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SCHACH-SPHINX/04656: Weltmännisch im Angesicht des Krieges (SB)


Das erste internationale Turnier auf deutschem Boden stand unter einem dunklen Stern. Nicht weil der Turnierausschuß nicht gewissenhaft zu Werke gegangen wäre. Prinz Stourdza, der das Präsidentenamt innehielt, und sein Vize, der russische Dichter und Schriftsteller Iwan Turgenieff, hatten alles zur vollsten Zufriedenheit ausgerichtet. Doch schon in die erste Runde brach in Baden-Baden, man schrieb nämlich das Jahr 1870, die Schreckensnachricht vom Beginn des preußisch- französischen Krieges herein. Flucht war der erste Gedanke bei den meisten Teilnehmern. Nur Adolf Anderssen blieb gelassen. Sein Vertrauen in die Stoßkraft der deutschen Soldateska schien unerschütterlich. Doch der Anschein trügte. In den folgenden Tagen hatte er während der Partien stets seine Reisetasche bei sich, darin die wichtigsten Sachen verpackt waren. Beim ersten Anzeichen einer militärischen Niederlage wäre er Hals über Kopf getürmt. Doch die Nachrichten von der Front beruhigten ihn. Das Turnier wurde ohne größere Komplikationen zu Ende geführt. Während anderswo Schlacht auf Schlacht tobte, verhielt man sich in Baden-Baden weltmännisch. Man sah den Dingen ruhig ins Antlitz. Daß nicht allzu weit entfernt statt des Schachmatts auf dem Brett der leibhaftige Tod umherging, störte die Schachdenker offenbar herzlich wenig. Doch wird wohl keine Zeit ohne zivilisatorisches Blutvergießen auskommen, und so mußte auch im heutigen Rätsel der Sphinx die weiße Majestät ihr Leben lassen für den Fortbestand der menschlichen Zwistigkeiten. Also, Wanderer, sechs Züge noch bis zur Kapitulation!



SCHACH-SPHINX/04656: Weltmännisch im Angesicht des Krieges (SB)

Somers - Spassky
Antwerpen 1955

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Nach 1.Tf1-f6! und der unwiderstehlichen Drohung 2.h5-h6!, die zum Damenverlust oder Matt geführt hätte, gab Meister Szilagyi umgehend auf.


Erstveröffentlichung am 03. Februar 2001

15. Februar 2013





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