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SCHACH-SPHINX/02989: Skurriler Gerechtigkeitssinn (SB)


Im modernen Profil des Amateurspielertum sind zwei entgegengesetzte Charaktere zu finden. Da gibt es den einen, der verbissen um jede letzte Chance kämpft, auch wenn diese eher als Spiegelung seiner Hartnäckigkeit aufs Brett projiziert wird. In aussichtsloser Situation wollen ihm die Worte 'Ich gebe auf' nicht über die Lippen kommen. Er ist der Typ von Mensch mit einem skurrilen Gerechtigkeitsempfinden - er kann sich nicht auf der Verliererseite sehen. Er ist ein Boykotteur jeder Einsicht und weigert sich, mit den Tatsachen zu leben. Der andere Typus ist nicht minder tragisch. Verliert er einen Bauern, so verliert er auch allen Mut. Auch er besitzt einen ausgesprochenen Hang zur Gerechtigkeitsliebe - er will sich immer nur auf der Gewinnerseite sehen. So schiebt er die Erkenntnis seiner Niederlage weit von sich, gibt früh auf und hat als Entschuldigung stets die Ausrede parat, nur auf Grund eines Versehens verloren zu haben, aber eben nicht wirklich. Der eine strapaziert die Zuschauer mit belanglosen Mammutpartien, der andere liebt es kurz, und man grübelt hinterher lange über seine Kapitulation nach, als müßte irgendwo in der Aufgabestellung eine Riesenkombination versteckt sein. Im heutigen Rätsel der Sphinx wurde der Mittelweg gegangen. Schwarz mußte die Segel streichen, weil seine Stellung in wenigen Zügen tatsächlich auf Verlust stand, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02989: Skurriler Gerechtigkeitssinn (SB)

Ermeni - Balduan
Biel 1999

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Ansporn war nicht nötig, die beiden riskierten viel und die Zuschauer kamen voll auf ihre Kosten: 1.Te1xe6! Lc8xe6 - oder 1...Dc3xc4 2.Te6xh6 g7xh6 3.Dh5-g6+ - 2.Lc4xe6+ Kg8-h8 3.Dh5-g6 und Schwarz gab auf. Das Matt war nicht zu verhindern: 3...h6xg5 4.Dg6-h5# Ein bekanntes Motiv, aber immer wieder schön anzusehen.


Erstveröffentlichung am 19. August 1999

08. Juni 2010