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AUFRUF/003: Sofortige Freilassung von Mesale Tolu (Rote Hilfe)


Bundesvorstand Rote Hilfe e.V. - Pressemitteilung vom 12.06.2017

Sofortige Freilassung von Mesale Tolu

Repressionswelle gegen Journalist*innen und Menschenrechtler*innen in der Türkei setzt sich fort


Die bereits seit dem 30. April in Haft befindliche linke Journalistin Mesale Tolu bleibt wieder inhaftiert. Die 32jährige war nachts in ihrer Wohnung von Spezialeinheiten der Antiterrorabteilung der Istanbuler Polizei mit Sturmgewehren im Anschlag in ein Untersuchungsgefängnis verschleppt und Tage später in ein Frauengefängnis überstellt worden.

Mesale Tolu stammt aus dem baden-württembergischen Ulm und war mit ihrem Ehemann Suat Corlu und ihrem gemeinsamen Sohn 2014 in die Türkei gezogen, um für den zwischenzeitig verbotenen regionalen Radiosender "Özgür Radyo" (Freies Radio) und die Nachrichtenagentur "Etkin Haber Ajansı (ETHA)" zu arbeiten. Ihre kritische Berichterstattung und ihr Engagement in Deutschland für die linke Migrant*innenvereinigung AGIF dürften der Grund für ihre Inhaftierung sein. Offiziell wird ihr vorgeworfen, als Journalistin "Propaganda für eine terroristische Organisation" verbreitet zu haben und selber "Mitglied einer terroristischen Organisation" zu sein.

Da das Untersuchungsgericht die Akten zu dem Fall als geheim einstuft, wissen weder Mesale Tolu noch ihr Anwalt, was ihr genau vorgeworfen wird, da sie keine Akteneinsicht erhalten.

Das Gericht berief sich bei der Anordnung der Untersuchungshaft lediglich auf die Teilnahme Mesale Tolus an einer Beerdigung von zwei durch die Polizei in Istanbul erschossene Kommunistinnen und auf die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung für die im Kampf gegen den sogenannten "Islamischen Staat" getötete deutsche Internationalistin Ivana Hoffmann.

Der Vorwurf der vermeintlichen "Terrorpropaganda" ist ein willkürliches Mittel des türkischen Regimes, um kritische Journalisten und Menschenrechtler*innen mundtot zu machen, wie bereits der Fall Deniz Yücel zeigt. Dies bekam am vergangenen Dienstag auch der Landesleiter von Amnesty International (ai), Taner Kilic, zu spüren. Der langjährige ai-Aktivist war am Dienstag ebenso wie 22 weitere Anwält*innen in Izmir unter dem Vorwurf der Untersützung der Gülen-Bewegung festgenommen worden.

Hierzu erklärt Heiko Lange, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.: "Es ist offensichtlich, dass diese Vorwürfe ebenso konstruiert sind, wie hunderte und tausende weitere, um sämtliche zivilgesellschaftliche und sozialistische Vereine, Zeitungen und Nachrichtenagenturen kriminalisieren zu können. Wir werden zu diesen Vorgängen nicht schweigen und rufen die gesamte kritische Öffentlichkeit zum Protest für die Freilassung Mesale Tolus, Suat Corlus, Taner Kilic und sämtlicher politischer Gefangener in der Türkei auf. Die Demonstrationen gegen den G20-Gipfel in Hamburg bieten beispielsweise eine gute Gelegenheit, gemeinsam gegen das türksiche Regime und seine Verbündeten auf die Straße zu gehen."


Die Rote Hilfe e.V. ist eine bundesweite linke Solidaritäts- und Schutzorganisation, die sich u.a. für die Rechte der politischen Gefangenen sowie deren Freilassung einsetzt.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 12.06.2017
Bundesvorstand Rote Hilfe e.V.
Bundesgeschäftsstelle, Postfach 32 55, 37022 Göttingen
Telefon: 0551/770 80 08; Fax: 0551/770 80 09
E-Mail: bundesvorstand@rote-hilfe.de
Internet: www.rote-hilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2017

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