Schattenblick →INFOPOOL →RELIGION → ISLAM

BERICHT/071: Scharia Jet Set - Islamic Banking (inamo)


inamo Heft 57 - Berichte & Analysen - Frühling 2009
Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten

Scharia Jet Set: Islamic Banking
Aufstieg der neuen Rechtsgelehrten

Von Kilian Bälz


Die Kreditkrise hat den Glauben an das globale Finanzsystem grundlegend erschüttert. Der Einbruch des amerikanischen Immobilienmarktes, dessen Risiken durch Verbriefungstransaktionen weltweit gestreut waren, zeigte, wie vernetzt und fragil unser heutiges Finanzsystem ist - und die fatalen Folgen seines Versagens. Zugleich jubilieren die islamischen Banken, vor nicht allzu langer Zeit noch eine belächelte Randerscheinung der internationalen Finanzwelt. Da die islamische Bankenbranche bislang ungeschoren geblieben ist, hat das die Auffassung unterfüttert, eine islamisches Finanzsystem wäre die Lösung. Aber ist das der Fall?, fragt Kilian Bälz.


Mit einem islamischen Finanzsystem wäre die Kreditkrise nicht passiert, argumentierte etwa Umar Chapra, Chefvolkswirt der Islamischen Entwicklungsbank (IDB) bei einer internationalen Konferenz in Harvard im Mai 2008. Ein islamisches Finanzsystem, so der saudische Gelehrte, beruhe auf einer Beteiligung an Gewinn und Verlust und verhindere deshalb eine exzessive Kreditgewährung und spekulative Geschäfte. Die Tatsache, dass die Finanzmärkte der arabischen Golfstaaten von der Kreditkrise (jedenfalls anfangs) verschont blieben, scheint diese Sicht empirisch zu unterfüttern.

Aber ist das wirklich der Fall? Oder sind es nicht vielleicht Zufallseffekte, die wesentlich dazu beigetragen haben, dass die islamische Bankenbranche bislang weitgehend ungeschoren blieb?

Eine Annäherung an diese Themen führt unmittelbar zu den Grundfragen des islamischen Bankgeschäftes (im internationalen Jargon: "Islamic Banking"). Arbeiten islamische Banken tatsächlich anders? Und wenn ja, wer bestimmt eigentlich, was islamisch ist?


Islamic Banking - die Karriere eines Konzepts
Sucht man nach einer allgemein akzeptierten Definition des "Islamic Banking", wird man sich am ehesten auf "Banking im Einklang mit islamischen Vorschriften" oder "Bankgeschäfte nach Maßgabe des islamischen Rechts" einigen können. Zentral für das Islamic Banking sind die Vorschriften der Scharia. Deren Beachtung (die Schariakonformität) unterscheidet das islamische vom "normalen" oder konventionellen Banking.

Doch was sind die einschlägigen Vorschriften, die das islamische Recht zum modernen Bankwesen bereit hält? Das islamische Recht, von den islamischen Juristen über die Jahrhunderte unter Rekurs auf Koran und Suuna entwickelt, schweigt sich über die Zulässigkeit von Hedgefonds, Credit Default Swaps und Index Linked Notes aus.

Gewiss: der Koran verbietet kategorisch den ribâ ("Wucher" oder "Zinswucher") indem er in Sure 11:275 anordnet: "Gott hat den Kauf erlaubt, aber den ribâ verboten". Die islamische Bankenbranche versteht das ribâ-Verbot als Zinsverbot. Nur eine Teilhabe am unternehmerischen Risiko rechtfertige einen Gewinn, nicht aber das bloße Überlassen von Kapital. Weiter besteht Einigkeit darin, dass der Koran Glücksspiel und Spekulation verbietet. Die Abgrenzung zwischen erlaubtem unternehmerischem Risiko und verbotenem Spiel hat dabei schon die Verfasser der großen klassischen Rechtswerke beschäftigt. So erörtert der Jurist al-Kâsânî (gest. 1191) in seinem für die hanafitische Rechtsschule grundlegenden Kommentar, ob es zulässig ist, Feldfrüchte vor der Ernte ("auf dem Halm") zu verkaufen oder das noch ungeborene Kamel. Die Begründung: in beiden Fällen geht der Käufer ein erhöhtes Risiko ein, weil er nicht abschätzen kann, was er bei Erfüllung des Vertrages erhält.

