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PRESSE/893: Geld allein bringt kein Glück (DMW)


Der Mittlere Weg - Nr. 1, Januar - April 2011
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.

Geld allein bringt kein Glück

Von Axel Rodeck


Siddhartha Gautama, der spätere Buddha, wuchs in für seine Zeit luxuriösen Verhältnissen auf. Sein Vater war gewählter Raja der Shakiya-Republik mit der Hauptstadt Kapilavatthu und besaß ein vermutlich aus Ziegeln errichtetes großes, mehrstöckiges Haus, welches sich von den Lehmhütten der Umgebung abhob und später gern als "Palast" bezeichnet wurde. Der Junge wurde ständig von Dienern begleitet und sagte später, er sei "äußerst verwöhnt" aufgewachsen. Gleichwohl kam der grüblerische junge Mann schon früh zu der Einsicht, dass hinter allem vordergründigen Glück das Leid lauerte: Dem Alter, der Krankheit und dem Tod kann niemand entgehen.

Jedermann kann diese Erkenntnis nachvollziehen und auch bei uns ist es ein geflügeltesWort, dass Geld allein nicht glücklich macht. Auf der anderen Seite aber macht, wenn man nicht gerade ein Asket ist, auch ein Mangel an Geld meist unglücklich. Daraus ergibt sich die Frage, wie viel Geld der Bürger denn haben muss, um zumindest in materieller Hinsicht zufrieden zu sein. Natürlich hängt dies von den jeweiligen sozialen Verhältnissen ab.Was einen Hungerleider in Afrika hoch erfreuen würde, würde von hiesigen Leistungsempfängern empört zurückgewiesen. Und auch das Umfeld spielt eine Rolle. Sind alle anderen genau so dran wie man selber, akzeptiert man die eigene Lage eher, als wenn es einem Teil von ihnen (natürlich immerungerechterweise) besser geht. Es ist der Vergleich, der Unfrieden schafft.

Überhaupt ist die Ersatzfunktion des Geldes für begehrtes Glück eine schwankende Angelegenheit. Jeder Arbeitgeber weiß (oder sollte wissen), dass eine bloße Gehaltserhöhung zwar für kurze Zeit zu Freude und größerer Leistungsbereitschaft führt, dann aber in alter Routine verpufft. Denn viel wichtiger ist es, den Arbeitnehmer zu loben und ihn fortlaufend zu motivieren. Und - so wusste schon der Buddha - während der Arme wegen seiner Vermögenslosigkeit unzufrieden ist, kann der Reiche wegen Diebstahls- und Inflationsgefahr genau so wenig schlafen. Und wenn wir in fremden Ländern sind oder nur in unserem hiesigen Wohnort die Stadtteile mit wohlhabenderen Bevölkerungsschichten durchstreifen - haben wirklich die Wohlhabenderen die glücklicheren Gesichter?

Kehren wir zu der Frage zurück, wie viel Geld man unter westlichen Verhältnissen haben sollte, um wenigstens nicht aus Geldmangel unglücklich zu sein, und wo der Punkt erreicht ist, an dem mehr Geld nicht auch automatisch zu mehr Lebensqualität führt. Zum erstgenannten Aspekt verweisen wir auf die derzeit hitzige Diskussion, wie hoch die staatlichen Transfersätze mindestens sein sollten, um ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.Wir wollen uns hier nicht auf irgendwelche Zahlenspiele und die Benennung einer Untergrenze einlassen. Aus Sicht der Betroffenen ist eh alles zu wenig.

Anders beim Aspekt einer Obergrenze, deren Überschreitung nicht mehr oder kaum noch zu Glücksgefühlen führt. Hier hat eine Studie der amerikanischen Princeton-Universität, die (sicherlich eingeschränkt) auch für uns gelten kann, zu erstaunlichen Erkenntnissen geführt. Im Lande Dagobert Ducks (der Disney-Figur) hat man festgestellt, dass die Lebensqualität nur bis zu einem Monatseinkommen von (umgerechnet) 5.000 EUR steigt. Darüber hinaus freuen sich die Menschen natürlich auch, jedoch steigt nicht ihr Glücksempfinden. An der Art und Intensität der Gefühle ändert sich bei Überschreiten der Schwelle nicht mehr viel. Es bringt also nur beschränkten Lustgewinn, wenn Dagobert Duck in immer größeren geldgefüllten Schwimmbecken badet. Und das Angebot amerikanischer Milliardäre, einen Großteil ihrer Vermögen zu verschenken, erklärt sich ganz einfach mit fehlender Stimulation.

Der hannoversche Philosophieprofessor Peter Nickl (Leibniz-Universität) stimmt den amerikanischen Erkenntnissen zu: "Es heißt nicht automatisch: Je reicher, desto glücklicher". Denn, so Nickl, wie schon Aristoteles sagte ist derjenige glücklich, der tugendhaft ist. Dies ist aber insbesondere durch Einsatz für die Mitmenschen zu verwirklichen - und dies wiederum setzt ein bestimmtes Maß an materieller Sicherheit voraus. Denn ohne ausreichendes Einkommen leidet der Mensch mehr unter Scheidung, Krankheit und Einsamkeit als wohlhabendere Menschen und kann sich deshalb weniger dem Altruismus widmen.

Die amerikanischen Zahlen hält Nickl für übertragbar auf Deutschland. Wohl also denen, die ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 5.000 EUR haben - zumindest aus materieller Sicht stünde bei diesen einem Glücklichsein nichts im Wege. Freilich wird nicht gerade eine Glückswelle durch die Republik rollen, denn laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes sind nur 6,7 % der Bevölkerung von diesem Wohlstand betroffen.


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Quelle:
Der Mittlere Weg - majjhima-patipada
43. Jahrgang, Januar - April 2011/2554, Nr. 1, Seite 18-19
Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2011