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BERICHT/074: Masterstudiengang "Vielfalt der islamischen Welt" (Freiburger Uni-Magazin)


Freiburger Uni-Magazin - 4/Juli 2009

Vielfalt der islamischen Welt
Der neue Master im Portrait

Von Patrick Spät


Ab dem Wintersemester 2009/10 bietet das Orientalische Seminar den neuen Masterstudiengang "Vielfalt der islamischen Welt" an. Das viersemestrige Studium umfasst überraschende Themen und Schwerpunkte.


"Die Islamwissenschaft ist keine islamische Theologie. Und wir haben auch atheistische oder christliche Dozenten", sagt Dr. Abbas Poya, Wissenschaftlicher Assistent am Orientalischen Seminar und Koordinator das neuen Masters. "Vielfalt der islamischen Welt" - der Name des Studiengangs ist Programm: Die Themen reichen von der Religion über die Geschichte bis hin zur Rechtslehre des Islam. Darüber hinaus beleuchtet der Master die traditionellen und modernen Kulturräume der islamischen Welt und berücksichtigt dabei auch aktuelle Fragen der Gender Studies und der Menschenrechts-Diskurse. Ebenso vielfältig sind die geographischen Räume, denn die islamische Welt erstreckt sich von Afrika über die Arabische Halbinsel bis nach Zentralasien und Indonesien.


"Den" Islam gibt es nicht

Der Startschuss für den neu geschaffenen Masterstudiengang fällt zum Wintersemester 2009/10. "Es ist auf jeden Fall für 15 Studierende Platz", sagt Poya. Je nach Personal und Räumlichkeiten können es auch mehr sein, denn "je mehr Studierende kommen, desto besser ist das für die Islamwissenschaft." Der Master umfasst drei inhaltliche Schwerpunkte: Die Islamwissenschaft, die Iranistik und die Turkologie. Die Iranistik beschäftigt sich nicht nur mit dem heutigen Iran, sondern mit all jenen Ländern und Kulturen, die mit dem Iran die gleichen sprachlich-kulturellen Wurzeln teilen, beispielsweise Afghanistan und Tadschikistan. Gleichsam beschränkt sich die Turkologie keinesfalls auf die heutige Türkei, sondern auf den gesamten türkischsprachigen Kulturkreis des alten Osmanischen Reichs. All diese Beispiele zeigen, dass es "den" Islam nicht gibt. Deshalb betont der Name des neuen Masters bewusst die Vielfalt der islamischen Kultur. Die drei Schwerpunkte werden traditionell von der Orientalistik gepflegt. Daher liegt es Poya am Herzen, dass die freie Professur der Turkologie bald voll besetzt wird: "In Deutschland und gerade in Baden-Württemberg gibt es viele türkischstämmige Studierende. Es ist wichtig, dass sie ihre Wurzeln und ihre Sprache studieren und so besser verstehen und pflegen können." Früher waren es meist Deutsche, die zum Thema Islam forschten - heute haben viele Studierende und einige Lehrende einen islamischen Hintergrund.


"Der Master stellt grosse Anforderungen an die Studierenden"

Der Master baut auf den drei Hauptsprachen Arabisch, Persisch und Türkisch auf, die in speziellen Aufbaukursen vertieft werden können. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Sprach-Seminare zu belegen, die sich mit den Sprachen Urdu oder Swahili (früher auch Suaheli genannt) befassen. Welche Zulassungs-Voraussetzungen gibt es für den Master? Die Bewerber sollten einen guten Bachelor-Abschluss haben, der in einem themenrelevanten Studienschwerpunkt erworben wurde. Außerdem müssen sie eine der drei Hauptsprachen beherrschen und dies mit einem Sprachzeugnis nachweisen können. Denn der Master stellt "große Anforderungen an die Studierenden", betont Poya. Sie lesen viele klassische und moderne Originalquellen, angefangen von theologischen und philosophischen Schriften bis hin zu literarischen oder rechtswissenschaftlichen Arbeiten. "Das Verständnis der klassischen und traditionellen Schriften ist unabdingbar, um den modernen islamischen Kulturkreis in all seinen Facetten verstehen zu können", sagt Poya.


Chance, Vorurteile abzubauen

Die Möglichkeit einer anschließenden Promotion ist an der Universität Freiburg gegeben. Doch Islamwissenschaftler kommen nicht nur an Hochschulen unter - weitere Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es in der Entwicklungshilfe, bei Hilfsorganisationen und bei Behörden wie der UNO oder dem Auswärtigen Amt. "Es ist wichtig, dass sich Islamwissenschaftler auch in andere Bereiche wagen - durch ihre Fertigkeiten sind sie vielseitig einsetzbar", sagt der Wissenschaftliche Assistent. Er hofft, dass die bestehenden Vorurteile gegen die Islamwissenschaften weiter abgebaut werden können - dass zum Beispiel alle Islamwissenschaftler muslimischen Glaubens seien oder dass fundamentalistische Inhalte vermittelt würden. "Fächerübergreifende Veranstaltungen könnten dazu beitragen, dass die westliche und die islamische Kultur einen Dialog führen", sagt Poya. Dazu sollte man aber die Unterschiede und Gemeinsamkeiten konkret benennen können. Die Interdisziplinarität in der Lehre müsse zukünftig weiter intensiviert werden, beispielsweise durch Seminare, die gemeinsam von einem Islamwissenschaftler und einem Politologen oder Germanisten betreut würden.


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Quelle:
Freiburger Uni-Magazin Nr. 4/Juli 2009, Seite
Herausgeber: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,
der Rektor, Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer
Redaktion: Eva Opitz (verantwortlich)
Kommunikation und Presse
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2009