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SCHACH-SPHINX/04997: Neues Denken praktizieren (SB)


Vieles ist im alten Schach- und Sowjetstaat in Bewegung geraten. Über Nacht behaupten die einen, durch eine weltpolitische Verschwörung die anderen. Auf welchen Kurs das einstige Zarenreich zusteuert? Kaum ein Experte wagt eine Spekulation darüber. Daß die Menschen in diesen unwägbaren Zuständen an den Rand der Verzweiflung gedrängt werden, Hunger und Not leiden, wie kaum zuvor gekannt, ist und bleibt nackte Wirklichkeit. In Erinnerung gerufen werden soll an dieser Stelle, daß Ende 1992 kurz vor dem Aljechin-Memorial in Moskau zur Feier des 100. Geburtstages des Ex-Weltmeisters der in existentielle Not geratene Internationale Meister Georgij Iliwitzki den Freitod wählte. Sprachloses Entsetzen und Unbehagen breiteten sich seinerzeit in der Moskauer Schachszene aus. Doch knapp zwei Jahre später war davon nichts mehr zu spüren, so reibungslos ging das Rad der Zeit darüber hinweg, als die Profi-Organisation PCA in einer Konferenzhalle des geheiligten Kreml ihr Grand-Prix-Turnier austrug. Entbehrungen auf der einen Seite des Lebens, Spendierhosen auf der anderen. Schließlich mußte ein Säckel von 160.000 Dollar, gestiftet vom PCA-Sponsor Intel, unter die Schachmatadore verteilt werden, und ganz Moskau nahm Anteil daran in Presse und Funk. Pietätlos? Wer will darüber schon ein moralisches Urteil fällen, mit welchem Recht? An den Türen der Armut rüttelt der Hunger schließlich auf der ganzen Welt. In einer Zeit raschesten Verfalls einstiger Werte und Besinnungen muß neues Denken praktiziert werden. Das wissen auch die Schachmeister, wie zum Beispiel der Ukrainier Wassili Iwantschuk und der Engländer Nigel Short, die im heutigen Rätsel der Sphinx aufeinanderstießen. Iwantschuk mit den schwarzen Steinen schien dieses neue Denken rascher gelernt zu haben als sein englische Kontrahent, denn die Gefahr für seine Dame ignorierend gelang dem Ukrainer ein glänzender Sieg. Kommst du hinter den Dreh der neuen Zeit, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/04997: Neues Denken praktizieren (SB)

Short - Iwantschuk
Moskau 1994

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Seltsam, aber wahr, vier Züge lang hatte keiner der beiden Kontrahenten die simple Mattführung gesehen, ehe Vlastimil Hort etwas verspätet zugriff und nach 1.Tb4-g4+! f5xg4 2.Df6-g5+! Kg8-h8 3.Dg5-h6 die Aufgabe erzwang, denn das drohende Matt sowohl auf f8 als auch auf h7 war nicht zu verhindern.


Erstveröffentlichung am 26. Mai 2001

22. Januar 2014





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