Das moderne Bankwesen, das den Kredit organisiert, indem es Nachfrage und Angebot von Kapital zeitlich und größenmäßig koordiniert und dabei die Ausfallrisiken streut, ist jedoch eine vergleichsweise junge Erscheinung. Moderne Kreditinstitute und ihre Transaktionen sind ein Produkt des Kapitalismus westlicher Provenienz. Anders als etwa im Familien- und Erbrecht geht es im Islamic Banking so nicht nur darum, überkommene Regeln der Scharia an veränderte soziale und politische Rahmenbedingungen anzupassen. Es gilt ein neues islamisches Recht des internationalen Banking zu schaffen.


Scholars und Fatâwâ: Auf der Suche nach einem Recht des Islamic Banking
Wie dieser Prozess der Normbildung funktioniert, lässt sich anhand einer Begebenheit aus Ägypten illustrieren, die in der Zeitschrift al-Manâr berichtet ist: Der Khedive 'Abbâs hatte im Jahr 1900 eine Postsparkasse nach französischem Vorbild initiiert, um die Spartätigkeit der breiten Bevölkerungsschichten zu fördern. Als nach Ablauf des ersten Jahres die Zinsen auf die Spareinlagen ausgezahlt werden sollten, weigerten sich die Sparer, diese anzunehmen, weil das Zinsnehmen gegen islamische Vorschriften verstoße. In Anbetracht mehrerer Tausend aufgebrachter Sparer wandte sich der Khedive an Muhammad 'Abduh, damals ägyptischer Großmufti. Der islamische Reformer fand für die Einlagen der Kleinsparer eine Lösung: die Sparkassenordnung wurde dahingehend geändert, dass die Sparer statt "Zinsen" eine "Gewinnbeteiligung" erhielten. Gewinn ("ribh") aus einer unternehmerischen Tätigkeit wiederum ist nach islamischer Auffassung im Gegensatz zu ribâ erlaubt.

Über die Frage, ob eine Spareinlage mit der Beteiligung an einem Unternehmen verglichen werden kann, lässt sich trefflich streiten. Denn bei der Spareinlage erhält der Sparer einen im Voraus zugesagten, in Zinsen ausgedrückten Gewinn. Daran fehlt es typischerweise bei der Beteiligung an einem Unternehmen, wo die Rendite von der Ertragslage abhängt. Aus diesem Grund haben islamische Juristen die von 'Abduh vertretene Auffassung auch kritisiert. Doch die Anleger bei der Postsparkasse waren anscheinend mit der Lösung zufrieden: Entscheidend ist, dass die betreffende Transaktion von einem anerkannten islamischen Gelehrten sanktioniert ist. Schariakonformität eines Bankgeschäfts ist nicht von den überkommenen Regeln des islamischen Rechts vorgegeben. Im Islamic Banking wird die islamische Legalität durch die Zertifizierung der islamischen Juristen geschaffen.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die fatwâ, das islamische Rechtsgutachten, im Islamic Banking eine zentrale Rolle spielt. Banken, die neue islamische Produkte entwickeln, suchen regelmäßig islamische Juristen um deren Prüfung und Billigung auf In der Regel verfügen die Institute über ein sogenanntes Scharia Board, einen Beirat, der die Produkte der Bank und die laufenden Geschäfte auf Übereinstimmung mit der Scharia prüft. Am Ende eines jeden Jahres wird ein Prüfsiegel erteilt, das ähnlich formuliert ist wie das Testat eines Wirtschaftsprüfers.


Scharia Jet Set
Das Zertifizierungsgeschäft des Islamic Banking stellt die islamischen Rechtsgelehrten vor große Herausforderungen: Wenige Rechtsgelehrte (im Banker Jargon "Scharia Scholars") sind gleichermaßen in der Scharia und dem modernen Bankwesen zu Hause, versiert in der Sprache des internationalen Finanzwesens, seiner unbedingten Kundenorientierung und Flexibilität. Die schnell expandierende islamische Bankenbranche beklagt so einen Mangel an Rechtsgelehrten: "Islamic Scholars in short supply", titelte etwa die Financial Times im Juni 2008. Internationale Banker kritisierten im persönlichen Gespräch zudem das mangelnde Verständnis vieler Gelehrter für komplexe Bankprodukte und die Schwerfälligkeit des Zertifizierungsprozesses - islamische Legitimität ist eine knappe Ressource im internationalen Bankgeschäft.

Dessen ungeachtet erkannten auch einige der klassisch ausgebildeten Rechtsgelehrten die (Geschäfts)chance, die im Aufkommen des Islamic Banking liegt. So finden sich heute in den Schariaboards der großen Banken im Wesentlichen die gleichen Namen. Ein exklusiver Club von etwa zwanzig Gelehrten dominiert die Branche. Diese Scholars sind es auch, die die Eröffnungsvorträge der internationalen Konferenzen halten, die die wesentlichen Publikationen veröffentlichen (oft im Internet) und deren Meinung in der Branche dafür ausschlaggebend ist, ob eine bestimmte Transaktion islamisch erlaubt ist.

