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PRESSE/977: Thailand - Buddhismus weitgehend Männerdomäne, Nonnen pochen auf historische Rechte (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. November 2013

Thailand: Buddhismus weitgehend Männerdomäne - Nonnen pochen auf historische Rechte

von Simba Shani Kamaria Russeau


Bild: © Simba Shani Kamaria Russeau

Bhuddhistische Nonnen in Thailand
Bild: © Simba Shani Kamaria Russeau

Nakhon Pathom, Thailand, 6. November (IPS) - Thailand war 1932 eines der ersten Länder Asiens, in denen Frauen das Wahlrecht erhielten. Bei der Vergabe religiöser Ämter geht es dagegen weniger fortschrittlich zu. Noch immer kämpfen Thailänderinnen darum, gleichberechtigt behandelt zu werden.

Kurz vor der Morgendämmerung sind im Kloster Songdhammakalyani in der Provinzstadt Nakhon Pathom rund 50 Kilometer von Bangkok entfernt rhythmische Gesänge zu hören. Im Unterschied zu den fast 34.000 buddhistischen Tempeln Thailands mit ihren etwa 250.000 Mönchen leben hier Frauen. Die Vorsteherin Dhammananda ist die erste Nonne, die die vollständige Weihe erhalten hat.

Die Ursprünge des Tempels reichen fast ein halbes Jahrhundert zurück, als Dhammanandas Mutter, die ehrwürdige Voramai oder Ta Tao Fa Tzu, als erste Thailänderin und Vertreterin der buddhistischen Mahayana-Lehre ordiniert wurde. Das Haus der Familie wandelte sie in ein Kloster um. "Als sich meine Mutter für den Buddhismus interessierte, entdeckte sie, dass Buddha seine Stiefmutter und seine Tante zu Nonnen ernannt hatte", erzählt sie. "Warum dies nicht für Frauen in Thailand gelten soll, hat sie nie verstanden."

Einem Bericht der Weltbank von 2012 zufolge sind 51 Prozent der 68 Millionen Thailänder weiblich. Zwar sind sie in den Bereichen Bildung und Beschäftigung weit vorangekommen, verdienen aber immer noch bis zu 74 Prozent weniger als Männer. In Führungspositionen in Politik und Wirtschaft sind sie nur selten anzutreffen. Auch in der Religion üben sie bisher so gut wie keine Ämter aus.


Frauen in der Gesellschaft traditionell abgewertet

Die Ungleichbehandlung, die sich auch im geringen Anteil von Frauen im Parlament widerspiegelt, führt Yad Prapar, Wirtschaftswissenschaftler an der Ramkhamhaeng-Universität, vor allem auf kulturelle Stereotypen zurück. "In der Thai-Kultur wird der Büffel als dummes Tier betrachtet, der hart arbeitet. Man glaubte einst, dass die Frau ein Büffel und der Mann ein Mensch sei", erläutert er. "Das erklärt den niedrigeren Status von Frauen im thailändischen Buddhismus."

Die thailändische Verfassung gestattet zwar die Ordination von Frauen. Dennoch hält der Thai-Sangha-Rat, eine mit der Regierung verbundene religiöse Beratungsinstanz, an dem männlichen Mönchstatus fest.

Frauenrechtsaktivistinnen und Religionsgelehrte argumentieren jedoch, dass eine rechtliche Anerkennung der 'bhikkhunis', der Nonnen, im Sinne der 'Vier Säulen des Buddhismus' ist und Thailänderinnen aus allen gesellschaftlichen Sphären ermöglichen würde, ihre Religion gemeinsam mit anderen Frauen zu praktizieren.

"Frauen fühlen sich sicherer in einem von Frauen geführten Tempel", sagt Sutada Mekrungruengkul, die an der 'Nation University' unterrichtet. "Wenn ich eine Tochter hätte, würde ich sie lieber in einen solchen Tempel schicken, wo sie keine sexuellen Belästigungen zu fürchten hätte."


Weiblicher Zugang zu Buddhas Lehren

Im Kloster Songdhammakalyani finden regelmäßig dreimonatige Seminare statt, die in der männlich dominierten Religionssphäre eine Lücke füllen. Sie geben Frauen die Möglichkeit, bei der Interpretation der Texte Buddhas weibliche Sichtweisen einzubringen.

"Obwohl ich mein gesamtes Leben lang Buddhistin bin, verstand ich die 'Dhamma', die Morallehre dieser Religion, zunächst nicht", berichtet die 53-jährige Dhammasiri, die vor vier Jahren in Sri Lanka zur Nonne geweiht wurde. "Ich praktizierte den Buddhismus nicht aus vollem Herzen, weil mir niemand den Sinn der Gesänge erklärt hatte. Ich wusste auch nicht, warum wir uns verbeugen oder bestimmte Speisen meiden sollen. Ich war nur aufgrund meiner Geburtsurkunde Buddhistin."

Zurzeit leben in thailändischen Klöstern etwa 30 'bhikkhuni' und eine unbekannte Zahl von 'samneris' oder Novizinnen. Um das Nonnentum im Buddhismus zu fördern, hat ein Bündnis aus Mitgliedern der Zivilgesellschaft, Wissenschaftlern und Parlamentariern mehrere Gesetzreformvorschläge auf den Weg gebracht. Sie hoffen nun, dass Frauen in fünf bis zehn Jahren der legitime Zugang zu ihrem Erbe vollständig offen stehen wird. (Ende/IPS/ck/2013)


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http://www.ipsnews.net/2013/11/thai-women-don-monks-robes/

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IPS-Tagesdienst vom 6. November 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2013