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BUCHTIP/028: Anatomie eines Religionstyps (idw)


Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - 09.01.2007

Anatomie eines Religionstyps


Neuerscheinung: "Primäre und sekundäre Religion als Kategorie der Religionsgeschichte des Alten Testaments" - Herausgeber: Privatdozent Dr. Andreas Wagner vom Wissenschaftlich-Theologischen Seminar der Universität Heidelberg

Theologen, Religionswissenschaftler und Altertumswissenschaftler haben in einem Symposium am Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg (IWH) die alttestamentliche Religion unter dem Aspekt der Bekenntnisreligion und der Entwicklung von einer kulturgebundenen "primären" Religion zu einer monotheistisch- universalen "sekundären" Religion untersucht. Ausgangspunkte waren die Thesen von Theo Sundermeier und Jan Assmann zu einem kategorialen Umschlag von Religion, als dessen Ergebnis ein Religionstyp steht, in den man nicht mehr hineingeboren wird, sondern zu dem man sich bekennen muss, der ein dezidiertes Wahrheitsbewusstsein entfaltet und der die großen Religionen des Judentums, Christentums und Islams bestimmt.

Dieser Umschlag habe sich nach Sundermeier und Assmann zuerst und mit weltgeschichtlicher Relevanz in der alttestamentlichen Religion ereignet. Erstmals wurde nun intensiv aus alttestamentlicher und altorientalistisch-ägyptologischer Perspektive über diese Kategorisierung diskutiert - diese Debatte ist nun in Buchform zugänglich. In dieser Auseinandersetzung wurde deutlich, dass sich unter dem Aspekt der Bekenntnisreligion die alttestamentliche Religion einerseits, die griechische, altorientalische und ägyptische polytheistische Religion andererseits, fundamental unterscheiden. Während die polytheistischen Religionen in eng mit Kultur und Gesellschaft verbundener Weise erstaunliche Anpassungs- und Integrationsprozesse leisteten - Götter waren in den verschiedenen Kulturen unter verschiedenen Namen, aber mit sehr ähnlichen Funktionen wiederzufinden - ging die alttestamentliche Religion einen anderen Weg: Gott trat der Welt zunehmend gegenüber, gab so die Welt als einen profanen Raum frei, der in die Verantwortung des Menschen gegeben ist, fordert dafür aber, seiner (einzigen) Wahrheit zu folgen. Der neue Religionstyp hat auch bleibende neue Denk- (lineares Zeitverständnis, Geschichtsbewusstsein, Scheidung von Gott und Welt, heilig und profan) und Textformen (Bekenntnis- und Abrenuntiationsformulare, "Schriften" als Grundlage der Religion) hervorgebracht.

Dieses Erbe der alttestamentlichen Religion prägt bis heute viele der großen Religionen der Welt.

Primäre und sekundäre Religion als Kategorie
der Religionsgeschichte des Alten Testaments.
Hg. v. Andreas Wagner (BZAW 364).
Berlin / New York: W. de Gruyter 2006

Weitere Informationen:
http://www.degruyter.com/rs/
bookSingle.cfm?isbn=978-3-11-018499-0&fg=TH&L=D

Priv.-Doz. Dr. Andreas Wagner, M.A.
Wissenschaftlich-Theologisches Seminar der
Universität Heidelberg
andreas.wagner@wts.uni-heidelberg.de


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Dr. Michael Schwarz, 09.01.2007
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de

den 10. Januar 2007