Das Leben des heutigen Scharia Scholar ist durch eine Mischung aus klassischer Gelehrsamkeit und dem Jet Set des internationalen Investment Banking charakterisiert. Wesentlich für die Zertifizierungsfunktion bleibt eine solide klassische Ausbildung in einer der Scharia-Fakultäten und ein auf dieser Grundlage erworbenes fachliches Ansehen. Daneben aber verlangt die Tätigkeit eine Dienstleistungsorientierung, was neben zeitlicher Verfügbarkeit rund um den Globus erfordert, wirtschaftliche Sachverhalte zu erfassen und in englischer Sprache zu erörtern. Die Belohnung sind Beraterhonorare, die mit denen internationaler Unternehmens- und Finanzberater durchaus vergleichbar sind, sowie ein ähnlicher Lebensstil, geprägt von First Class Interkontinentalflügen, 5-Sterne Hotels und Blackberry-Kommunikation.


Scharia out of Context
Darf Schariaberatung lukrativ sein? Die Entstehung der neuen Gelehrtenkaste provoziert Kritik: Die Tatsache, dass die Scholars unmittelbar von den Banken vergütet werden, deren Produkte sie prüfen, und ihr Lebensstil, der der internationalen Finanzbranche angenähert ist, wird von denen verurteilt, die im Islamic Banking ein "soziales Banking" für Benachteiligte sehen. Und in der Tat: Wirtschaftlich gesehen ist es schwierig, einen Unterschied zwischen den Transaktionen der islamischen Banken und konventionellen Bankgeschäften zu sehen. Das gilt insbesondere für den im Islamic Banking verbreiteten, warenunterlegten "Tawarruq"-Kredit, bei dem die islamische Bank dem Kunden den Kredit nicht in Geld auszahlt, sondern in Edelmetallen, die im Namen des Kunden über die Börse verkauft werden (weshalb die Transaktion für die islamischen Juristen ein Handelsgeschäft ist). Oder etwa bei einer islamischen "Sukuk"-Anleihe, der ein Kauf- und Rückkaufgeschäft zu Grunde liegt und wo die Anleihegläubiger an "Mieteinnahmen" beteiligt werden, statt einen Coupon zu erhalten. Für Kritiker sind solche Transaktionen, die in ihrer Risikostruktur konventionellen Geschäften ähneln, ein Beispiel für die Auswüchse dieses Scharia Jet Set, wo Scharia-Beratung gekauft wird, um auf den internationalen Finanzmärkten Profit zu erwirtschaften, Die Anbindung an die Realwirtschaft, die nach Auffassung von Chapra finanziellen Exzessen vorbeugen soll, erscheint aufgesetzt und artifiziell, So entzündet sich die Kritik auch nur vordergründig daran, dass hier mit Religiosität Geld verdient wird: die Kommerzialisierung der Scharia-Gelehrsamkeit habe das islamische Recht korrumpiert und seine Gelehrten verdorben. Statt einer islamischen Alternative zum globalen Kapitalismus handele es sich bei den islamischen Bankgeschäften um einen islamisch verbrämten Abklatsch. Die Islamkonformität werde durch komplexe juristische Strukturen gewährleistet, die den Charakter von Umgehungsgeschäften haben.

Der an der amerikanischem Rice Universität lehrende Ökonom Mahmoud el Gamal greift so die juristische Frömmelei der islamischen Banken an und fordert eine Erneuerung des Islamic Banking, das an den Werten der Scharia orientiert ist: Nur eine Materialisierung des Islamic Banking könne sein Dasein rechtfertigen. Von einem alternativen islamischen Finanzsystem, wie es etwa der irakische Gelehrte Baqer al-Sadr in dem für die islamische Ökonomik grundlegenden Buch Iqtisâdunâ - "Unsere Wirtschaft" (1961) gefordert hat, sei die gegenwärtige Praxis des Islamic Banking weit entfernt. Die Vision einer islamischen Wirtschaftsordnung, so die Kritiker, werde von den islamischen Banken in ihrer wirtschaftlichen Praxis nicht gelebt. Es fehle auch an einem ernsthaften Bemühen, sich den Zielen der islamischen Wirtschaft - Verbindung der Ausbeutung und Schutz der sozial Schwachen - ernsthaft anzunehmen. Denn vergleichbar mit einer "steueroptimierten" Transaktionsstruktur spielt das Islamic Banking mit unterschiedlichen Sichtweisen zwischen Scharia und Vertragsrecht mit der Folge, dass ein zinstragendes Darlehen aus der Sicht der Scharia zum Handelsgeschäft mutiert


