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INTERNATIONAL/037: Uganda - Homosexuelle massiv diskriminiert, Aktivist erhält US-Menschenrechtspreis (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. November 2011

Uganda: Homosexuelle massiv diskriminiert - Aktivist erhält US-Menschenrechtspreis

von Amanda Wilson


Washington, 11. November (IPS) - Frank Mugisha war noch ein Teenager, als er sich in Uganda als Schwuler outete. Er wurde daraufhin schikaniert und bedroht. Anderen Homosexuellen, Lesben und Transsexuellen erging es noch schlechter. Sie wurden von ihren Familien verstoßen, von den Behörden festgenommen und von Heterosexuellen drangsaliert.

Vor vier Jahren starteten Mugisha und andere Mitglieder der ugandischen Schwulen-Gemeinde eine in dem ostafrikanischen Land bis dahin beispiellose Medienkampagne unter dem Motto 'Lasst uns in Frieden leben'. In Interviews mit der Presse schilderten die Aktivisten ihre persönlichen Erfahrungen. Die Kampagne machte die Öffentlichkeit auf die Lebensbedingungen sexueller Minderheiten aufmerksam.

Am 10. November erhielt Mugisha nun in Washington den 'Robert F. Kennedy (RFK) Human Rights Award'. Mit dem Preis werden Einzelpersonen gewürdigt, "die unter persönlichem Einsatz gegen Unterdrückung Front machen und sich auf friedlichem Wege für die Menschenrechte einsetzen", wie das Robert F. Kennedy Zentrum für Gerechtigkeit und Menschenrechte mitteilte.

Das RFK-Zentrum wird die kommenden sechs Jahre die Arbeit Mugishas und seiner Organisation 'Sexual Minorities Uganda' (SMUG) unterstützen. Die Nichtregierungsorganisation arbeitet in Uganda mit 40 Partnern aus der Zivilgesellschaft zusammen. Mugisha und Mitglieder des RFK-Zentrums werden in diesen Tagen Vertreter bekannter Menschenrechtsgruppen und Abgeordnete des US-Kongresses treffen, um auf die schwierige Lage Homosexueller in Uganda aufmerksam zu machen.

Seine Kampagne 2007 habe den Mythos entkräftet, wonach es in dem Land überhaupt keine Schwulen und Lesben gebe, sagte Mugisha. "Jetzt ist zumindest bestätigt, dass wir existieren." SMUG beschränkt sich aber nicht darauf, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die Organisation macht sich auch für die Rechte sexueller Minderheiten stark, deren Angehörige etwa im Bildungs- und Gesundheitsbereich diskriminiert werden. Zudem unterstützt sie diejenigen, die festgenommen wurden und einen Rechtsbeistand benötigen, und informiert über die Risiken von AIDS.


Sexuelle Minderheiten kriminalisiert

Das Parlament in Kampala berät zurzeit allerdings über ein Anti-Schwulengesetz, dass die von SMUG vorangetriebenen Initiativen als illegale 'Werbung für Homosexualität' einstufen würde. Nach ugandischem Recht sind homosexuelle Handlungen strafbar. Damit steht das Land in einer Reihe mit etwa 70 Staaten, in denen einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern strafbar sind. Nach dem nun geplanten Gesetz würde Homosexuellen im Extremfall sogar die Todesstrafe drohen.

Nach Erkenntnissen des RFK-Zentrums unterstützen etwa 80 Prozent der Ugander das Gesetzesvorhaben. Weltweit haben jedoch Menschenrechtsorganisationen und Regierungen die Pläne verurteilt. Sie befürchten, dass Homosexuelle in Uganda künftig noch mehr Gewalt als bisher ausgesetzt sein könnten.

Im Januar dieses Jahres wurde der Schwulen-Aktivist David Kato ermordet. Sein Leben wurde bedroht, nachdem eine ugandische Zeitung 2010 seinen Namen mit einem Foto veröffentlicht hatte.

Medienberichten zufolge wurde der umstrittene Gesetzentwurf dem Parlament zu einem Zeitpunkt im Jahr 2009 vorgelegt, zu dem sich US-amerikanische Religionsführer in Uganda aufhielten. "Sie verwendeten Worte, die wir nicht verstanden", erklärte Mugisha. Unter anderem sei den Schwulen-Aktivisten vorgeworfen worden, Homosexuelle 'zu rekrutieren'. "Dabei sind wir nur homosexuelle Menschen, die akzeptiert werden und in Frieden leben wollen."

Auf einer Konferenz in Washington über Sexualität und Intoleranz in Afrika zweifelte Makau Mutua von der 'Buffalo Law School' kürzlich die Annahme an, dass Ressentiments gegen Homosexuelle tief in den afrikanischen Kulturen verwurzelt seien. "Als ich aufwuchs, gab es kein Wort für 'Homosexualität'", erklärte er. "Feindseligkeiten gegen sexuelle Minderheiten sind kein fester Bestandteil der Gesellschaften Afrikas."


Diskriminierung als Ablenkungstaktik

Die Wissenschaftlerin Sylvia Tamale aus Kampala wirft Politikern und religiösen Führern in dem Land vor, das Gesetz gegen Schwule und Lesben aus eigenem Interesse voranzutreiben. Es hänge nun "wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der homosexuellen Bürger und Aktivisten in Uganda".

In Wirklichkeit diene das Vorhaben dazu, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von anderen Problemen wie der rapide ansteigenden Arbeitslosigkeit, der Inflation und dem schlechten Zustand der Gesundheitseinrichtungen abzulenken, kritisierte Tamale. Internationale Sanktionen gegen Staaten mit schwulenfeindlicher Gesetzgebung - wie von dem britischen Premierminister David Cameron im Oktober vorgeschlagen worden war - lehnt sie jedoch ab. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.smug.4t.com/
http://www.rfkcenter.org/
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2011