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SCHACH-SPHINX/04634: Götter-Urgewalt (SB)


Irgendwann in der Geschichte der Schachkunst hat sich die verhängnisvolle Annahme eingeschlichen, beim Hin- und Herschieben der Figuren würde ein Mensch maßgeblich seinen Kopf gebrauchen, wo doch bereits der Augenschein beweist, daß er dazu nichts dringender benötigt als seine Hände. Ein Handwerk indes hatte nur bis zum Spätmittelalter Wert. Danach verlor es an Prestige. Die Vor- und Nachdenker eroberten das Terrain und plötzlich war alles, was in der obersten Schublade, sprich: im verteufelten Gehirn, ausgeheckt wurde, Ausdruck überlegener Lebensart. Kurzum: Der Intellektuelle betrat die Arena vorindustrieller Machtansprüche. Doch zurück zum Schach, wo bedauerlicherweise die Hinwendung vom Handwerker zum Kopfmenschen einen enormen Bedeutungszuwachs erhielt. Wird im Schach ein Stellungsvorteil mit penibelster Genauigkeit verwertet, so spricht man im Tonfall der Beiläufigkeit von Technik und meint damit, daß selbst ein Simpel bei einiger Übung dazu imstande gewesen wäre. Hingegen, wenn Donnerwolken und Kombinationen über das Brett fegen, wenn Blitze von Zeusscher Urgewalt die Stellungen erschüttern, wird, und sollte dadurch nur ein einzelner Bauer gewonnen werden, von denkerischer Hochleistung, gar von Genialität gesprochen. Da machten es sich die Meister des 19. Jahrhunderts leichter. Sie brauchten sich bei den Kunstwerken, die sie mit Auge und Hand schufen, nur inspirieren zu lassen. Also, Wanderer, Hand an die Partie gelegt! Wie gewann Meister Oskam mit den weißen Steinen?



SCHACH-SPHINX/04634: Götter-Urgewalt (SB)

Oskam - N.N.
Rotterdam 1927

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Zum Sieg der schwarzen Kräfte mußte zunächst die weiße Dame von der zweiten Reihe weggelenkt werden, und zwar mit 1...Tf4xf3! Nun verbot sich 2.Kg2xf3 wegen 2...Dh6-f4+ 3.Kf3-g2 Df4-g3+ nebst 4...Th7-f7+, daher Weiß 2.De2xf3 spielen mußte, und das Unheil nahm seinen Lauf: 2...Dh6-d2+ 3.Kg2-g1 Lh4-f2+ 4.Kg1-f1 - 4.Df3xf2 Th7xh1+ - 4...Sc6-d4! 5.Lb2xd4 Dd2xc1+ 6.Kf1-e2 Th7xh1 7.Ld4xf2 Dc1xb1 und Meister Tschigorin gewann nach einigen belanglosen Zügen.


Erstveröffentlichung am 26. Januar 2001

24. Januar 2013





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