Schariakonformität statt Risikoschirm?
Aus diesem Grund ist es fraglich, ob das Islamic Banking tatsächlich die Kreditkrise verhindert hätte oder gar dazu im Stande ist, sie kostengünstig zu beheben, wie das Chapra nahelegt. Zwar trifft es zu, dass nach islamischem Recht der Verkauf von Forderungen nur unter Einschränkungen zulässig ist. Eine konventionelle Verbriefungsstruktur, bei der Forderungen als Wertpapiere "verpackt" und weiterverkauft werden, ist damit nicht möglich. Dessen ungeachtet haben islamische Banken aber auch für solche Transaktionen schariakonforme Äquivalente entwickelt. Hinzu kommt, dass ein Verleihen an Kunden mit unzureichender Bonität ("Sub-Prime Lending") auch auf Grundlage eines islamischen murabaha-Darlehens möglich ist, das insoweit eine mit einem Kredit vergleichbare Funktion erfüllt. Das Islamic Banking hätte so vielleicht gewisse Hürden aufgebaut und die intransparente Streuung der Risiken erschwert. Das eigentliche Problem aber, das der Kreditkrise zu Grunde liegt - Verleihen von Geld an Kunden unzureichender Bonität im Vertrauen auf ewig steigende Immobilienpreise - hätte auch das Islamic Banking nicht verhindert. Jedenfalls nicht die Kredite, die heute islamische Banken vergeben.

Zugleich spricht Vieles dafür, dass es nicht die Beachtung religiöser Prinzipien war, die die islamischen Banken vor der Finanzkrise bewahrt hat: Der Schwerpunkt des Islamic Banking liegt in den Arabischen Golfstaaten und Südostasien, beides Regionen, in denen die Schockwellen des globalen "Financial Tsunami" erst mit Verzögerung aufschlugen. Mit Blick auf den Niedergang des Immobilienmarktes in Dubai, der sich im Dezember 2008 ankündigte, ist es im Übrigen wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Finanzkrise auch das islamische Bankwesen erfasst. Mitte Januar 2009 schockierte der Entwickler Nakheel die Öffentlichkeit mit der Ankündigung, die Bauarbeiten am Dubai Tower, geplant als höchstes Gebäude der Welt, würden ausgesetzt. Hinzu kommt, dass, wo islamische Banken konservativ investiert haben, das allenfalls sekundär auf die Einhaltung islamischer Prinzipien zurückzuführen ist. Die Heimatfinanzmärkte dieser Institute hinken der internationalen Entwicklung hinterher und komplexe Kapitalmarktprodukte waren dort weniger verbreitet. Schließlich ist die Eigenkapitalbasis vieler islamischer Banken gut, da viele Institute aus den Golfstaaten ein staatliches Backing genießen, und die staatlichen Kassen mit gehorteten Petrodollars gut gefüllt waren.


Eine neue islamische Unternehmensethik?
Ist das Islamic Banking in seiner gegenwärtigen Form auch keine wirkliche Alternative zum konventionellen Finanzsystem, so bleibt doch eine wichtige Botschaft: Entgegen der herrschenden betriebswirtschaftlichen Lehre entscheiden nicht alle Akteure der internationalen Finanzmärkte nur anhand der wirtschaftlichen Kriterien "Rendite" und "Risiko". Vielmehr spielen auch nichtwirtschaftliche - ethische und religiöse - Überlegungen eine Rolle, und sei es ein entsprechendes "Label". Das Islamic Banking entspricht dem Trend hin zu ethischen und ökologischen Investments, der seit einigen Jahren auch in den USA und Europa zu verzeichnen ist, und wo umwelt- und sozialverträgliche Investitionen propagiert werden. Das sogenannte Social Responsible Investment übt auch auf diejenigen Vertreter der islamischen Wirtschaftslehre eine große Anziehungskraft aus, die sich für eine Reform des Islamic Banking und dessen Neuausrichtung anhand islamischer Werte aussprechen. Das Ziel dieser Richtung ist es, eine islamische Wirtschaftsethik zu formulieren, die eine Überwindung der Frömmelei erlaubt und zugleich das islamische Bankwesen einzubinden in die Suche nach einer gerechten globalen Wirtschaftsordnung. Das Islamic Banking wird damit zu einer (regionalen) Spielart einer globalen Wirtschaftsethik.

