Schattenblick → INFOPOOL → RECHT → MEINUNGEN


STANDPUNKT/062: Rechten Terror jetzt aufklären! Das Berliner Abgeordnetenhaus muss handeln (RAV)


Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e. V. (VDJ)
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV)
Internationale Liga für Menschenrechte e. V. (ILMR)
Gemeinsame Pressemitteilung vom 18. September 2019

Rechten Terror jetzt aufklären! Das Berliner Abgeordnetenhaus muss handeln


In Berlin-Neukölln kam es in den letzten Jahren zu ungewöhnlich vielen rechten Gewalttaten. Die rechten Brandanschläge gegen diverse Bezirkspolitiker, einen Buchhändler und der Mord an Burak Bektaş sowie Morddrohungen gegen weitere Personen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, konnten jedoch bis heute nicht aufgeklärt werden. Während bisherige Ermittlungen ins Leere liefen, kam es zu rechten Umtrieben im Berliner Landeskriminalamt (LKA).

So verfassten Polizeibeamte Drohbriefe gegen Linke, und von der Polizei erstellte Namenslisten fanden sich plötzlich auf rechtsradikalen Blogs. Obwohl der Berliner Verfassungsschutz konkrete Kenntnisse über die Gefahren eines Brandanschlages auf den Bezirkspolitiker Ferat Kocak hatte, wurde er vom Verfassungsschutz nicht gewarnt. Schließlich kam es zum lebensgefährlichen Anschlag auf ihn und seine Familie.

Rechte Motive des Mordes an Burak Bektaş wurden nicht weiterverfolgt, und aus den Akten lassen sich zahlreiche Ermittlungsfehler entnehmen. Fehler, die auf dem sog. 'Confirmation Bias' basieren, d.h. vorurteilsbelastete Ermittlungen, die von einer bestimmten Hypothese ausgehen und daher nur so ermitteln, dass diese Erwartungen erfüllt werden, springen hier ins Auge.

Das Magazin Kontraste recherchierte derweil, dass ein LKA-Beamter privaten Kontakt in die Neonazi-Szene hielt. Diese Vorgänge erinnern stark an die Vertuschungen, unterdrückten Ermittlungen und engen Kontakte zwischen Sicherheitsbehörden und Neonazis, die bezüglich der NSU-Morde bekannt wurden. Deshalb forderten die Opfer der Brandanschläge im Mai 2019, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen aufnehmen soll, was dieser ablehnte.

Die Vertuschungen und oberflächlichen Ermittlungen zu den NSU-Morden dürfen sich nicht wiederholen!

Wir fordern deshalb, dass den Hinweisen auf rechte Strukturen im Berliner LKA nachgegangen wird und in allen Berliner Sicherheitsbehörden die notwendigen personellen und strukturellen Konsequenzen gezogen werden!

Wir fordern, dass ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus von Berlin zur Aufklärung der rechtsradikalen Neuköllner Anschlagsserien und dem Mord an Burak Bektaş eingerichtet wird!

Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e. V. (VDJ)
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV)
Internationale Liga für Menschenrechte e. V. (ILMR)

*

Quelle:
Gemeinsame Pressemitteilung vom 18. September 2019
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4 | 10405 Berlin
Telefon +49 (0)30 417 235 55 | Fax +49 (0)30 417 235 57
E-Mail: kontakt@rav.de
Internet: www.rav.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang