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SCHACH-SPHINX/05372: Treppenwitz der Philosophie (SB)


Hat das Schach eine metapyhsische Seite? Eine heikle Frage, die man glattweg verneinen kann, und doch gibt es einen Bereich grenzphänomenaler Art, der zumindest weiterführende Fragen denkbar macht. Das Metaphysische - meta ta physika - war ja ohnehin nur ein Treppenwitz der Philosophie. Bedingt durch die Anordnung der aristotelischen Schriften gab man all jenen Büchern, die nach den Abhandlungen über die Physis ins Regal gestellt wurden, willkürlich die Bezeichnung 'nach der Physik', also Metaphysik. Darunter fielen die Schriften über die grundlegenden Prinzipien des Seienden sowie die 'prima philosophia'. Im landläufigen Sinne verstand man später unter Metaphysik die Forschungsrichtung, die sich mit dem Überweltlichen, Übersinnlichen oder auch Irrationalen beschäftigte. Daß hier ein Diffamierungscharakter hinsichtlich der Wissenschaftslehren vorliegt, wird rasch deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Trennlinie in der Wissenschaftsgeschichte überhaupt nur als Folge des konkurrenzinnovativen Vorteilsstrebens einzelner Denktraditionen gegen andere auf den frühen Bildungsstätten und Universitäten gezogen wurde. Nie ging es hierbei um eine inhaltliche Klärung. So besitzt das Schach sicherlich keinen irrationalen Pferdefuß, wenngleich jeder Schachspieler irgendwann in Bereiche vorstößt, die sich mit den herkömmlichen wissenschaftlichen Kategorien nicht erklären lassen. Deswegen muß man nicht gleich auf den Spiritismus ausweichen, nur erkennen, daß das Wissen über die sogenannten Denkprozesse mitunter selbst recht abergläubisch und metaphysisch daherkommt. Recht gediegen ging es dagegen im heutigen Rätsel der Sphinx zwischen Wagman und Joppen zu. Der schwarze König hatte sich in die äußerste Mauernische seiner Burg verkrochen, konnte jedoch nicht verhindern, daß er die Beute einer Mattkombination wurde. Du siehst, Wanderer, ob nun meta, para, ortho oder sphinxisch gut, Hauptsache es wirkt!



SCHACH-SPHINX/05372: Treppenwitz der Philosophie (SB)

Wagman - Joppen
Biel 1977

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
In der Endspiellehre steht geschrieben, daß man mit ungleichfarbigen Läufern auf beiden Seiten nicht gewinnen kann. Die wenigen Ausnahmen einmal dahingestellt, ist auf diese Regel Verlaß, und da Meister Bronstein dies nicht vergessen hatte, spielte er nach 1.Lf4xb8? natürlich nicht 1...Kc8xb8?, was sicherlich verloren hätte, sondern sich ins Remis rettend 1...c6-c5+!! Nach 2...Ld7xa4 entstand auf dem Brett ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern, wo der weiße Bauernvorteil völlig unerheblich war. Die Kontrahenten einigten sich ein paar Züge später aufs Remis.


Erstveröffentlichung am 25. Februar 2002

01. Februar 2015


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