SCHACH-SPHINX/03022: Philosoph mit Kriegsanleihen (SB)

Sonderbar, daß ausgerechnet Emanuel Lasker, der mit einem hohen Gefühl für Verantwortlichkeit etliche philosophische Abhandlungen geschrieben hatte und sich auch ansonsten stark für den Frieden und das harmonische Miteinander der Menschen einsetzte, daß ebendieser Schachspieler, der über 27 Jahre Weltmeister war, während des 1. Weltkrieges nichts Besseres zu tun hatte, als seine gesamten Ersparnisse in Kriegsanleihen zu investieren. Sein ethisches Gewissen schien ihn weniger belastet zu haben als der Umstand, daß er schließlich sein gesamtes Geld verlor und lange Zeit unter dürftigsten Bedingungen sein Dasein fristen mußte. Lasker als Kriegsgewinnler - das paßt natürlich nicht ins blütenreine Portrait von einem Weltmeister, der noch bis heute als Inbegriff eines höherwertigen Menschen in Schachkreisen gefeiert wird. Aber vielleicht hatte ihn sein so geschätzter "gesunder Menschenverstand" an all die Annehmlichkeiten und die viele Zeit für sein Schachstudium denken lassen, sofern sich die Anleihen als Riesenkapital ausgezahlt hätten. Daß Geld nicht stinkt, davon war Lasker zweifelsohne lebenslang überzeugt, denn er starb in bitterster Armut. Im heutigen Rätsel der Sphinx aus dem Londoner Simultanmatch von 1903 machte Lasker ebenfalls einen folgenschwere Fehler, als er statt 1.Kg3-f2 den zur Niederlage führenden Zug 1.Kg3-g4?? machte. Und plötzlich konnte der Amateur Loman den Weltmeister zu Fall bringen, Wanderer.

Em. Lasker - Loman
London 1903

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
1...Tc6-f6 war insofern ein läßlicher Fehler, als da die Widerlegung in der Tat schwer zu finden war: 2.Df4xf6!! g7xf6 3.Td1xd7 Kg8-g7 4.Lc4xf7 Tf8xf7 5.Te7xf7+ Kg7-g6 6.Tf7xh7 Dc8-c6 - die beiden Türme erweisen sich der Dame überlegen - 7.h2-h4 Dc6-e4 8.h4-h5+ Kg6-f5 9.Th7-e7 De4xc2 10.Td7-d5+ Kf5-f4 11.h5-h6 und Schwarz gab auf, der Bauer war nicht mehr aufzuhalten.

Erstveröffentlichung am 30. August 1999

19. Juni 2010