Schattenblick → INFOPOOL → RECHT → FAKTEN


STRAFRECHT/478: Schnelligkeit ist keine Lösung - Deutscher Anwaltverein lehnt StPO-Reform ab (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 14. November 2019

Schnelligkeit ist keine Lösung - Deutscher Anwaltverein lehnt StPO-Reform ab


Berlin (DAV). Morgen wird der Bundestag den Gesetzentwurf zur "Modernisierung des Strafverfahrens" beschließen. Diese sogenannte "Modernisierung" verdient ihren Namen nicht. Die Reform verspricht Effektivität - erreichen wird sie allenfalls einen schnelleren Verfahrensabschluss auf Kosten von Beschuldigtenrechten.

Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage für die Behauptung, dass Gerichtsverfahren immer länger dauern. Ebenso wenig fand bisher eine Evaluation der letzten Reform 2017 und der dato beschlossenen Beschränkungen der Verteidigungsrechte statt.

Geplant ist nun unter anderem, das Beweisantragsrecht weiter zu beschneiden. Gerichte sollen Beweisanträge unter dem Stichpunkt "Verschleppungsabsicht" ohne förmlichen Beschluss ablehnen können. Damit stellt der Entwurf die Anwaltschaft unter einen Generalverdacht der Prozesssabotage. Beweisanträge dienen dazu, die Rechte des Beschuldigten zu wahren und seine Stellung als Verfahrenssubjekt zu gewährleisten. Darüber hinaus sind sie die einzige Möglichkeit seitens der Verteidigung, mit dem Gericht zu kommunizieren, da es im Strafprozess keinen Anspruch auf ein Rechtsgespräch gibt. Was wir im Strafverfahren aber dringend benötigen, sind Kommunikation und Transparenz.

Der aktuelle Entwurf beinhaltet weiterhin keine audiovisuelle Dokumentation der Hauptverhandlung. Die Beweisaufnahme wird im deutschen Strafprozess noch immer durch handschriftliche Notizen des Richters dokumentiert. Dass dieser Umstand zunehmend auch politisch angemahnt wird, ist begrüßenswert - und überfällig. Der DAV sieht hier dringenden Nachbesserungsbedarf: Der Rechtsstaat braucht ein Strafverfahren, das sich der Wahrheitsfindung und Rechtssicherheit verschreibt und nicht der schnellstmöglichen Erledigung!

*

Quelle:
Pressemitteilung Nr. 19/19 vom 14. November 2019
Pressedienst der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Littenstraße 11, 10179 Berlin
Tel.: 0 30/72 61 52 - 0
Fax: 0 30/72 61 52 - 190
E-mail: service@anwaltverein.de
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang