Schattenblick →INFOPOOL →RELIGION → CHRISTENTUM

STANDPUNKT/341: Gute und schlechte Nachrichten zum Klimawandel (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Feature vom 23.11.2009

Gute und schlechte Nachrichten zum Klimawandel

Von Mark Beach


Die Advocacy-Woche des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) bei den Vereinten Nationen brachte gute und schlechte Nachrichten zum Klimawandel.

Zunächst die schlechte Nachricht:

Ein Vertreter der Vereinten Nationen (UN) teilte den etwa 80 Teilnehmenden der jährlichen globalen Advocacy-Woche mit, dass es auf dem im Dezember in Kopenhagen stattfindenden Klimagipfel anscheinend kein von den Regierungen unterzeichnetes bindendes Abkommen zum Klimawandel geben werde.

Das bedeute, die "Klimazerstörung" werde unvermindert weitergehen, "wenn die Regierungen nicht ihren Mut zusammennehmen, das Problem anzugehen", sagte Olav Kjorven, stellvertretender Generalsekretär und Direktor des Büros für Entwicklungspolitik des UN-Entwicklungsprogramms, den Teilnehmenden in seiner Eröffnungsrede am Montag, dem 16. November.

Anlässlich der UN-Advocacy-Woche des ÖRK vom 15. bis 20. November kamen kirchliche Aktivistinnen und Aktivisten aus der ganzen Welt in New York (USA) zusammen. Diskutiert wurden unter anderem die Situation von Klimaflüchtlingen, Anliegen indigener Völker weltweit und die anhaltende Gewalt in Kolumbien. Außerdem bietet diese Woche Gelegenheit zum Kontakteknüpfen untereinander und zum Besuch verschiedener UN-Vertretungen in der Stadt.

Die Gruppe traf sich im Kirchenzentrum für die Vereinten Nationen, das gegenüber der UN-Vollversammlung sozusagen im Schatten des UN-Hochhauses und des Verwaltungskomplexes steht.

Was waren also die guten Nachrichten?

Es besteht immer noch die Chance, dass in Kopenhagen wichtige Entscheidungen fallen, deswegen müssen die Kirchen dahingehend Druck ausüben.

"Sind wir bereit, die Kirche einer Gegenkultur zu sein, wie es unsere Berufung ist?" fragte Elenie Poulos in ihrer Eröffnungspredigt am Sonntagabend, dem 15. November. "Die Welt braucht die Führung, die die Kirche anbieten kann - vielleicht jetzt mehr als je zuvor."

Poulos ist Pfarrerin der Unionskirche in Australien und Mitglied der ÖRK-Kommission der Kirchen für Internationale Angelegenheiten.

"Diese Art Führung braucht die Welt - eine Führung des Glaubens und der Gerechtigkeit, die in der Realität zeigt, dass ein anderes Leben möglich ist", sagte sie.

Kjorven hieb in dieselbe Kerbe: Religiöse Gruppen weltweit müssten sich noch über den wirklichen Einfluss klarwerden, den sie auf Regierungen in Bezug auf den Klimawandel und andere Fragen der Gerechtigkeit ausüben könnten, damit diese unverzüglich tätig würden.

"Es gibt noch einen einfachen Aspekt", führte Kjorven in seiner Präsentation aus. "Sie verfügen über wichtigen wirtschaftlichen Einfluss, der auch von Ihnen selbst noch zu selten wahrgenommen wird."

"Sie erreichen mehr Menschen auf regelmäßiger Basis als jede andere Institution der Welt", erklärte er. Kjorven wies darauf hin, dass religiöse Gruppen, darunter auch die christlichen Kirchen, weltweit etwa acht Prozent des Landes besitzen, wovon ein großer Teil Wald ist. "Auf den Finanzmärkten sind religiöse Institutionen durch ihre Pensionskassen der drittgrößte Akteur."

