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NACHGEFRAGT/001: Strafantrag gegen Verantwortungsträger für die Flüchtlingsregistrierung und -versorgung in Berlin (SB)


Strafantrag gegen Verantwortungsträger für die Flüchtlingsregistrierung und -versorgung in Berlin


In einer Pressemitteilung an den Schattenblick vom 7.12.2015 gibt der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. der Öffentlichkeit die Einreichung eines Strafantrags gegen Gesundheits- und Sozialsenator Mario Czaja und LAGeSO-Präsident Franz Allert des Landes Berlin wie folgt bekannt:


Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Pressemitteilung vom 7. Dezember 2015

Massiver staatlicher Rechtsbruch am LAGeSo

Anwältinnen und Anwälte stellen Strafantrag gegen Czaja und Allert


Mehr als vierzig Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte haben heute bei der Berliner Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige wegen Körperverletzung und Nötigung im Amt gegen Mario Czaja, Senator für Gesundheit und Soziales des Landes Berlin, und Franz Allert, Präsident des Landesamtes für Gesundheit und Soziales des Landes Berlin (LAGeSO) sowie weitere Verantwortliche eingereicht.

Nachdem seit Monaten u.a. das Behandlungszentrum für Folteropfer, die Freiwilligeninitiative 'Moabit hilft' und die Berliner Ärztekammer die katastrophalen Zustände im und am LAGeSO beschrieben haben und dringend Abhilfe fordern, hat sich nichts Wesentliches verändert. Dies zeigt nicht zuletzt der jüngste Bericht bei TV-Magazin 'kontraste' vom 19. November 2015. Auch der RAV und das 'Aktionsbündnis für eine mobile Rechtsberatung' hatten zuletzt im 6. November die Zustände kritisiert und von »systematischem Rechtsbruch« durch die Verantwortlichen gesprochen.

Chaotische, undurchschaubare Strukturen am LAGeSo

Diese Zustände liegen in der Verantwortung von Sozialsenator Czaja und dem Präsidenten des LAGeSo, Allert - und sie sind hausgemacht. RAV und VDJ unterstützen daher das Anliegen der Kolleginnen und Kollegen, mit der Strafanzeige die politisch und bürokratisch Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Zugleich fordern RAV und VDJ, dass die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten nicht von der vorherigen Registrierung abhängig gemacht werden darf, wenn diese nicht reibungslos durchgeführt wird. »Zustände wie in Berlin sind bundesweit einzigartig. In keinem anderen Bundesland versagen Politik und Verwaltung so systematisch wie hier«, so Rechtsanwältin Christina Clemm, Vorstandsmitglied im RAV. Verletzungen und Erkrankungen, Hunger und Obdachlosigkeit von Geflüchteten werden in Berlin zum Regelfall.

Schwere Verletzungen und Erkrankungen Geflüchteter

»Sozialsenator Czaja nimmt schwere Verletzungen und Erkrankungen von Geflüchteten bewusst in Kauf. Unvorstellbar, was geschehen würde, wenn es das einzigartige Engagement der Initiative 'Moabit hilft' nicht gäbe«, betont RAV-Vorstandsmitglied und Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff.

RAV und VDJ unterstützen die Kolleginnen und Kollegen und erwarten, dass die Staatsanwaltschaft Berlin die Vorfälle aufklärt und die Schuldigen zur Verantwortung zieht.


Auf die Schattenblick-Anfrage an die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales nach einer Stellungnahme zu dieser Strafanzeige erhielt die Redaktion eine Erklärung des Senators Mario Czaja dazu:


"In einem Rechtsstaat steht es selbstverständlich jedem Menschen frei, den Rechtsweg auch in Form einer Anzeige zu beschreiten. Ein solcher Weg ist jedoch nicht sehr zielführend, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern. Aber darum geht es, darauf richten sich unsere Anstrengungen.
Ziel unserer Arbeit ist es ja gerade, Obdachlosigkeit unter Flüchtlingen zu verhindern - was uns auch gelingt. Mit einer Reihe von Maßnahmen haben wir die Situation am LaGeSo schon deutlich verbessern können. Mit der Bildung eines neuen Landesamtes werden wir die Strukturen generell neu aufstellen.

Es ist jedoch absurd zu behaupten, Körperverletzungen oder Erkrankungen würden durch die Arbeit der Berliner Verwaltung provoziert."


© 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick

8. Dezember 2015


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