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VERKEHR/620: 54. Deutscher Verkehrsgerichtstag - Ausverkauf der Messsicherheit? (DAV)


Pressemitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) - Berlin/Goslar, 26. Januar 2016
54. Deutscher Verkehrsgerichtstag in Goslar vom 27. bis 29. Januar 2016

Arbeitskreis V: Neues Mess- und Eichwesen: Ausverkauf der Messsicherheit?

Prüfverfahren für Messgeräte entsprechen nicht Vorgaben des BGH
Neue Standardisierung nötig


Goslar/Berlin (DAV). In Bußgeldverfahren sind Richter nicht verpflichtet, Messverfahren zu überprüfen - beispielsweise bei Blitzern. Dies gilt auch für Verfahren zur Messung von Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zur Bewältigung der Masse von Bußgeldverfahren dazu den Begriff des "standardisierten Messverfahrens" entwickelt. Das dadurch festgelegte Zulassungsverfahren existiert seit dem 1. Januar 2015 nicht mehr. Die Prüfung erfolgt jetzt nicht mehr durch die vom BGH benannte Behörde. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) fordert daher eine neue Definition des Begriffs des "standardisierten Messverfahrens"; es muss sichergestellt werden, dass die Geräte einwandfrei funktionieren und benutzt werden. Die Funktionsweise der Messegeräte muss nachvollzogen werden können.

"Dass derzeit die Prüfung der Messgeräte, zum Beispiel zur Feststellung von Geschwindigkeitsüberschreitungen, nicht mehr durch eine unabhängige Behörde erfolgt, ist nicht akzeptabel. Der Gesetzgeber muss hier schnell ein standardisiertes Verfahren vorgeben, um Rechtssicherheit für die Betroffenen zu schaffen", fordert Rechtsanwalt Christian Funk von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins die Politik zum Handeln auf. Die Nachprüfbarkeit und Belastbarkeit von Messergebnissen, vor allem in Bußgeldprozessen, müsse gesichert sein.

Das Prüfverfahren, das der Definition des BGH folgte, sah vor, dass die Benutzung des Messgeräts durch geschultes Personal erfolgen musste. Dabei galt die Berücksichtigung einer Messfehlertoleranz. Davor musste das Gerät, und das ist der entscheidende Unterschied zum aktuellen Vorgehen, das Zulassungsverfahren der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) durchlaufen. Die PTB hat die Geräte vor einer Zulassung geprüft, um die Zuverlässigkeit der Geräte sicherzustellen. Jetzt reicht es aus, wenn die Gerätehersteller ein Konformitätsverfahren in eigener Regie durchführen. Sie müssen anschließend erklären, dass dieses ordnungsgemäß war.

Dieses Verfahren steht im Gegensatz zu den Vorgaben des BGH. Die Prüfung und Zulassung durch die Bundesbehörde PTB mit ihrer Neutralität und Sachkunde sollte die Ordnungsmäßigkeit des Gerätes garantieren.

Die vom DAV geforderte neue Definition des Begriffs des standardisierten Messverfahrens muss aber nicht nur die Zulassungspraxis von Messgeräten berücksichtigen. Die fehlende Nachprüfbarkeit von Messergebnissen bedingt durch die Weigerung der Hersteller, Rohmessdaten herauszugeben, gilt es ebenso zu beachten. Außerdem sind die durch Sachverständige wiederholt festgestellten Abweichungen bei Messvorgängen zu prüfen.

Die aktuelle Zulassungspraxis ohne vorherige behördliche Prüfung kann nicht als standardisiertes Messverfahren gelten. Es müsste dazu dem berechtigten Anspruch auf Entlastung der Gerichte in Bußgeldverfahren entsprechen. Dafür gilt: Der Betroffene muss die uneingeschränkte Möglichkeit haben, das Messverfahren zu überprüfen. Dazu müssten ihm alle unverschlüsselten Rohmessdaten, Auswertesoftware und Entschlüsselungscodes zur Verfügung stehen.

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Quelle:
Pressemitteilung VGT 5/16 vom 26. Januar 2016
Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2016

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