Wenn die Glaubensgemeinschaften erklärten, ein hoher Kohlendioxidausstoß sei "eine 'Sünde' - um Ihre Terminologie zu benutzen", und einen CO2-armen Lebensstil bevorzugten, würde "dies Schockwellen durch die Finanzmärkte senden".

"Just do it"

Die Tatsache, dass religiöse Gruppen und insbesondere Kirchen über enormes Potenzial zur Einflussnahme auf den Klimawandel und im allgemeinen auf führende Politiker zur Bekämpfung globalen Unrechts verfügen, fand auch Erwähnung im Vortrag von Lois M. Dauway [1] am Montag. Dauway ist Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses und übergangsweise stellvertretende Generalsekretärin der Abteilung für Globale Dienste der Evangelisch-Methodistischen Kirche.

Dauway fragte sich, ob die Kirche der Aufgabe gewachsen sei. Sie selbst sei in letzter Zeit "reizbar" gewesen, wenn es darum ging, was die Kirche unternehmen müsse, um weltweites Unrecht zu bekämpfen. Sie sagte, die Kirche müsse sich einen theologischen Ansatz zu Eigen machen, um mit Fragen der Gerechtigkeit wie dem Klimawandel umzugehen.

"Ich nenne das die Nike-Theologie", sagte sie mit Bezug auf den bekannten Sportartikelhersteller. In Anlehnung an den Werbeslogan der Firma formulierte sie, was die Kirchen jetzt tun müssten - nämlich handeln: "Just do it!"

Kirchen und die ökumenische Gemeinschaft hätten zwar die theologischen Mittel, um globales Unrecht zu bekämpfen, aber "uns fehlt einfach der Wille dazu".

Dauway erkannte an, dass die Kirche viele gute Dinge getan habe, rief aber die Gruppe auf, noch mehr zu tun. "Wenn wir in den Kirchen wirklich einen Wandel in der Welt bewirken wollen, müssen wir einsehen, dass es mehr braucht als wortgewandte Resolutionen und Predigten über Frieden und Gerechtigkeit", sagte sie.

Man müsse den Leidenden zuhören und sich ihnen anschließen, "wobei wir manchmal führen und manchmal geführt werden", und die Ressourcen der Kirchen teilen. "Wir könnten diese Welt im Namen Jesu auf den Kopf stellen", führte sie aus. "Der Herr weiß, dass wir die Macht dazu haben, also lassen Sie es uns einfach tun."

"Der Erde und den Menschen läuft die Zeit davon, und wir müssen mehr tun, als nur den vorherrschenden Paradigmen Widerstand leisten", sagte Poulos in ihrer Predigt. "Wir müssen sie verändern. Wir brauchen ein Wirtschaftssystem, das nicht auf Habgier, Materialismus, Individualismus und Angst vor Mangel basiert."

Kjorven meinte, angesichts des Kollapses eines Kopenhagener Abkommens gebe es Dinge, die auf dem Gipfel im Dezember gerettet werden müssten, "wie einen Rahmen für zukünftige Abkommen", eventuell im Jahr 2010.

Aber er betonte, dass jetzt die Zeit für religiöse Gruppen gekommen sei, sich einzumischen. "Wir brauchen eine viel lautere Stimme, was den Aspekt soziale Gerechtigkeit im Zusammenhang mit dem Klimawandle betrifft", sagte er. "Und wir benötigen einen langfristigen Wandel."


Mark Beach ist ÖRK-Kommunikationsdirektor.

Mehr über die UN-Advocacy-Woche des ÖRK (auf Englisch):
http://unaw.oikoumene.org

Interviews zu Themen der Woche und Mitschnitte der Reden von Olav Kjorven und Lois Dauway:
http://www.oikoumene.org/en/events-sections/unaw/audio.html

Die Meinungen, die in ÖRK-Features zum Ausdruck kommen, spiegeln nicht notwendigerweise die Position des ÖRK wider.

Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


*


Quelle:
Feature vom 23. November 2009
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. November 2009