Eine ethisch-materielle Anreicherung des Islamic Banking verlangt dabei auch, den Scharia-Prozess zu überdenken. Denn wo die Gelehrten eine einzelne Transaktion zertifizieren, und dafür von der Bank, die die Transaktion entwickelt hat, bezahlt werden, fehlt der Anreiz, ein kohärentes System von Regeln zu entwickeln, das auch die Interessen anderer Stakeholder berücksichtigt.

Einen wesentlichen Impetus erhält die Materialisierung des Islamic Banking so von Standard Setting Organisations wie der in Bahrain ansässigen Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions (AAOIFI). Mitglieder von AAOIFI sind islamische Banken, Aufsichtsbehörden und Professional Services Firms. Das Ziel dieser Nichtregierungsorganisation ist es, einheitliche Standards für die islamische Bankenbranche zu entwickeln. Das schließt entsprechende Scharia-Standards ein. Die Diskussion um die Risikoverteilung bei islamischen Sukuk-Anleihen, die Anfang 2008 entbrannte, und bei der AAOIFI-Gelehrte den Banken vorwarfen, Sukuk seien nichts als verkappte verzinsliche (konventionelle) Anleihen, zeigt, dass eine institutionalisierte Fortentwicklung der Scharia eher dazu geeignet ist, den wirtschaftlichen Druck einer boomenden Branche zu schultern, als einzelne Gelehrte.

Die Entwicklung einer originären islamischen Unternehmensethik wird eine Schlüsselrolle für die Fortentwicklung des Islamic Banking haben. Nur wenn es gelingen wird, schariakonforme Transaktionen als materiell anders zu etablieren, hat das Islamic Banking eine Chance, sich als echte Alternative zum konventionellen Banking nachhaltig zu etablieren. Jetzt, wo die Finanzkrise die tradierten Gewissheiten erschüttert, sind die Voraussetzungen dafür besser denn je.


Kilian Bälz ist Jurist und Islamwissenschaftler. Er lebt derzeit in Kairo.


*


Inhaltsverzeichnis - inamo Nr. 57, Frühling 2009

Gastkommentar
- Das Ende des falschen Friedensprozesses wäre nicht das Schlechteste

Scharia
Scharia in Europa
Schariagemäße letztwillige Verfügungen in Deutschland?
Scharia Jet Set: Islamic Banking -
Aufstieg der neuen Rechtsgelehrten
Zum Verhältnis von religiösem und weltlichem Recht im heutigen Ägypten
Maqasid al-Scharia als religiöses Reformkonzept
Das afghanische Recht zwischen Staat, Scharia und Gewohnheitsrecht
Die rechtliche Kontroverse über die Organtransplantation in Ägypten
Middle East Law and Governance -
ein neues interdisziplinäres Journal

Salafismus
- Zurück zum Quellcode: Salafistische Wissenspraktiken im Internet

Gaza 2009
"Löscht alle Wilden aus!"
Hintergründe des Krieges im Gazastreifen
Heuchelei der 'zivilisierten' Welt
Zum Angriff auf die UN-Schulen in Gaza
Israel im Propagandakrieg
Schwarzer Januar
Der böse, böse Nachbar
Gaza-Krieg und die Palästinenserfrage
Gaza on my mind - Persönliche Reflexion
Völkerrecht und Israels Krieg gegen Gaza Ramattans war: The world's eyes on Gaza

Palästina: Fatah und Hamas
Hussam Khader - "Ich bemühe mich um einen echten Dialog zwischen Fatah und Hamas"

Wirtschaftskommentar
- Ibrahim Haddad - eine unternehmerische Erfolgsstory

Zeitensprung
- 1979-2009 Islamische Republik Iran: Birthday, but Happy?

Ex Libris
- Sharia en nationaal recht in zwaalf moslimlanden
 Israel im Nahen Osten, Eine Einführung

Nachrichten//Ticker//


*


Quelle:
INAMO Nr. 57, Jahrgang 15, Frühling 2009, Seite 14 - 17
Berichte & Analysen zu Politik und Gesellschaft des Nahen und
Mittleren Ostens
Herausgeber: Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten e.V.
Redaktion: INAMO, Postfach 310727, 10637 Berlin
Telefon: 030/864 218 45
E-Mail: redaktion@inamo.de
Internet: www.inamo.de

Die inamo erscheint vierteljährlich.
Das Einzelheft kostet 5,50 Euros, zum Preis von 21 Euro
inkl. Versand (innerhalb Deutschlands) kann die
inamo bei der Redaktion abonniert werden.

inamo e.V. ist auf Unterstützung angewiesen.
Spenden sind willkommen.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2009