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LESERBRIEFE/007: Zu "Desertec - Stromraub aus Afrika" (Christian Lutz)


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Desertec - Stromraub aus Afrika (SB)

unter: POLITIK -> KOMMENTAR -> HEGEMONIE/1601


Leserbrief:

Dienstag, 30. Juni 2009 - 12:50 Uhr

Hallo Schattenblick,

ich finde den Ansatz - Vergleich der technischen Ausbeutung der Ölquellen und der Sonnenenergie in Nordafrika - sehr interessant. Wenn die gesamte Infrastruktur zur Sicherung dieser "Energiequelle" betrachtet wird - und darum kommen wir wohl nicht herum, solange die Energie uns Mittel- und Nordeuropäern nutzen soll - zeigen sich tatsächlich eine Menge negativer Auswirkungen auf den gesamten afrikanischen Kontinent. Durch solche gigantischen Projekte würde sicherlich die politische Stabilität in den betroffenen Regionen und umliegenden Staaten weiter destabilisiert - eigentlich nicht im Interesse einer langfristigen Energienutzung.

Ein aus meiner Sicht positiverer Ansatz wäre, den gestiegenen Energiebedarf und die wirtschaftlich desolate Situation auf dem afrikanischen Kontinent nicht durch den Export neuer hochtechnologisierter Großprojekte zu decken, sondern durch die Weitergabe des technische Knowhows zur eigenständigen Nutzung der Solarenergie. Was spricht zum Beispiel dagegen, das uralte "Solar-Brüter"-Konzept (ich denke, das wurde in den 80ern von Solarex in USA geplant, aber von den Finanziers nicht weiter unterstützt) umzusetzen, und in sonnenreichen Regionen Solarzellen und Solarmodule direkt mit Sonnenergie zu fertigen? Die Solarmodule werden dann auch kostengünstig nach Mitteleuropa geliefert und wir können endlich unsere mindestens 20% Solarstromanteil direkt vor Ort erzeugen - nämlich die bisher ungenutzten Potentiale auf deutschen Hausdächern.

Mir ist schon klar, warum solche Ansätze nicht propagiert werden - die "Entscheider" gehen immer noch und immer wieder davon aus, dass sie zu wenig davon profitieren werden, wenn die ehemaligen Kolonien bzw. die hiesigen Stromverbraucher unabhängiger werden. Vermutlich wird es trotzdem in diese Richtung gehen, denn China pflegt seit Jahren die Handelsbeziehungen mit dem afrikanischen Kontinent mit ganz anderen Ansätzen viel intensiver, als Europa. Die Finanzierungs-Krise bei chinesischen Solar-Produzenten kann also gut dazu führen, dass chinesische Produktionsanlagen nach Afrika verlagert werden. Dann werden dort in ein paar Jahren die DESERTEC-Ideen der deutschen Physiker nur noch müde belächelt...

Also munter weiter kritisieren und nicht einschüchtern lassen...

Sonnige Grüße
Christian Lutz

-- Ing.Solar
Ingenieurbüro für Solartechnik, Lüchow


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Quelle:
Leserbrief vom 30. Juni 2009


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2009