, durch eine Geld- oder Gefängnisstrafe härter bestraft würden.

"Geldstrafen, Ersatzfreiheitsstrafen und Freiheitsstrafen sind ausreichende Sanktionen. Das Strafrecht bedarf einer weiteren Hauptstrafe nicht", fordert Rechtsanwalt Michael Bücken, Vorsitzender des Verkehrsrechtsausschusses des DAV. Der Ruf nach neuen Gesetzen und neuen Strafen sei Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit des Staates und reine Effekthascherei. Obwohl ausreichende gesetzliche Möglichkeiten vorhanden wären, würden diese nicht vollständig genutzt. Zu beobachten ist, dass regelmäßig auf zum Teil wirklich erschreckende Vorkommnisse mit neuen Gesetzen und Verschärfungen reagiert werde. Dabei werde der Eindruck erweckt, dass dies dann ausreiche. "Nach kurzer Zeit ist aber dann wieder festzustellen, dass gar nichts besser geworden ist und erneut der Ruf nach neuen Vorschriften oder Verschärfungen ertönt", so Bücken weiter.

Nach Ansicht des DAV hat das Fahrverbot seinen Platz bei der Reaktion auf Verkehrsdelikte. Kein Straftäter wird sich durch ein Fahrverbot als Strafe etwa dazu erziehen lassen, keine Ladendiebstähle mehr zu begehen oder künftig von Gewaltdelikten abzusehen.

Ein Fahrverbot würde auch die Täter ungleich treffen. Wer aufgrund seines Wohnorts mehr auf das Auto angewiesen ist, würde härter bestraft als jemand, der in einer Stadt wohnt. "Gut situierte" Straftäter können sich eher Fahrdienste leisten als sozial Schwache. Der DAV gibt auch zu bedenken, dass die Kontrolle solcher Fahrverbote aufwendig ist und die Gefahr bestehe, dass bei Fahrverboten die Betroffenen durch mögliches Fahren ohne Führerschein noch weiter in die Strafbarkeit getrieben würden.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 19/10 vom 23. Juni 2010
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2010