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SCHACH-SPHINX/05381: Aus Handschriften der alten Zeit (SB)


Man wundere sich nicht, wenn man mittelalterliche Abschriften in die Hände bekommt, die über die allgemeine Schachstrategie jener Jahre in holprigen Worte berichten. Der damalige Stand an strategischen Prinzipien war äußerst dürftig und beschränkte sich im wesentlichen auf eine laienhafte Darstellung bestimmter Bauernzugfolgen. Der hohe kombinatorische Einfall war ein Kind der Renaissance. Trotzdem kann es recht aufschlußreich sein, sich diese alten Prinzipien einmal vor Augen zu führen, gestatten sie doch einen Blick in die Kinderstube des Königlichen Spiels. So findet man in der Rumpelkammer der Geschichte ein altes, vergilbtes Dokument, darin offenbar ein Geistlicher seine Gedanken zum Schachspiel formulierte: "Nachdem das Schachbrett beiderseits mit den Stücken ausgerüstet ist, zeigt das verschiedene Vorgehen im Spiele, auch in welcher Weise eine Schlachtordnung vorrückt. Zuweilen werden nämlich die Stücke auf beiden Seiten des Brettes vorgezogen, und es bildet sich beim Vorgehen gleichsam die Gestalt einer Schere. Zuweilen wird der mittelste Bauer vorgezogen und die anderen auf seinen Seiten folgen nach, und es entsteht eine pyramidale Figur. Mitunter werden die Bauern um den König geordnet, und es ergibt sich gleichsam eine Kreisfigur. Wenn hierbei gegen Wenige zu kämpfen ist, so hat man, um diese zu fangen, scherenförmig vorzugehen, wenn gegen Viele, pyramidenartig, denn eine solche Schlachtreihe kann nicht leicht gebrochen werden, und diese beiden Arten sind von größerer Wirkung gegen die Feinde. Die kreisförmige ist hingegen nützlicher zur Verteidigung. Die vierseitige jedoch, die so auch im Spiele vorkommt, ist von mäßigem Nutzen." Viel hat sich seitdem verändert, und das 'Fangen' wich der Kombination, wie zum Beispiel in der Partie zwischen den Meistern Napier und Mortimor, wobei Ersterer als Weißer mit der 'Schlachtordnung' einen galanten Figurenüberfall vorbereitet hatte. Im heutigen Rätsel der Sphinx stehen die Zeichen auf Sturm, Wanderer!



SCHACH-SPHINX/05381: Aus Handschriften der alten Zeit (SB)

Napier - Mortimer
Monte Carlo 1902

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Das Bedauern über den plumpen Bauernzug 1.b2-b4? kam viel zu spät, denn Meister Rebmann setzte darauf eine wilde Kombination in Gang, beginnend mit 1...Sc6xb4! 2.c3xb4 Le7xb4+ 3.Sf3-d2 Sf6-e4 4.Sa4-b2 0-0 5.Sb2-d3 Tf8-e8 6.Sd3xb4 Se4-c3! 7.Dd1-b3 Te8xe2+ 8.Ke1-f1 Te2xd2! 9.Lc1xd2 Da5-b5+ und endend in einem erstickten Matt: 10.Kf1-g1 Sc3- e2+ 11.Kg1-f1 Se2-g3++ 12.Kf1-g1 Db5-f1+! 13.Ta1xf1 Sg3-e2#


Erstveröffentlichung am 06. März 2002

10. Februar 2015


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